Politik

„Wir sind nicht die Corona-Polizei, die Rollos hochschiebt und in die Wohnzimmer späht!“, erklärt man bei der Polizei. (Foto: dpa/Hildenbrand)

17.12.2021

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Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte: wie sie Ordnungsämter und Polizei kontrollieren

Kontaktbeschränkungen, 3G, 2G, 2G plus: Die Kontrolle der geltenden Corona-Regeln verlangt Kreisverwaltungsbehörden und Polizei wieder einiges ab. Vieles lässt sich relativ leicht prüfen und ahnden: Maske, Abstand, Impfzertifikat und Ausweis vor Geschäften, in Restaurants und Zügen zum Beispiel. Großen Teilen der Bevölkerung scheint es auch ganz recht zu sein, dass mit den Corona-Regeln nicht allzu lax umgegangen wird. Schließlich wird Einkaufen und Zugfahren so ein kleines Stück sicherer. Die Polizei verspüre jedenfalls bei ihren Kontrollen „wenig Gegenwind“, wie Michael Konrad vom Polizeipräsidium Mittelfranken berichtet.

Komplizierter ist die Sache jedoch bei einer Corona-Regel, die im Polizeialltag eine eher geringe Rolle spielt: nämlich bei den Kontaktbeschränkungen für Menschen, die weder geimpft noch genesen sind. Schon die Regel selbst erschließt sich erst nach einem kurzen Nachdenken: Maximal zwei Haushalte dürfen sich treffen, wobei der Haushalt des Ungeimpften aus höchstens fünf, der andere aus höchstens zwei Menschen bestehen darf. Unmöglich ist es für Ordnungsamt und Polizei, die Einhaltung dieser Vorgabe flächendeckend zu kontrollieren.

„Die Wohnung ist unverletzlich“, heißt es bekanntlich in Artikel 13 des Grundgesetzes. Zur Bekämpfung von Seuchengefahr sind polizeiliche Eingriffe zwar explizit möglich. Aber es gilt: Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben. Und verhältnismäßig wäre es nun mal nicht, auf gut Glück nachzuprüfen, in welchen riskanten Konstellationen die Bürger*innen in der Vorweihnachtszeit zusammensitzen.

„Wir sind nicht die Corona-Polizei, die Rollos hochschiebt und in die Wohnzimmer späht!“, sagt Konrad vom Polizeipräsidium Mittelfranken. Keiner wolle schließlich, dass der Staat seine Augen und Ohren überall hat. Darum seien Augenmaß, Fingerspitzengefühl und gesunder Menschenverstand im Umgang mit Verstößen gegen Kontaktbeschränkungen gefragt.

Einfach so geht die Polizei nicht in die Wohnung, bei einem Hinweis aber schon

Auch Christian Obermeier vom Polizeipräsidium Niederbayern erklärt, es gelte „die Vorschriften mit der nötigen Konsequenz und zugleich dem nötigen Fingerspitzengefühl“ durchzusetzen. Ziel der Polizei sei es, „neben der Überwachung der Bestimmungen durch ein bürgernahes und freundliches Auftreten eine Zustimmung in der Bevölkerung für die Kontrollen und die geltenden Vorschriften zu schaffen“.

Klar ist bei aller Harmonie und Freundlichkeit allerdings auch: Regeln entfalten nur dann Wirkung, wenn sie kontrolliert und sanktioniert werden. Die Kontaktbeschränkung Ungeimpfter darum gleich ganz über Bord zu kippen, wäre trotzdem falsch. Denn auch in anderen Bereichen werden Regeln ja nicht ständig überprüft. Beispiele aus dem Straßenverkehr gibt es zur Genüge: Geblitzt wird nicht jede Geschwindigkeitsüberschreitung, rausgewunken nicht jeder, der ein Glas zu viel getrunken hat.
Auch in der Münchner U-Bahn genügt die Gefahr, am Ausgang kontrolliert zu werden, meistens aus, um die Fahrgäste zum Kauf eines Fahrscheins zu bewegen. Die Möglichkeit, erwischt zu werden, sorgt bereits für eine gewisse Regeltreue. Logisch, dass das nicht lückenlos funktioniert.

Hinzu kommt: Trotz aller Schwierigkeiten gelingt es der Polizei in Bayern durchaus immer wieder, Grüppchen ausfindig zu machen, die die Regeln missachten. Seit 4. Dezember hat sie 555 Verstöße gegen die geltenden Kontaktbeschränkungen festgestellt, heißt es auf Nachfrage aus dem bayerischen Innenministerium.

Insgesamt 31 Verstöße verzeichnete etwa die Polizei Niederbayern in den vergangenen Wochen. Kürzlich beendete sie zum Beispiel eine Feier mit 20 Gästen in Moos, fünf davon aus verschiedenen Haushalten, die weder geimpft noch genesen waren. Auch die Polizei Waldmünchen löste vor zwei Wochen eine Party auf. Fünf der acht Feiernden waren ungeimpft oder verweigerten eine Angabe. Die Konsequenz: Bußgeldanzeigen.

Meistens folgen die Beamten bei der Kontrolle Ungeimpfter einem Hinweis aus der Bevölkerung. „Anlassbezogen“ nennt Florian Leitner von der Bayerischen Polizeigewerkschaft eine solche Kontrolle. Und nein: Man müsse nicht gleich die moralische Keule „Denunziation“ schwingen, wenn besorgte Nachbarn während einer Pandemie Ungeimpfte melden, die Partys feiern. Denn letztlich diene ein solcher Hinweis aus der Bevölkerung dem Schutz aller. Auch Konrad vom Polizeipräsidium Mittelfranken erklärt, er habe in der Rückschau auf die vergangenen zwei Jahre Pandemie bei den Hinweisgebern nicht „Blockwartmentalität“ beobachtet, sondern ernste Besorgnis. Auch ein Sprecher aus dem Innenministerium erklärt: „Es geht hier nicht um Denunziantentum aus niederen Beweggründen. Es geht darum, die Corona-Pandemie schnellstmöglich einzudämmen.“ Die Bayerische Polizei überprüfe darum jeden Hinweis auf einen Verstoß.

Unterdessen dürften die Debatten in vielen Freundeskreisen und Familien längst begonnen haben. Was tun, wenn Opa und Enkel ungeimpft sind? Wer darf wo feiern und mit wem? In einer Umfrage hat rund die Hälfte der Befragten die grundsätzliche Bereitschaft verkündet, an Weihnachten gegen geltende Corona-Regeln zu verstoßen.
(Monika Goetsch)

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