Politik

13.06.2024

Ist eine Barzahlungsobergrenze von 10.000 Euro sinnvoll?

Die Mitgliedstaaten der EU haben beschlossen, dass bald bei geschäftlichen Transaktionen eine Grenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen gelten soll, mit dem Ziel gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzugehen. Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, findet das gut. Albert Füracker (CSU), Bayerns Finanzminister, lehnt die Maßnahme dagegen ab

JA

Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag

Das Bargeld bleibt! Trotzdem ist eine Barzahlungsobergrenze gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung sinnvoll.

In der EU soll künftig eine Obergrenze für Zahlungen mit Bargeld gelten. Die Mitgliedstaaten haben in Brüssel eine Grenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen ab dem Jahr 2027 sowie weitere Regeln gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beschlossen. Die Grenze gilt dabei nur für gewerbliche Verkäufe, nicht für private.

Wer also sein Auto direkt vom Nachbarn kauft, darf weiterhin in unbegrenzter Höhe bar bezahlen – außer der Nachbar ist Autohändler. Wer wie der bayerische Finanzminister Albert Füracker die Barzahlungsobergrenze von über 10.000 Euro im gewerblichen Bereich – ganz im AfD-Sound – als „Angriff auf die Freiheit“ verunglimpft, der verteidigt in Wirklichkeit die Freiheit für Steuerhinterzieher, Schwarzgeldzahlungen und Terrorismusfinanzierung. Denn: „Deutschland ist international dafür bekannt, anfällig für das Ein- und Durchschleusen krimineller Gelder zu sein“, stellt selbst die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer Anfrage vom 22. Mai dieses Jahres fest.

Die neue Regelung dient auch dem Bürokratieabbau. Durch die neue Bargeldobergrenze würde die bisher notwendige Offenlegung der Herkunft des Bargelds und die Erfassung und Aufbewahrung dieser Daten bei Barzahlungen über 10.000 Euro entfallen. Sie leistet also einen Beitrag zum Datenschutz im privaten Bereich und zum Bürokratieabbau für das Gewerbe.

AfD und andere behaupten, EU und Bundesregierung strebten die vollständige Abschaffung von Bargeld an. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Mit einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Euro-Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel soll sichergestellt werden, dass Euro-Bargeld bestehen und verfügbar bleibt und weiterhin von allen Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Unternehmen im Euroraum angenommen werden muss. 

NEIN

Albert Füracker (CSU), Bayerns Finanzminister

Bargeld muss erhalten bleiben. Wir lehnen jede Einschränkung und jeden Schritt hin zu einer schleichenden Abschaffung des Bargelds grundlegend ab! Das Vertrauen der Menschen in unsere Währung darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

Eine Obergrenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen mag hoch erscheinen, ihre Einführung öffnet aber Tür und Tor für immer niedrigere Schranken. Eine erste Absenkung will die Kommission bereits in wenigen Jahren prüfen. Dabei gehört es doch zu den vordringlichsten Aufgaben eines Staates, die verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsräume der Bürgerinnen und Bürger sorgsam zu schützen und zu bewahren. Als geprägte Freiheit nimmt Bargeld an diesem elementaren Schutz teil. Die kürzlich auf EU-Ebene beschlossene allgemeine Beschränkung ist daher ein gravierender Freiheitseingriff. Die Ampel-Regierung hat es versäumt, sich auf EU-Ebene ausreichend für die Freiheitsrechte starkzumachen. Die Barzahlungsobergrenze von 10.000 Euro im Geschäftsverkehr beruht auch auf diesem mangelnden Einsatz! 

Der Staat muss wirksam und entschlossen gegen Geldwäsche vorgehen, das steht außer Frage. Dafür brauchen wir aber keine Obergrenzen, die die Bargeldnutzer unter Generalverdacht stellen. Gerade die zunehmende Cyberkriminalität zeigt auf, wie vielfältig die Möglichkeiten für kriminelles Handeln auch ohne Bargeld sind. Ein fundierter Nachweis, dass durch bestehende Barzahlungsobergrenzen in anderen Ländern organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung signifikant reduziert oder gar beseitigt wurden, liegt nach unserer Kenntnis nicht vor.
Statt mit neuen Reglementierungen für alle Bürgerinnen und Bürger wäre beim Kampf gegen Geldwäsche weit mehr gewonnen, wenn die bereits jetzt nach dem Geldwäschegesetz vorgesehenen Instrumente entschieden angewendet und vor Erlass neuer Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden. 
 

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