Politik

17.04.2025

Meinungsfreiheit: Hier herrscht Handlungsbedarf

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Sieben Monate auf Bewährung wegen einer Fotosatire. Die gute Nachricht: Die Kritik am Bamberger Urteil für den Journalisten David Bendels ebbt nicht ab. Bemerkenswert ist das deshalb, weil Bendels keiner derjenigen ist, die automatisch mit breiter Solidarität rechnen dürfen. Bendels ist AfD-nah und Chefredakteur des als „rechtsnational“ eingestuften Onlinemediums Deutschland-Kurier. Ende Februar 2024 hatte er auf X ein Foto geteilt, das die Innenministerin Nancy Faeser mit einem Transparent zeigt. Darauf steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit!“ Es dürfte nicht viele Menschen geben, die glauben, dass die Innenministerin sich diese Aussage zu eigen macht. Derlei nennt man eigentlich Satire, in diesem Fall neudeutsch Internet-Meme.

In Umfragen sagen 44 Prozent der Befragten, sie könnten ihre politische Meinung nicht frei äußern


Doch Faeser hielt es für geboten, Strafanzeige zu stellen. Der Vorwurf: Verleumdung einer Person des politischen Lebens, strafbar nach § 188 Strafgesetzbuch. Das Amtsgericht Bamberg gab Faeser recht und verdonnerte den Journalisten neben der Bewährungsstrafe zu einer schriftlichen Entschuldigung bei der Ministerin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Bendels geht in Berufung. Man kann nur hoffen, dass er Erfolg hat.

Unabhängig davon gehört der im Jahr 2021 eingeführte Straftatbestand der „Politikerbeleidigung“ abgeschafft. Zwar trifft es zu, dass verbale Entgleisungen, vor allem im Netz, zugenommen haben. Das allerdings trifft auch Busfahrer oder Kellnerinnen und keineswegs nur Politikerinnen und Politiker. Vor allem aber werden plötzlich Aussagen vor Gericht verhandelt, die zwar grob, aber nicht gerade bedrohlich sind: „Schwachkopf“, „Vollpfosten“, „dümmste Außenministerin der Welt“. Nicht umsonst bekunden in Umfragen inzwischen 44 Prozent der Befragten, sie könnten ihre politische Meinung nicht mehr frei äußern.

Aussagen zur Presse- und Meinungsfreiheit sucht man im 144 Seiten dicken Koalitionsvertrag vergebens


Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist auf 144 Seiten nahezu jeder Politikbereich geregelt. Appelle, die Meinungs-und Pressefreiheit zu stärken, sucht man vergebens. Tatsächlich zählt auch der Kanzler in spe Friedrich Merz zu denjenigen, die den Paragrafen zur Politikerbeleidigung gern in Anspruch nehmen. Mit dessen Abschaffung könnte die künftige Koalition, die nicht gerade mit Vorschusslorbeeren startet, mal Pluspunkte beim Volk sammeln – noch dazu kostenlos.

 

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