Europas Autoindustrie steckt in der Krise – und damit auch die deutschen sowie bayerischen Hersteller. Von außen drücken die chinesische Konkurrenz mit ihren günstigeren Fahrzeugen und der US-Autobauer Tesla mit seinen reichweiten-starken Autos in den europäischen Markt. Von innen wird der europäische Automobilmarkt von EU-Flottenvorgaben zum CO2-Ausstoß bedroht. Nach derzeitiger Gesetzeslage drohen den Autoherstellern Geldbußen, wenn sie den seit Anfang des Jahres angepassten Grenzwert von 93,6 Gramm pro Kilometer und Fahrzeug nicht einhalten. Bisher waren es 115,1 Gramm; bis 2030 soll der Wert auf 49,5 Gramm sinken. Der europäische Automobilverband ACEA befürchtet, dass der Branche Strafen von bis zu 15 Milliarden Euro drohen, wenn es ihnen nicht gelingt, mehr E-Autos zu verkaufen.
Als wäre das noch nicht genug, droht US-Präsident Donald Trump mit hohen Importzöllen auf Waren aus Europa. Das betrifft auch die Einfuhr europäischer Fahrzeuge.
Weil die Lage dramatisch ist, will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) Anfang März einen Aktionsplan zur Unterstützung der Autoindustrie vorlegen. Ob dann das für 2035 beschlossene Verbrenner-Aus fällt, steht in den Sternen. Eine Technologieoffenheit bei Pkw-Antrieben hat jedenfalls die konservative EVP-Fraktion im EU-Parlament bereits beschlossen. „Jetzt muss die Kommission liefern“, sagt EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) der Staatszeitung. Technologieoffenheit wäre zu begrüßen, da die Hersteller dann auch mit E-Fuels oder Wasserstoff die Flottenziele erreichen könnten. Momentan fokussiert sich alles auf das E-Auto.
Boom abrupt gestoppt
Dessen Boom wurde in Deutschland 2024 abrupt gestoppt, als der Bund die Förderung einstellte. Lediglich rund 380.600 Elektro-Pkw wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 2024 neu zugelassen – über ein Viertel weniger als 2023. Damit rückt das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 rund 15 Millionen Batterieautos auf deutschen Straßen zu haben, in weite Ferne. Laut KBA lag der Bestand Anfang 2024 lediglich bei 1,4 Millionen Elektrofahrzeugen.
Im E-Autoparadies Norwegen hat man vor Jahren einen anderen Weg eingeschlagen: Klare Förderrichtlinien, die nicht der öffentlichen Kassenlage angepasst werden, sorgen dafür, dass die E-Auto-Quote in dem skandinavischen Land inzwischen 89 Prozent erreicht hat. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Strom in Norwegen wegen der schier endlos verfügbaren Wasserkraft extrem günstig ist und sich der norwegische Staat am Verkauf von Erdöl jedes Jahr eine goldene Nase verdient. Da kann man bei gut 5,5 Millionen Einwohnern leicht die E-Mobilität fördern. Wenn Europa nicht bald geschlossen handelt, stehen rund 13 Millionen Jobs im Feuer. So viele Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt an der Automobilproduktion. Allein in Bayern sind es rund 450 000 Stellen.
In einer Aktuellen Stunde des Landtags bekannten sich jetzt alle Fraktionen zum „Autoland Bayern“.
CSU, FW und AfD einig
Die Autobranche im Freistaat sorgt mit ihrem Jahresumsatz von über 140 Milliarden Euro für Wohlstand, Jobs und Steuereinnahmen. So sollen die Unternehmenssteuern von aktuell 30 Prozent auf 25 Prozent, die Stromsteuern und die Stromnetzentgelte gesenkt werden.
Auch die Bürokratie müsse abgebaut werden, insbesondere die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Lieferkettensorgfaltspflicht und die EU-Taxonomie zum nachhaltigen Wirtschaften. „All dieser Käse schadet dem Wirtschaftsstandort Bayern, weil sich Europa ins Knie schießt“, rügte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).
Die Freien Wähler, die CSU und die AfD fordern eine Rücknahme des Verbrennerverbots. Der AfD-Abgeordnete Oskar Lipp erinnerte im Landtag daran, wer dieses auf deutscher Seite mit auf den Weg brachte: „Es war die Union mit Ursula von der Leyen. Auch Markus Söder hat bereits 2007 ein Verbrennerverbot gefordert und dieses 2020 erneuert.“
Aiwanger fordert Technologieoffenheit
Aiwanger plädierte vehement für Technologieoffenheit. Er bat seine CSU-Kollegen, auf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einzuwirken, das Verbrennerverbot zu kippen. „Denn mir ist es lieber, der Kunde kauft einen 5-Liter-Verbrenner, als dass er abwartet, gar nichts kauft und mit dem 10-Liter-Altdiesel weiterfährt, bis er auseinanderbricht“, so der Wirtschaftsminister.
Entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität ist auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Derzeit gibt es in Bayern 30.000 öffentliche Ladepunkte. Bayern hält damit die Spitzenposition in Deutschland. Bis 2030 sollen es rund 100.000 werden.
Allerdings: E-Autos muss man sich leisten können. Aber deutsche Hersteller haben bisher nichts für kleine Geldbeutel übrig. Also wird der französische Renault-Konzern mit seiner rumänischen Billigmarke Dacia profitieren. Dort gibt es sowohl den günstigsten Verbrenner (ab 12.400 Euro) als auch den günstigsten Stromer (ab 16.900 Euro). Immerhin hat VW nach langer Kritik an seiner Modellpolitik diese Woche angekündigt, bis 2027 einen echten E-Volkswagen herauszubringen – für 20.000 Euro.
(Ralph Schweinfurth)
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