Politik

Heinrich Bedford-Strohm (Mitte) mit Sea-Watch-Sprecherin Giorgia Linardi und Sea-Watch-Kapitän Arturo Centore. (Foto: Annette Reuther/dpa)

03.06.2019

"Kriminalisierung von Seenotrettern muss aufhören"

Die Seenotretter der deutschen Organisation Sea-Watch können wieder Migranten retten. Die Beschlagnahmung ihres Schiffes ist aufgehoben. Moralischen Beistand gibt nun der Chef der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dazu steigt er in ein Schlauchboot

Das Migrantenrettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch ist zwar frei - aber so frei auch wieder nicht, dass der Chef der Evangelischen Kirche in Deutschland es einfach so betreten dürfte. Heinrich Bedford-Strohm klettert also im Hafen der sizilianischen Stadt Licata kurzerhand in ein kleines Schlauchboot, um das Hafengitter zu umfahren und die "Sea-Watch3" aus der Nähe zu sehen. Der Chef von mehr als 20 Millionen evangelischen Christen in Deutschland will seine Unterstützung für die Flüchtlingshelfer zeigen.

"Die Kriminalisierung von Seenotrettern muss ein Ende haben", sagt der bayerische Landesbischof an dem windigen Sonntag im Hafen von Licata. Seit Samstag ist das Schiff nicht mehr beschlagnahmt. Es hatte Mitte Mai Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen und nach Italien gebracht. Sehr zum Ärger des rechtspopulistischen Innenministers Matteo Salvini. So wurde das Schiff beschlagnahmt - aber anschließend wieder freigegeben.

"Zum Glück zählt für die italienische Justiz die eigene Verfassung mehr als ein twitternder Minister", sagt Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer mit Blick auf Salvini. Das Schiff sei frei, weil "festgestellt wurde, dass wir uns an alle Gesetze gehalten haben".

"Seenotrettung ist eine christliche Pflicht"

Die Freilassung sei zwar "ein Punktsieg", sagt Bedford-Strohm. Aber es könne nicht sein, dass die, die Menschen retteten, bestraft und die, die Hilfe unterlassen, nicht bestraft würden. Dass man bei der Küstenwache nicht allzu sehr über den Besuch aus Deutschland erfreut ist, zeigt, dass der Geistliche nicht an Bord darf.

Gegen den italienischen Kapitän Arturo Centore laufen noch Ermittlungen. Entsprechend angespannt ist er, als Bedford-Strohm mit ihm redet und versichert, dass er auch Kanzlerin Angela Merkel sagen wird, dass Seenotrettung eine christliche Pflicht sei. Die EKD unterstützt daher auch finanziell die Hilfsorganisation Sea-Watch bei ihrer Aufklärungsmission mit einem Flugzeug.

Am Montag trifft der EKD-Chef Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando. Er will, dass sich einzelne Städte bei der Aufnahme von Migranten mehr engagieren können. "Es muss von Europa ein klares Signal nach Italien geben, dass Menschen in allen Ländern Europas bereit sind, Flüchtlinge, die hier gerettet wurden, auch aufzunehmen." Es gebe bereits jetzt zahlreiche Städte und Kommunen, die zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit seien. Dies müsse ihnen auch ermöglicht werden.

Die populistische Regierung in Italien hat die Häfen des Landes für Hilfsorganisationen dagegen weitestgehend gesperrt. Immer noch fliehen allerdings zahlreiche Menschen aus Libyen Richtung Europa. Hunderte sind dieses Jahr bei der Überfahrt ertrunken.

Italien wehrt sich gegen die Aufnahme von Migranten und hat die Seenotrettung weitestgehend eingestellt. Das Land pocht darauf, dass die Migranten innerhalb der EU verteilt werden. Besonders umstritten ist, dass Italien und die EU die libysche Küstenwache darin unterstützen, Migranten zurück in das Bürgerkriegsland zu bringen. Hunderte Menschen sind bei der Überfahrt über das Mittelmeer in diesem Jahr bereits gestorben.

Am Wochenende legte derweil ein Schiff der italienischen Marine mit geretteten Migranten in Genua an. Salvini erklärte, "keiner der Migranten (...) wird den Italienern zur Last fallen". Sie würden vielmehr auf fünf andere europäische Länder und den Vatikan aufgeteilt.
(Annette Reuther, dpa)

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