In Bayern wird zum 10. Dezember die Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr abgeschafft. Das Coronavirus mache nicht mehr den Hauptteil der Viruserkrankungen aus - Influenza und RS-Virus hätten viel höhere Anteile bei den Erkrankten in Krankenhäusern, erklärte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts. Insofern sei eine Maskenpflicht zum Schutz vor dem Coronavirus nicht mehr verhältnismäßig.
Holetschek betonte aber, die Staatsregierung spreche weiterhin eine Empfehlung zum Tragen von Masken aus - zum Schutz vor Corona und vor anderen Erkrankungen. Bezüglich der Corona-Situation schrieb Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf Twitter: "Die Infektionslage ist seit langem stabil." Bayern liege mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 106 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 204, sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU).
Zum Schutz vor der Übertragung von Infektionen mit dem Coronavirus hatte Bayern wie auch andere Bundesländer im April 2020 das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen in der Öffentlichkeit beschlossen. Mit dem Abklingen der Zahl der schweren Corona-Erkrankungen wurde die Pflicht schrittweise zurückgenommen.
Der Öffentliche Nahverkehr, wo es häufig zu Gedränge in Bussen und Bahnen und Körperkontakten unter Fahrgästen kommt, ist bisher noch eine der letzten öffentlichen Situationen, in denen Masken in Bayern vorgeschrieben sind.
Kritik vom Bundesgesundheitsminister an Vorgehen in Sachsen-Anhalt und Bayern
In Sachsen-Anhalt soll die Maskenpflicht sogar schon am 8. Dezember fallen, wie das dortige Landeskabinett Regierungskreisen zufolge entschied. Die Gesundheitsminister der Länder hatten am Montag keinen einheitlichen Kurs zu Masken gefunden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das Ende der Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in ersten Bundesländern kritisiert. "Ich bin einfach davon nicht überzeugt", sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin mit Blick auf die Pandemielage.
In der Gesundheitsministerkonferenz mit den Länder hätten er und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Montag nochmals deutlich gemacht, dass es keine Gründe gebe, jetzt zu sagen, man könne auf Masken und auf die Isolation von Corona-Infizierten verzichten. Lauterbach verwies auf eine zu erwartende ansteckendere Virusvariante, dazu nun auch andere RS-Viren und eine Grippewelle.
Lauterbach sagte mit Blick auf Bayern und weitere unionsgeführte Länder, die die Isolationspflicht für Infizierte aufgehoben haben: "Ich habe den Eindruck, dass hier Parteipolitik auch eine Rolle spielt, und das sollte nicht sein. Wir sollten einfach versuchen, in diesem Winter noch einmal zusammenstehen, wie wir das damals gemacht haben, parteiübergreifend."
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, Christian Karagiannidis, sagte, ihn nerve langes Maskentragen auch. "Aber wenn wir auf der anderen Seite sehen, dass die Kinderkliniken total voll sind mit RSV, und Influenza kommt jetzt auch noch dazu, dann ist es ein Stück weit auch unser Beitrag für die Gesellschaft, den wir leisten sollten." Man könne nicht einerseits klagen, dass Kinderkliniken überschwemmt würden, und auf der anderen Seite solche Maßnahmen zurücknehmen.
Verkehrsunternehmen begrüßen Schritt, warnen aber vor Problemen
Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) hat das Ende der Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr in Bayern begrüßt, aber vor Problemen bei grenzüberschreitenden Fahrten gewarnt. Der Vorstoß Bayerns sei "inhaltlich nachvollziehbar, wird allerdings in der Praxis für das Personal zu Schwierigkeiten führen, weil die Regelungen dann in Bayern anders als in den angrenzenden Bundesländern sind und es viele Nahverkehrsverbindungen über Ländergrenzen hinweg gibt", sagte Sprecher Lars Wagner.
Grundsätzlich könne die Maskenpflicht aus Verbandssicht aber in Bussen und Bahnen aufgehoben werden. "Es gibt weder aus dem Ausland, wo seit Monaten keine Maskenpflicht in Bussen und Bahnen mehr herrscht, noch aufgrund uns bekannter wissenschaftlicher Studien Erkenntnisse, dass die Infektionszahlen außergewöhnlich steigen, wenn im ÖPNV keine Maske mehr getragen wird", so Wagner. Zudem sei es immer schwieriger, die Maskenpflicht auch tatsächlich durchzusetzen.
Immer wieder Debatten um Maskenpflicht
Die Maskenpflicht im Personennahverkehr war immer wieder Streitpunkt in der öffentlichen Debatte, auch in der Landespolitik. Zuletzt hatten sich die Freien Wähler vehement für die rasche Abschaffung eingesetzt und auf die Freiwilligkeit für die Bürger gepocht.
Mediziner sind dagegen der Ansicht, die Maskenpflicht sollte bleiben oder sogar ausgeweitet werden, da das Bedecken von Mund und Nase nicht nur gegen die Übertragung von Coronaviren schützt, sondern auch gegen andere Viruserkrankungen, etwa die derzeit kursierenden Influenza-Viren oder das RS-Virus bei Kindern.
Söder hatte bereits vor Wochen als denkbare Zeitpunkte zuletzt Mitte Dezember oder Anfang des nächsten Jahres genannt - vorausgesetzt, dass die Corona-Zahlen "halbwegs stabil" bleiben und es bis dahin keine neuen Mutationen gebe. Da am 9. Dezember die aktuelle Fassung der bayerischen Infektionsschutzverordnung ausläuft, in der bisher auch die Maskenpflicht im Nahverkehr geregelt ist, war eine Neuregelung notwendig.
Während die Bundesländer über eine Maskenpflicht im Nahverkehr selbst entscheiden können, ist für den Fernverkehr der Bund zuständig. Nach dem aktuellen Infektionsschutzgesetz des Bundes gilt dort die Maskenpflicht noch bis April 2023. Die bayerische Staatsregierung kritisiert seit längerem, dass die Maskenpflicht im Flugzeug zwar abgeschafft wurde, dass sie im Fernverkehr aber nach wie vor gilt. (Marco Hadem, Christoph Trost und Michael Donhauser, dpa)
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