Seit Wochen fordert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Länder auf, wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen einzuführen. Mehr als fordern kann er auch nicht, nach dem neuen Bundesinfektionsschutzgesetz ist die Maskenpflicht größtenteils Ländersache. Doch seine Rufe blieben weitgehend ungehört. Nicht mal in seiner eigenen Partei kann man sich dazu durchringen, ihm vorbehaltlos zu folgen.
Tatsächlich wäre zum jetzigen Zeitpunkt angesichts sinkender Inzidenzen die Wiedereinführung einer Maskenpflicht in Innenräumen auch kaum vermittelbar. Der Bundesgesundheitsminister steht weitgehend alleine da. Sogar die Deutsche Krankenhausgesellschaft, deren Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß noch vor Kurzem vehement dafür plädiert hatte, wollte auf BSZ-Anfrage kein Statement pro Maskenpflicht mehr abgeben.
In keinem einzigen Bundesland wird derzeit an einer Verschärfung gearbeitet. Allerdings gab es im Oktober in zwei Ländern entsprechende Vorstöße: Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hatte eine Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden gefordert, ihre Brandenburger Kollegin Ursula Nonnemacher (ebenfalls Grüne) wollte die Maskenpflicht zusätzlich in Geschäften. Doch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wies die Forderung zurück, in Brandenburg sprach sich das rot-schwarz-grüne Landeskabinett gegen eine Verschärfung aus, vor allem die CDU war dagegen.
Keine Maskenpflicht in Sichtweite
Und in Bayern? Ist derzeit eine Mehrheit für eine weitergehende Maskenpflicht ebenfalls nicht in Sichtweite. Bis 9. Dezember wurde die Gültigkeit der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gerade erst verlängert. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat mehrfach darauf verwiesen, dass man das Geschehen genau beobachte. Eine Verschärfung – aus seiner Sicht derzeit nicht notwendig.
Der Koalitionspartner, die Freien Wähler, hat ohnehin eine klare Meinung: Susann Enders, die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, verweist auf die Omikron-Variante, die kaum noch zu schweren Verläufen führt, viele vorhandene Schutzmaßnahmen und die derzeitige Infektionslage. „Insofern sehen wir aktuell nicht den Staat in der Pflicht, zusätzliche Maßnahmen zu erlassen, sondern setzen auf die Kraft der Argumente und die Einsicht und das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen“, erklärt Enders. Nur für den Fall, dass sich die Lage noch einmal dramatisch verändere, muss aus ihrer Sicht eine Maskenpflicht im Innenraum doch erwogen werden.
Dann wäre auch Christina Haubrich, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, dafür. „Es ist ein effektives Mittel und leicht umzusetzen“, sagt sie. „Aber jetzt bei sinkender Inzidenz die Maskenpflicht wiedereinzuführen, halte ich nicht für sinnvoll.“
Auf keine Verschärfung festlegen
Auch Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, mag sich auf keine Verschärfung festlegen. Momentan scheine es laut Staatsregierung keine Notwendigkeit für eine generelle Maskenpflicht zu geben, sagt sie. Ihrer Fraktion lägen allerdings nicht genug Daten aus Holetscheks Ressort vor, um das tatsächlich beurteilen zu können. Es sei „ein blödes Spiel“ der Staatsregierung, immer nur Entscheidungen nach dem Prinzip „Hauptsache gegen Lauterbach“ zu treffen, kritisiert sie.
Was, wenn sich die Situation im Winter noch einmal verändert? Vergangene Woche kamen die Gesundheitsminister der Länder zusammen, um sich gemeinsam auf das weitere Vorgehen zu einigen. Ergebnis: Es bleibt bei einer Maskenpflicht im Nahverkehr der Länder. Eine Arbeitsgruppe soll zudem bundesweit einheitliche Schwellenwerte festlegen, ab denen eine Maskenpflicht in Innenräumen denkbar wäre.
Viele Fragen
Ob Bayern sich dem dann – wie nach früheren Ländertreffen – entgegenstellt? Die Frage ist auch: Was für Werte zieht man heran, um eine Aussagekraft zu erhalten? Die Inzidenz, die Hospitalitätsrate? Welche Grenzen legt man fest? Und: Soll es wirklich Ausnahmen für Geimpfte und Genesene geben, obwohl man weiß, dass diese Gruppen das Virus ebenfalls übertragen können?
Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), sieht bei einer möglichen Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen ein großes Problem: „Aus unserer Sicht sollte nur das gesetzliche Pflicht werden, was dann auch verbindlich umgesetzt wird.“ Doch man sehe ja schon im öffentlichen Nahverkehr, dass etliche Menschen keine Maske mehr tragen – ohne dass dies geahndet werde. Außerdem lerne die Gesellschaft – „auf der Grundlage einer besseren Kenntnis der Krankheitsverläufe, der Impfungen und der derzeit vorhanden Virus-Varianten“ – immer besser, mit dem Virus zu leben. Da passten weitere Verschärfungen der Politik nicht ins Bild. Zwar rät die BKG dazu, in Innenräumen Masken zu tragen – aber nur aus Eigenverantwortung.
(Thorsten Stark)
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