Politik

11.04.2025

Koalitionsvertrag: Papier ist geduldig

Diverse Streitpunkte haben Union und SPD mit der Formulierung, sie würden "geprüft", auf die lange Bank geschoben. Nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ ich einen Arbeitskreis. Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Plötzlich ging es ganz schnell. Dass sich Union und SPD nach ermüdenden Koalitionsgesprächen am Mittwoch geeinigt haben, dürfte auch den Umfragen geschuldet sein. CDU/CSU und SPD haben an Zuspruch verloren, die Union sogar deutlich. Während die AfD zugelegt und die Union fast eingeholt hat.

Die Menschen hatten im Lauf der Verhandlungen den Eindruck gewonnen, dass sich wenig ändert mit den Koalitionären in spe. Dem designierten Kanzler Friedrich Merz stand das Wasser bis zum Hals. Von seinen kühnen Ankündigungen im Vorfeld der Wahl war nicht mehr viel zu hören. In der CDU kochte Wut hoch, die in vereinzelten Rufen nach einem Ende der Brandmauer zur AfD gipfelte.

Diverse Streitpunkte hat man mit der Formulierung, sie würden „geprüft“, auf die lange Bank geschoben

 

Bei der Präsentation des Koalitionsvertrags zeigten sich die Parteichefs in Siegerlaune und beteuerten ihre Absicht, zum Wohle Deutschlands das Beste zu geben. Genauso übrigens wie es die Ampel Ende 2021 getan hatte. Im aktuellen Koalitionsvertrag finden sich viele wohlklingende Sätze, etliches ist aber bewusst vage gehalten. Diverse Streitpunkte hat man mit der Formulierung, sie würden „geprüft“, auf die lange Bank geschoben. Nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ ich einen Arbeitskreis.

Die Union hat der SPD bei Steuern und Migration Zugeständnisse abgerungen. Wie weit diese tragen, wird man sehen. Die Formulierung, auf die ganz Deutschland blickt, lautet nach wie vor, man werde „in Abstimmung“ mit den europäischen Nachbarn Migranten zurückweisen. Wie weit das gehen soll, ob man Menschen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, tatsächlich zurückschickt, auch wenn der Drittstaat sich sträubt – niemand weiß es. Papier ist geduldig, die Menschen hierzulande sind es vielfach nicht mehr. Die neue Regierung wird allein daran gemessen werden, ob sich etwas bessert. Bei der Migration ebenso wie bei anderen Themen. Etwa der Wirtschaftsflaute. Die deutsche Industrie schwächelt massiv, trotzdem werden die Unternehmenssteuern erst in drei Jahren gesenkt.

Dass Wutprojekte wie das Heizungsgesetz formell gekippt werden, das Bürgergeld neu aufgestellt wird, mag viele erfreuen. Ex-Kanzler Kohl hatte es einst so formuliert: Entscheidend ist, was hinten rauskommt.

Kommentare (1)

  1. Joachim Datko vor 4 Tagen
    Ich wünsche mir konservative Koalitionsregierungen im Bund und in Bundesländern mit der AfD. Nachdem die CDU sich vor der Bundestagswahl die politischen Positionen der AfD weitgehend zu eigen gemacht hat, wäre es konsequent gewesen, dass sie mit der AfD eine Koalitionsregierung bildet. Das starke Momentum der AfD wird auch vom Verhalten der CDU gespeist. Wie kann man nur nach der Wahl des neuen Bundestages mit dem alten Bundestag Verfassungsänderungen vornehmen? Merz war von allen guten Geistern verlassen, als er sich auf trickreiche Verfahrensweisen verlegte. Ich traue nur noch der AfD. Die Unklarheiten und umschifften Positionen im Koalitionsvertrag sind der Sprengstoff der Koalition von morgen.

    Joachim Datko – Ingenieur, Physiker – Regensburg – AfD-Stammwähler
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