Politik

Der Freistaat ist in vielem Spitze. (Foto: dpa)

23.11.2016

Manchmal hui, selten pfui

Beim Bahnstreckennetz, bei der Gefängnisbelegung und geschlachteten Rindern ist Bayern spitze. Am untersten Ende von Ländervergleichen im Statistischen Jahrbuch 2016 steht der Freistaat eher selten. Und der Wälzer offenbart auch ein paar Kuriositäten über das Land

Das bayerische Ego wird es verkraften: In vielen Ländervergleichen steht der Freistaat nicht auf Platz eins. Bei der Strauchbeerenernte hat Niedersachsen die Nase vorn. Die meisten Musikschullehrer beschäftigt Baden-Württemberg. Und bei den Bufdis hat Bayern in Relation sogar die rote Laterne: Je 100 000 Einwohner engagieren sich im Freistaat gerade einmal 27 Menschen für den Bundesfreiwilligendienst. Thüringen kommt auf 103. Diese Erkenntnisse liefert das Statistische Jahrbuch 2016 für Deutschland. Der fast 700 Seiten dicke Wälzer eignet sich weder zum Schmökern noch als Gute-Nacht-Lektüre. Aber er taugt zum Vergleich - und hält so manche Kuriosität parat. So ist Bayern demnach das einzige Bundesland, in dem Lukas 2015 unter den Top 3 der häufigsten Vornamen Neugeborener stand. Im Freistaat wurden mit 918 000 so viele Rinder geschlachtet wie sonst nirgends. Mit einer Belegung von 94 Prozent sind die Gefängnisse in Bayern am proppevollsten. Und mit 6310 Kilometern zwischen Rhön und Alpen war das Streckennetz der Eisenbahn so lang wie in keinem anderen Land. Und noch was offenbart die Statistik: Anders als in vielen Ländern und bundesweit wuchs die Streckenlänge in Bayern von 2005 bis 2014. Manche Spitzenplätze sind ziemlich erwartbar beziehungsweise den Fachleuten längst bekannt: Mit 5,45 Milliarden Euro ist Bayern beim Länderfinanzausgleich der größte Geber. Mit 3,6 Prozent war hier die Arbeitslosenquote im vergangenen Jahr am niedrigsten. Und mit einer Ganztagsquote bei der Kinderbetreuung von knapp über zehn Prozent bei den Unter-Dreijährigen schneidet Bayern im Ländervergleich am schlechtesten ab. 

Bei der Strauchbeerenernte muss sich Bayern geschlagen geben -
und wird's verkraften

Warum neigen Menschen dazu, sich zu vergleichen? Sozialpsychologen begründen das zum einen mit dem Wunsch, ein positives Selbstbild zu erhalten. Zum anderen mit dem Versuch, Wissen über die Umwelt zu erlangen. Denn sich selbst kann man am besten in Relation zu anderen einschätzen. Bundesländer sind da nur eine von vielen Kategorien. Beispiel Kultur und Bildung: 190 Volkshochschulen, 129 063 Kurs- und 38 210 Einzelveranstaltungen waren 2014 jeweils unerreicht. Eher schlecht sieht aus Sicht von Wilhelm Lang, Direktor des Bayerischen Volkshochschulverbands, aber die staatliche Förderung aus: gerade einmal sechs Prozent des Gesamtetats. Bemessen pro erwachsenen Einwohnern liege der Freistaat am unteren Ende. "Für ein Spitzenland, das Bayern gerne ist, finde ich das sehr blamabel", sagt Lang. Mit 9,5 und 11,0 Prozent stiegen zudem die Ausgaben je Professor beziehungsweise wissenschaftlichem Mitarbeiter an den Hochschulen von 2012 auf 2013 so stark wie in keinem anderen Bundesland - in manchen sanken sie sogar. Und Bayern bringt es auf neun staatliche Archive der Länder, die etwa Unterlagen der Behörden und Gerichte beherbergen. Klingt wenig - aber einige haben nur ein solches Archiv, und selbst das von den Einwohnern her größere Nordrhein-Westfalen kommt nur auf vier. Überraschend deutlich hebt sich Bayern auch beim Anstieg der Privathaushalte von der Länderkonkurrenz ab. Verglichen mit der Zahl von 1991 wuchs sie um mehr als ein Viertel (26,2 Prozent) auf zuletzt 6,3 Millionen. Gleiches gilt für den Anteil der Familienangehörigen unter den Arbeitskräften in landwirtschaftlichen Betrieben: Mit über Dreivierteln (76,2 Prozent) liegt er in Bayern erheblich über dem Wert für Schlusslicht Brandenburg: nicht einmal 15 Prozent. Apropos Agrar: Mit 4783 Betrieben in der Kategorie "Erzeugung aus Aquakultur" - also die kontrollierte Aufzucht etwa von Fischen - wirkt die Zahl immens. Auf Rang zwei folgt NRW mit gerade einmal 261. Das zeigt aber auch, dass Statistiken immer mit Vorsicht zu genießen sind. Denn bei der erzeugten Menge ergibt sich ein anderes Bild: Zwar führt auch da Bayern die Liste mit 6240 Tonnen. Auf dem zweiten Platz liegt hier aber Schleswig-Holstein mit 3811 Tonnen. Die Betriebe im Freistaat müssen also im Schnitt einfach deutlich kleiner sein. Und wo wir schon mal bei den Details sind: Bei den Mitgliedern unter 27 Jahren bei deutschen Chorverbänden erreicht der ChorVerband Bayern mit 30,3 Prozent den Spitzenwert. Das liegt laut Präsidentin Angelika Schreiegg an den Schul- und Kinderchören. "Das macht bei nur 1200 Mitgliedern schnell einen erheblichen Anteil aus." Aber der Aspekt ist auch ein gutes Beispiel für die Haltbarkeit solcher Tabellen: Ende des Jahres wird der Verband aufgelöst. (Marco Krefting, dpa)

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