Beim Kampf gegen Corona bekommen viele kalte Füße. Die Bereitschaft zu lüften, um eine Ansteckung zu vermeiden, sinkt mit den Temperaturen. Dafür läuft das Geschäft mit mobilen Raumluftreinigern und -entkeimern, etwa mit ultraviolettem UVC-Licht, auf Hochtouren. Cafés und Restaurants werben mit virenfreien Innenräumen. Auch einige Schulen nutzen schon Virenfilter. Bei manchen Herstellern betragen die Lieferzeiten mehrere Wochen, hochwertige Geräte sind teils gar nicht mehr verfügbar.
Doch während bestimmte Luftreiniger etwa die Wissenschaftler der Bundeswehr-Universität München und der Universität Frankfurt überzeugten, bleiben das bayerische Gesundheitsministerium und die Stadt München skeptisch. „Die Verwendung von Luftreinigungsgeräten kann zwar die Aerosolkonzentration im Raum verringern, ersetzt jedoch nicht das Lüften“, so ein Sprecher im bayerischen Gesundheitsministerium, der auf eine Stellungnahme des Umweltbundesamts verweist.
Der Einsatz von Luftreinigern, so die Behörde, würde das Risiko einer Tröpfchenübertragung bei einem Face-to-Face-Kontakt mit einem Abstand von weniger als 1,5 Metern nicht verringern. Grundsätzlich gelte: „Die kontinuierliche Zufuhr von Frischluft ist eine wirksame Methode, um die Viruslast in der Luft zu reduzieren.“ Vom Einsatz mobiler Luftreiniger, die mit chemischen Verfahren oder ionisierender Strahlung arbeiten, rät das Umweltbundesamt ab.
Das bayerische Kultusministerium unterstützt die Träger der Schulen mit 37 Millionen Euro, um CO2-Sensoren und mobile Luftreinigungsgeräte mit Filterfunktion anzuschaffen, wo nicht ausreichend gelüftet werden kann. „Lüften ist nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen ein wichtiges Element, um Infektionen vorzubeugen. Unser Förderprogramm hilft den Schulaufwandsträgern schnell und unbürokratisch dabei, die Schulen dafür auszurüsten“, so Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).
Hepa-Filter sind effektiv und kosten etwa 3000 Euro
Die Stadt München empfiehlt ihren 350 Schulen jetzt allerdings das Stoßlüften. Experten aus den Bereichen Arbeitsschutz, Gesundheitsvorsorge und Krankenhaushygiene „halten die Anschaffung von mobilen Raumluftreinigungsgeräten nicht für sinnvoll, da die Geräte keinen nachgewiesenen infektionspräventiven Nutzen haben“, so eine Sprecherin des Referats für Bildung und Sport.
Das sieht Christian Kähler anders. Der Professor leitet das Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr in München. Wie seine Studien ergaben, können professionelle Lüftungsgeräte Sars-CoV-2-Viren mit bestimmten Hepa-Filtern allein, oder auch kombiniert mit UVC-Bestrahlung, erfolgreich dezimieren. Kähler: „Alle Schulen in Deutschland müssen mit einem ordentlichen Raumluftreiniger und Trennwänden gegen die direkte Infektion ausgestattet werden.“ Das sei wesentlich wirksamer als das Lüften selbst. Zwei bis dreimal in der Stunde zu lüften, wie es etwa das Umweltbundesamt empfiehlt, hält der Strömungsmechaniker bei gefährlichen Viren für viel zu wenig. „Eigentlich müssten Sie die ganze Zeit die Fenster öffnen, und die Kinder werden sich erkälten.“ Außerdem sei fraglich, ob die Querlüftung überhaupt funktioniere.
In einer Studie testete der Physiker zwei Geräte. Während ein Testlüfter mit einem Hepa-Filter (H 14) die virenlastigen Aerosolpartikel abfängt, arbeitet der andere zusätzlich mit UVC-Bestrahlung. Dass die künstlich erzeugte kurzwellige UVC-Strahlung Viren unschädlich macht, ergab unter anderem auch eine Studie am Universitätsklinikum Essen. „Wenn man einen Hepa-Filter der Klasse H 13 oder H 14 hat, dann scheidet der alle gefährlichen Aerosolpartikel zu 99,995 Prozent ab“, so Kählers Fazit.
Eine vergleichbare Inaktivierung mit UVC allein sei dagegen sehr viel teurer. „Hepa-Filter sind deutlich billiger und effektiver als UVC“, so Kähler. Ein Gerät, das UVC ergänzend einsetzt, hält der Wissenschaftler allerdings für „durchaus sinnvoll“. Ein gutes Gerät koste um die 3000 Euro. Zwar hängt der Preis auch von der Raumgröße ab, doch von billiger Technik – es gibt auch Geräte für 300 Euro – rät der Wissenschaftler ab. Die seien nicht wirksam genug. Es gebe viel Betrug auf diesem Markt.
Laut Kähler muss ein effizientes Gerät drei Kriterien erfüllen: Es müsse mindestens das sechsfache Luftvolumen des Raumes pro Stunde filtern sowie einen Filter der Klasse H 13 oder H 14 haben, der nach der DIN-Norm EN 1822-1 geprüft sei. „Nur diese Filter scheiden auch wirklich 99,995 Prozent der Aerosolpartikel aus, die diese Viren tragen.“ Und es solle leise sein. Ein großes, teures Gerät mit einem großen Lüfter und einer niedrigen Drehzahl höre man fast gar nicht. So ein Hochleistungsapparat ist etwa 1,50 Meter groß und hat eine Grundfläche von 50 mal 50 Zentimeter.
Auch in der in einem Preprint veröffentlichten Studie der Goethe-Universität Frankfurt fanden Atmosphärenforscher heraus, dass Luftreiniger der Filterklasse Hepa (H13) 90 Prozent der Aerosole in einem Klassenzimmer verringern und damit das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus deutlich senken.
Subventionen für Unternehmen oder Wirte gebe es derzeit aber nicht, bedauert ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums. „Wir sehen leider keine Möglichkeit, die Anschaffung von Luftreinigern zu fördern.“ Die Bundeswehr-Universität möchte nun in größerem Umfang solche Luftreinigungsgeräte etwa für Vorlesungs- oder Besprechungsräume bestellen. Wie Kähler sagt, haben das einige Kollegen und das Musik-Korps bereits getan.
(Lucia Glahn)
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