Politik

Der Run auf Novavax blieb aus. (Foto: dpa/Helmut Fricke)

11.03.2022

Impfmüdigkeit macht sich breit

Vom lange erwarteten Vakzin Novavax sind sehr wenige Menschen überzeugt – ob der neue Hoffnungsträger Valneva besser angenommen wird, muss sich zeigen

Wir hatten uns mehr erhofft“, sagt Markus Hack, Sprecher der Nürnberger Impfkoordination. Vergangenen Freitag hat man in Nürnberg begonnen, Novavax an priorisierte Gruppen zu verimpfen, seit Montag darf sich hier jeder für den Proteinimpfstoff anmelden. Das Ergebnis ist mau: 119 Impfungen an drei Tagen.

Nürnberg ist nicht allein. Auch der Landkreis Deggendorf meldet, der neue Impfstoff werde sehr wenig nachgefragt. In Bayern haben sich seit Mittwoch vergangener Woche lediglich 2300 Menschen für eine Impfung mit Novavax entschieden. Weil die Nachfrage so gering war, hat Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) den Impfstoff jetzt für alle Erwachsenen freigegeben. Bisher war er Personen vorbehalten, die ab dem 15. März der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterliegen.

Holetschek hofft, mit dem Impfstoff klassischerer Bauweise Menschen überzeugen zu können, die gegenüber den bisherigen Impfstoffen skeptisch waren. Darum will das Gesundheitsministerium in den sozialen Netzwerken verstärkt für Novavax werben. Allerdings dürfte es nicht einfach sein, die Stimmung dort zu drehen. Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind gerade Diffamierungen und Fake News in den sozialen Netzwerken für das schlechte Image von Novavax verantwortlich. Auch Lauterbach selbst wird auf Twitter ein ungeschickter Tweet vorgehalten, den er vergangenen November abgesetzt hat. Damals hatte ein Experte die Medien mit Nachdruck dazu aufgefordert, Novavax nicht Totimpfstoff zu nennen. Die Antwort Lauterbachs: „Stimmt zwar.“ Aber „weil so viele Ungeimpfte nur Totimpfstoff wollen, warum auch immer, wird bald erhältliches Novavax als solcher bezeichnet“.

Ein Totimpfstoff oder nicht?

Novavax enthält Proteine des Coronavirus, die in Mottenzellen hergestellt werden. Um die Immunreaktion zu intensivieren, wird ein Wirkverstärker zugefügt.

Ob Novavax ein Totimpfstoff ist oder nicht: In dieser Frage hilft das Robert Koch-Institut mit einer Definition aus. Weder die mRNA- noch die vektorbasierten Impfstoffe noch Novavax enthielten vermehrungsfähige Viren. Insofern könnten sie mit Totimpfstoffen „gleichgesetzt“ werden.

Ohnehin ist das allgemeine Interesse an Impfungen derzeit gering. Der Frühling naht, Lockerungen stehen an, viele liegen gerade mit Omikron im Bett oder haben sich schon vor Wochen infiziert. Der Informationsbedarf ist aber immer noch groß.

Wer sich mit Novavax impfen lasse, frage stärker nach und wolle intensiver aufgeklärt werden, berichtet Hack aus den Nürnberger Impfzentren. Mitunter geht es um Details: So stören sich Impfgegner*innen daran, dass eine dritte, die sogenannte Booster-Impfung bislang nur mit einem mRNA-Impfstoff durchgeführt werden kann. Die Landeshauptstadt München allerdings weist darauf hin, dass Novavax laut Stiko-Empfehlung in Einzelfällen auch als Booster eingesetzt werden könne, obwohl der Impfstoff hierzu bisher nicht zugelassen ist. Holetschek setzt besondere Hoffnungen auf die Hausärzte, wo der Impfstoff demnächst ankommen werde. Weil es nur vereinzelt Bedarf gab, habe man sich bisher auf eine Verimpfung über die Impfzentren geeinigt, erklärt Wolfgang Ritter vom Bayerischen Hausärzteverband. Die Praxen hätten aber die Möglichkeit, Impfstoff von dort zu beziehen.

Eine kleine Lücke ließe sich an anderer Stelle vielleicht noch schließen: Auf der Homepage des Impfzentrums im Landkreis Tirschenreuth, wo man einen Aktionstag in einer Aula in Neusorg ankündigt, fragt eine jüngere Frau interessiert an: „Wird Novavax nur im Impfzentrum angeboten oder auch bei den Impfaktionen verimpft?“ Die enttäuschende Antwort: „Aufgrund drohenden Verwurfes wird er aktuell nur im Impfzentrum immer samstags angeboten.“ Auch Hack aus Nürnberg erklärt: Novavax werde aus logistischen Gründen zwar an den festen Impfstellen verimpft, nicht aber in den großen Einkaufszentren und andernorts in der Stadt, wo man versucht, Menschen zu erreichen, die bisher nicht zugänglich waren fürs Impfen. Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums erklärt hierzu: Die Entscheidung, bei Sonderaktionen kein Novavax zu impfen, liege bei den Impfzentren vor Ort. Zum echten Gamechanger allerdings wird Novavax kaum mehr werden.

Bleibt ein weiterer Hoffnungsträger: Valneva. Erste Lieferungen des Impfstoffs, der gerade von der EMA begutachtet wird, in die EU könnten im April möglich sein. Der klassische Totimpfstoff aus Frankreich enthält das ganze, abgetötete Sars-CoV-2-Virus. Darüber, ob Valneva besser angenommen wird, lässt sich derzeit nur spekulieren.
(Monika Goetsch)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.