Politik

Abstimmung im Bundestag über die Reform der Schuldenbremse. Friedrich Merz und der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei. (Foto: dpa/Michael Kappeler)

21.03.2025

Megakredite und Megawut

Schuldenorgie im Bund: Friedrich Merz und die CSU stehen als Umfaller da, die AfD legt zu, und die CSU-Basis ist sauer

In der Union sind viele erleichtert. Der alte Bundestag hat das Megaschuldenpaket in Höhe von einer Billion Euro diese Woche abgesegnet. Doch hinter den Kulissen brodelt es. Auch in Bayern. Diverse CSU-Leute sind sauer, weil sie der empörten Basis den Meinungsschwenk erklären müssen. Denn natürlich steht der Kanzler in spe Friedrich Merz (CDU) als Umfaller da. Viele Menschen sprechen von Wahlbetrug. Vor der Bundestagswahl hatte die Union stabile Staatsfinanzen versprochen und sich neuen Schulden kategorisch verweigert. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger spottet, die Unions-Oberen zeigten die Glaubwürdigkeit von „Heiratsschwindlern“.

Tatsächlich ist es dreist, dass die künftigen Regierungsparteien CDU, CSU und SPD die Wahllüge mit einer veränderten Weltlage wegen Putin und Trump rechtfertigen. Die Weltlage hat sich rund um den Wahltag keineswegs verändert. Trumps Unberechenbarkeit war ebenso bekannt wie Putins Kriegslust.

Die Quittung gab es bereits über Umfragen: Die AfD kommt laut Forsa mit 23 Prozent Zustimmung auf ihren besten Wert seit Langem – und liegt damit nur noch 4 Prozentpunkte hinter der Union. SPD und Union haben jeweils einen Prozentpunkt verloren. Und: Deutlich mehr Menschen, nämlich 58 Prozent der Befragten, meinen jetzt, dass Merz kein guter Kanzler sein wird; davor waren es 52 Prozent, was ohnehin ein wenig schmeichelhafter Ausgangswert war.

CSU fürchtet Kommunalwahl 2026

In der CSU fürchtet man schon die Kommunalwahl im Frühjahr 2026. Vor Ort kämpfen CSU-Abgeordnete mit enttäuschten Wählerinnen und Wählern. Die Schweinfurter Landtagsabgeordnete Martina Gießübel bestätigt: „Der Unmut der Bürger trifft uns.“ Man müsse jetzt viel „klären und erklären“. Andere berichten von angedrohten und tatsächlichen Parteiaustritten wegen der Schuldenberge. Die Würzburger CSU-Abgeordnete Andrea Behr spricht von einem „Vertrauensverlust“ der Politik.

In der Sitzung der CSU-Landtagsfraktion gab es diese Woche offiziell Rückendeckung für Söders Unterstützung des Schuldenkurses. Neben dem 500-Milliarden-Euro-Paket für Verteidigung seien die 500 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen dringend nötig, erklärt CSU-Frau Gießübel. „Die Wirtschaft lahmt, da muss man jetzt Geld in die Hand nehmen.“ Auch das war bereits vor der Wahl bekannt. Doch CDU und CSU wetterten gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse.

Er habe sich da ein bisschen gewundert über Friedrich Merz, sagt der frühere bayerische Finanzminister und CSU-Ehrenvorsitzende Erwin Huber der Staatszeitung. „Merz hätte vor der Wahl deutlicher sagen können, dass er die Schuldenbremse lockern will.“ Natürlich gebe es da jetzt „Unruhe an der Basis“. Die Neuverschuldung hält der ehedem strenge Kassenwart für gerechtfertigt – für Verteidigungsausgaben eh. Und Infrastrukturinvestitionen seien ebenfalls erforderlich. Wenn man nötige Sanierungen etwa bei Brücken und Straßen weiter verzögere, „wird es noch teurer“, gibt Huber zu bedenken.

Gebrochene Versprechen

Die nächsten gebrochenen Versprechen samt enttäuschter Wählerschaft zeichnen sich bereits ab: Hatte es jüngst geheißen, man wolle die Mütterrente ausweiten oder die gebeutelte Gastronomie entlasten, so dürfte dies inzwischen unter Vorbehalt stehen. Denn die Grünen haben erreicht, dass im Grundgesetz im Kontext der milliardenteuren Investitionen das Wort „zusätzlich“ stehen wird. Diese Gelder können also nicht einfach für konsumptive Zwecke ausgegeben werden.

Vor der CSU-Landtagsfraktion erklärte Ministerpräsident Markus Söder nach Teilnehmerangaben zwar, die höhere Mütterrente sei sicher. Doch wer weiß schon, was beim Verhandlungspoker mit der SPD am Ende herauskommt. Erwin Huber gibt zu bedenken: „Die 5 Milliarden Euro für die Mütterrente sind kein Klacks.“ Ob man diese und andere Maßnahmen tatsächlich realisieren könne, sei „fraglich“.

Der Passauer Politologe Heinrich Oberreuter allerdings gibt zu bedenken, dass es „schwierig“ werden dürfte, abzugrenzen, was aus dem regulären Etat und was über neue Schulden finanziert wird. „Das werden interessante Debatten“, sagt er voraus.

Auch mit Blick auf den von CDU und CSU angekündigten Sparkurs. Es kursieren diverse Vorschläge: Rente mit 63 abschaffen, Renteneintrittsalter anheben, Bürgergeld reformieren, Migration begrenzen. Klingt nach jeder Menge Streit, schmerzhaften Kompromissen und vielen Enttäuschungen.
(Waltraud Taschner)

 

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