Als im Juli 2016 ein Amokläufer ganz München in Panik versetzte, wirkte der Chefsprecher des Polizeipräsidiums wie ein Ruhepol. Sprachgewandt und sachlich gab Marcus da Gloria Martins Interviews. So wurde er weit über die Grenzen Bayerns bekannt. Er und sein Team wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Sonderpreis 2016 des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher. Da Gloria Martins hatte zwischenzeitlich sogar eine Fanseite bei Facebook. Und schon gut ein halbes Jahr vorher, Silvester 2015/16, managte er einen Terroralarm am Münchner Hauptbahnhof. Da war er wenige Monate im Amt.
Nun soll er die krisengeschüttelte Kommunikation des bayerischen Gesundheitsministeriums während der Corona-Pandemie übernehmen. Am Tag eins nach dem Wechsel in die Taskforce Corona im Haus von Ministerin Melanie Huml (CSU) spricht er von einer hohen Taktzahl, einem enormen Arbeitsdruck und einem extrem hohen Niveau - auf dem die Mannschaft von Pressereferatsleiter Jörg Säuberlich seit mehr als sechs Monaten arbeite. "Wenn ich Ihnen eins versichern kann, dann, dass hier der Bär brummt", sagt der 47-Jährige am Donnerstag. Da gehe es um personelle Verstärkung, sagt er - und gibt sich bescheiden: "Da geht es nicht um da Gloria Martins als exklusive Personalie."
Das Medien-Echo ist da schon eindeutiger: "Kann ein Polizist die Huml retten?", fragt die "Bild"-Zeitung. Die Münchner "Abendzeitung" titelt "Ein Polizist soll Melanie Huml retten". Und der "Münchner Merkur" kommentiert mit Blick auf den Ministerpräsidenten, der von Humls Krisenmanagement not amused war: "Söder mauert Huml ein". "Nun soll Polizeipressesprecher und PR-Profi Marcus da Gloria Martins die Ministerin auch noch vor weiteren Kommunikations-Pannen bewahren."
Dem Vernehmen nach ist der Wechsel aus der Staatskanzlei von Regierungschef Markus Söder eingefädelt worden - wie der am Donnerstag verkündete von Bau- und Verkehrsstaatssekretär Klaus Holetschek (beide CSU), ebenfalls ins Gesundheitsministerium. Und schon mitten in der Corona-Krise war die Kommunikationsabteilung im Ministerium personell aufgestockt worden.
Eigentlich hätte da Gloria Martins diese Woche Urlaub gehabt. Unter Verweis auf das wichtigste Thema dieser Tage und seine Arbeit in der Krisenkommunikation sagt er: "Da kann man nicht Nein sagen, wenn man Sie fragt." Gerade mit Blick auf eine mögliche zweite Welle und erneute Einschränkungen im Alltag sei die größte Herausforderung, bei Menschen Akzeptanz und Einsicht zu schaffen. Auch wenn das Virus und seine Folgen im Moment nicht so präsent seien, sei seine Aufgabe nun, den Menschen zu vermitteln, "dass das Thema noch lange nicht rum ist". Auf der anderen Seite dürfe man aber auch keine Panik schüren.
Den Strategen wird es mit der Personalie aber um mehr gehen, als Aufklärung der Bevölkerung: Seit Huml vergangene Woche die Panne bei der Übermittlung von Corona-Testergebnissen eingestehen musste, dürfte der Aufwand hinter den Kulissen noch größer geworden sein. Weder bei einer Pressekonferenz noch bei einem Interview mit den "Tagesthemen" etwa machte sie einen souveränen Eindruck. Klare, verständliche Aussagen - gerade unter Druck - sind nicht ihre oberste Stärke.
Kann da Gloria Martins es richten? Das Ministerium inklusive Pressestelle sei konzipiert worden für normale Zeiten, sagt der. "Aber Corona ist nicht normal." Schon am ersten Tag habe er viele Kollegen aus anderen Ressorts kennengelernt. Es gehe jetzt darum, Kompetenzen und Fachwissen an die richtigen Stellen zu bringen.
Auch bei der Polizei habe er unglaublich viel mit Corona zu tun gehabt. "Ich habe gesehen, wie es schon geknirscht hat, als der Staat weitreichend in das Leben der Menschen eingegriffen hat." Da Gloria Martins stand auf der Theresienwiese, als Tausende gegen die Auflagen demonstrierten, und definierte auseinander: ein bürgerliches Spektrum, aber auch Kleingruppen von Links- und Rechtsextremen.
Da Gloria Martins hat portugiesische Wurzeln, ist im Rheinland aufgewachsen und "der Liebe wegen" nach München gekommen, wie er einmal sagte. Er hat zwei Kinder, mittlerweile im Teenager-Alter. Bei denen sei er immer noch als Berater, Fahrer und für Erste Hilfe bei Handyproblemen gefragt, sagt er. "Aber die Götterdämmerung naht."
Während seiner Polizeikarriere war er im Rauschgiftbereich, als ziviler Fahnder, Dienststellenleiter der Verkehrspolizeiinspektion und als einfacher Streifenpolizist unterwegs. Im Oktober 2015 übernahm er die Leitung der Kommunikationsabteilung im Münchner Polizeipräsidium. Ein Job, den er sich noch wenige Jahre vorher nicht für sich hätte vorstellen können. Nun musste er Hals über Kopf das Büro wechseln, hatte bis Donnerstagnachmittag nicht einmal Zeit, sich bei den alten Kollegen zu erkundigen, wie es dort weitergeht.
Ist der Wechsel endgültig? "Wer mich kennt, weiß, dass ich bis zum Schluss gerne in einem Auto saß mit Blaulicht auf dem Dach", sagt er. Nun wolle er sich auf die neuen Aufgaben konzentrieren. "Mit der Hoffnung, irgendwann wieder in einen Streifenwagen zu steigen." (Marco Krefting und Sabine Dobel, dpa)
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