Der bayerische Ministerpräsidenten Markus Söder verurteilt die wohl illegale Protestaktion auf dem Hof des bayerischen Bauernpräsidenten Günther Felßner scharf: "Es gibt null Toleranz für Verbrechen“, sagte der CSU-Chef laut einem Bericht des „BR“.
Er empfinde "wirkliche Empörung" über den "Hass, die Hetze und Radikalität gegen einen Mann und seine Familie", sagte Söder demnach. Stall-Einbruch, Hausfriedensbruch, Bengalos mit der Gefahr eines Brandes, Drohungen im Internet – all das beeinträchtige Felßners Familie massiv.
"Brutaler Angriff"
Tierwohl sei wichtig, Verstöße dürften nicht sein, "aber nicht jeder Zweck heiligt die Mittel", erklärte der Christsoziale dem „BR“ zufolge und fügte hinzu: Die Aktion auf Felßners Hof sei ein "Angriff auf den ländlichen Raum", auf die "Lebensweise in der Landwirtschaft" und ein "brutaler Angriff auf eine einzelne Person". Das dürfe nicht ohne Folgen bleiben, so Söder. Er forderte eine „Sonderermittlung“. Die Polizei sei tätig und prüfe, am Ende müsse es auch Strafen geben.
Felßner, der Wunschkandidat von CSU-Chef Markus Söder für das Amt des Bundesagrarministers, hat sich am Dienstagnachmittag aus dem Rennen um das Ministeramt zurückgezogen. Vorausgegangen waren breite Proteste von Umwelt- und Tierschützern gegen Felßners mögliche Kür, die am Montag in einer Aktion auf Felßners Hof gipfelten: Aktivisten der Organisation "Animal Rebellion" protestierten direkt auf dem Gelände - die Polizei ermittelt nach Angaben eines Sprechers wegen Verdachts auf Hausfriedensbruch.
Felßner sah durch die Proteste, die er als "Überfall" sowie als "Einbruch" auf seinen Hof und die Privatsphäre seine Familie bezeichnete, die persönliche Sicherheit in Gefahr. "Ich bin nicht bereit, die Sicherheit meiner Familie aufs Spiel zu setzen oder den Hof und seine Tiere durch Einbrüche zu gefährden", sagte Felßner. Psychische und physische Gewalt seien bei ihm und seiner Familie allgegenwärtig.
Laut Felßner hatten seine Frau und ein Mitarbeiter während des Vorfalls "Angst um Leib und Leben". Sie sollen auf einem Dach Bengalos entzündet haben. "Das macht etwas mit einem, wenn das Zuhause von deiner Frau, deinen drei Kindern und deinem Vater nicht mehr sicher ist", sagte Felßner.
"Schwachsinn"
Spekulationen, wonach er im Laufe der Koalitionsverhandlungen den Rückhalt in der CSU-Fraktion verloren haben könnte, bezeichnete Felßner als "Schwachsinn". Die Unterstützung der CSU und auch von Parteichef Markus Söder persönlich sei vorbildlich gewesen. Er werde als bayerischer Bauernpräsident und Bundesvize des Deutschen Bauernverbandes weiterarbeiten.
Felßner war vor mehr als einem Jahr in seiner Eigenschaft als oberster Präsident des bayerischen Bauernverbandes bekanntgeworden, als er selbst in die Rolle des Demonstranten schlüpfte und sich an vorderster Front an den Bauernprotesten gegen die Abschaffung von Agrarsubventionen beteiligte. Bei einer Rede des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) auf einer Bauerndemonstration in Berlin krümmte er sich demonstrativ vor Lachen und animierte die Bauern dazu, Lindner auszubuhen. Fernsehbilder davon machten tagelang die Runde.
Nach seiner Rückzugsankündigung rief Felßner zu einer Kurskorrektur beim politischen Umgang unter Andersdenkenden auf. Unterschiedliche Meinungen müssten akzeptiert werden. Die Aktionen auf seinem Hof am Vortag nannte er eine "andere Qualität" als etwa das Vorgehen von wütenden Landwirten gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der vom Verlassen einer Fähre nach seinem Urlaub gehindert worden war.
Felßner galt quasi als gesetzt
Die Union muss sich damit einen neuen Ministerkandidaten suchen. Söder hatte Felßner, der seit 2022 Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und seit 2023 auch Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes ist, schon zum Wahlkampfauftakt im November als CSU-Wunschkandidaten für das Amt des Bundesagrarministers präsentiert.
Der 58-Jährige blieb dafür auch gesetzt, als er den Bundestagseinzug über die CSU-Landesliste verpasste. Zuletzt sah es so aus, als wäre die Personalie auch schon von CDU-Chef Friedrich Merz abgesegnet. Und von der SPD war bislang kein gesteigertes Interesse an dem Ressort bekannt. Felßners Kür galt damit mindestens als sehr wahrscheinlich.
Gleichzeitig gewannen Proteste gegen Felßners möglichen Karrieresprung an Fahrt. Kritiker erinnerten etwa an einen Strafbefehl, den der Landwirt vor einigen Jahren akzeptierte, wegen Boden- und Gewässerverunreinigung - es ging dabei um die Einleitung von Sickerwasser aus Silos in den Boden. Folglich gab es auch viele legitime Proteste.
Die Organisation Campact und das Umweltinstitut München starteten jeweils Online-Petitionen gegen eine Ernennung Felßners zum Bundesagrarminister: Felßner vertrete einseitig die Interessen der Agrarindustrie, er wolle Klimaschutzmaßnahmen abschaffen, sei ein Umweltsünder. Der Bauernboss habe auch behauptet, dass der Artenschwund nichts mit Pestiziden zu tun habe, so Kritiker.
Spekulation um Personalien für Kabinett
Mit Felßners Rückzug dürften die CSU-Kabinettsspekulationen neu an Fahrt gewinnen. In der Regel besteht die CSU-Landesgruppe darauf, Kabinettsposten aus ihren eigenen Reihen besetzen zu können. Söder hatte aber argumentiert, ihm stehe als Parteichef sozusagen das Recht auf eine externe Besetzung zu.
Als mögliche Ersatzkandidatin wird nun vereinzelt schon die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber gehandelt. Die personelle Besetzung der Ministerposten steht aber am Ende der Koalitionsverhandlungen.
(dpa, till, BSZ)
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