An mehr als 350 Schulen in Bayern wird es vom kommenden Schuljahr an ein Wahlpflichtfach "Islamischer Unterricht" geben. Das Kabinett beschloss am Dienstag die Überführung des bisherigen landesweiten Modellversuchs in ein reguläres Schulfach. Dieses soll für Schülerinnen und Schüler insbesondere muslimischen Glaubens künftig statt Religionslehre und neben Ethik wählbar sein.
Es handelt sich um ein staatliches Angebot, bei dem staatliche Lehrkräfte in deutscher Sprache Wissen über die islamische Religion sowie eine grundlegende Werteorientierung "im Geiste der Werteordnung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung" vermitteln sollen.
Der Kabinettsbeschluss war schon seit einigen Monaten erwartet worden, da der Start des Wahlpflichtfachs zum Start des nächsten Schuljahres im Herbst erfolgen soll. Vorher muss nun noch der Landtag zustimmen, zudem müssen die weiteren Lehrpläne entwickelt werden. In dem Fach werden künftig auch ganz reguläre Schulaufgaben geschrieben.
Der Name "Islamischer Unterricht" wird dabei nun weitergeführt. "Der Name bleibt, der Name ist Marke", sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nach der Kabinettssitzung in München. Nach dem erfolgreichen Modellversuch sei die Überführung zum Wahlpflichtfach "ein Zeichen auch in die muslimische Gemeinschaft in Bayern hinein, das deutlich macht, wie wichtig uns Integration ist und dass wir auch alles tun, diese Integration zu stärken", betonte er.
Jahrzehntelange Vorgeschichte
Das neue Fach hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. Anfangs gab es etwa eine "Islamische Unterweisung" in türkischer Sprache, später erfolgte das Angebot dann auf Deutsch. Ein Modellversuch "Islamischer Unterricht" lief seit 2009 und wurde immer weiter ausgedehnt. Zuletzt gab es den Modellversuch laut Ministerium an 364 Schulen, vor allem an den Grund- und Mittelschulen und insbesondere in Ballungsgebieten.
So viele Standorte sollen es auch zum Start als Wahlpflichtfach in diesem Herbst sein. Die im bisherigen Modellversuch eingesetzten rund 100 Lehrerinnen und Lehrer sollen dabei weiterbeschäftigt werden können - und laut Piazolo nun unbefristete Verträge bekommen.
Das Angebot solle zudem "bedarfsgerecht" ausgebaut werden, kündigte Piazolo an. Wann und an wie vielen Schulen es das Fach in den kommenden Jahren letztlich geben wird, ist also derzeit noch offen.
Insgesamt gibt es an den allgemeinbildenden und den beruflichen Schulen in Bayern laut Kultusministerium rund 163 000 Schülerinnen und Schüler mit islamischer Religionszugehörigkeit. 16 000 nahmen demnach zuletzt an den Modellversuchen an den 364 Schulen teil.
Die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer (CSU) nannte die Entscheidung für ein Wahlpflichtfach einen wichtigen Baustein der Integration und des friedlichen Miteinanders. Eine Alternative zur Religionslehre und über den Ethikunterricht hinaus zu haben sei ein ganz wichtiges Signal an die muslimische Bevölkerung.
Der Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU), der den breiten Modellversuch 2009 als Kultusminister gestartet hatte, lobte, der Kabinettsbeschluss biete neue Chancen zur Integration muslimischer Kinder. "Er ist ein Meilenstein für Integration, Erziehung zu Toleranz und zur Bekämpfung von Antisemitismus", erklärte Spaenle.
(dpa)
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