Politik

Passanten stehen in München vor abgelegten Blumen, Kerzen, Kuscheltieren und Gedenkschreiben, die am Anschlagssort vom 13. Februar 2025 abgelegt wurden. Eine 37-jährige Mutter und ihre 2-jährige Tochter waren durch den Anschlag getöten worden, weitere Menschen wurden verletzt. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

10.03.2025

Kriminologin: Amoktaten und Anschläge sind oft vermeidbar

Die jüngste Häufung von Anschlägen und Amoktaten mit tödlichem Ausgang sorgt für Verunsicherung. Damit haben die Täter eines ihrer Ziele schon erreicht. Denn ihnen geht es um maximale Aufmerksamkeit

Die Kriminologin Britta Bannenberg hat Politiker nach den Amoktaten und Anschlägen der vergangenen Monate aufgefordert, verbal abzurüsten. Anstatt die Tat eines Ausländers zum Anlass für eine schrille Migrationsdebatte zu nehmen, wäre es besser, endlich Strukturen für eine bessere polizeiliche Gefährdungseinschätzung möglicher Amoktäter zu schaffen, sagte die Rechtswissenschaftlerin von der Universität Gießen der Deutschen Presse-Agentur. 

Denn viele solcher Taten seien vermeidbar, wenn man die entsprechenden Hinweise und Andeutungen richtig zu deuten wisse.

"Ich rate zur Zurückhaltung im Ton", fügte die Gießener Professorin hinzu. Das gelte ausdrücklich auch für den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Es sei zwar legitim, wenn sich dieser für Fortschritte bei Abschiebungen von Ausreisepflichtigen einsetze. Mit "populistischen Äußerungen" über Migration in einer Phase, in der die Gesellschaft ohnehin schon großem Stress ausgesetzt sei, habe Merz im Bundestagswahlkampf aber womöglich "Migranten getriggert, die sich hier nicht ganz zu Hause fühlen".

Nachahmungseffekte können zu einer Häufung von Taten führen

Ein weiterer möglicher Auslöser für Amoktaten sei eine sensationsheischende Berichterstattung über Gewalttaten, wobei Nachahmungseffekte nicht auf das eigene Milieu beschränkt seien. "Der Amoktäter lässt sich vom Islamisten anregen, und der Rechte wird vom Islamisten inspiriert", sagte Bannenberg. Allen einzeln handelnden Tätern gehe es um "maximale Aufmerksamkeit".
Rowenia Bender und Kristin Weber vom Zentrum für kriminologische Forschung Sachsen an der TU Chemnitz warnen: "Eine sensationsgeleitete oder vorschnelle Berichterstattung kann bei empfänglichen Personen dazu führen, dass sie in einem gleichen oder ähnlichen Modus Operandi eine solche Tat ausführen könnten."

Oft gibt es in den Monaten vor der Tat Andeutungen

Grundsätzlich wirkten solche Trigger-Effekte auf Menschen, die bereits mit dem Gedanken spielten, eine Gewalttat zu begehen, sagte Bannenberg. "In den letzten sechs Monaten vor der Tat machen diese Menschen Andeutungen", erklärte die Forscherin. Ihr "Beratungsnetzwerk Amokprävention" richtet sich an Menschen, die sich mit ihren Beobachtungen über Menschen, die sich im Netz oder in ihrem Umfeld auffällig verhalten, entweder nicht selbst an die Polizei wenden wollen oder sich von den Beamten nicht ernst genommen fühlen.

Die Polizeibehörden der Länder sind, was den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen angeht, unterschiedlich gut aufgestellt. Vor allem auf dem Land sind psychologische Gutachter oft nicht kurzfristig greifbar - schon gar nicht nachts oder am Wochenende. (dpa)

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