Die CSU-Delegierten trafen sich in der BMW-Welt in München, um ihre Liste aufzustellen. Die Union sollte nach Ansicht von CSU-Chef Markus Söder bei der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl keine großen inhaltlichen Zugeständnisse machen. "Wir dürfen nicht wohlfeile Kompromisse anbieten, wir müssen grundlegend an die Dinge rangehen", sagte Bayerns Ministerpräsident. Die Union müsse in Deutschland etwas ändern. "Tun wir es nicht, werden es irgendwann andere tun. Anti-Demokraten haben einen langen Atem, sie stehen vor der Tür."
Gut zwei Monate vor der Bundestagswahl rief Söder die Union deshalb zu einem grundlegenden Regierungs- und Richtungswechsel in Deutschland auf. Nach dunklen Jahren der Ampel-Koalition gebe es eine Chance auf einen Neuanfang. "Deutschland muss wieder in Ordnung gebracht werden." Die Ampel hinterlasse einen faktischen und psychologischen Scherbenhaufen. "Statt Hoffnung Depression, statt internationaler Anerkennung Isolation."
Söder: Wahlprogramm muss auch umgesetzt werden
"Es ist Zeit, dass sich was ändert in Berlin", sagte Söder. Deshalb reiche es auch nicht, nur Minister auszutauschen. "Wir müssen grundlegend an die Dinge rangehen." Es brauche eine "ernsthafte Politik für ernsthafte Zeiten" und "verdammt noch mal Kompetenz". Dazu gehöre, dass die wichtigsten Punkte des Wahlprogramms der Union auch umgesetzt würden: "Das Programm dient nicht dazu, es nach der Wahl neu zu schreiben."
Die Vorstände von CDU und CSU wollen das gemeinsame Wahlprogramm an diesem Dienstag in Berlin beschließen. Das Programm ermögliche einen "echten Richtungswechsel", sagte Söder. "Mit diesem Wahlprogramm zeigen wir, dass es anders geht." Im 79-seitigen Entwurf schreiben sich CDU und CSU unter anderem Steuersenkungen und einen härteren Asylkurs auf die Fahnen. Zudem listen sie viele Projekte der Ampel auf, die rückabgewickelt werden sollen: etwa die Legalisierung von Cannabis, das Wahlrecht und das Heizungsgesetz.
Klare Absage an Schwarz-Grün
Mit Blick auf mögliche Regierungsbündnisse nach der Wahl hält Söder an seiner klaren Ablehnung von Schwarz-Grün fest. Die Debatte über Schwarz-Grün schade der Union, weil sie die Menschen verwirre, sagte er in seiner knapp einstündigen Rede. "Ich kann nur sagen, natürlich ist die AfD der Feind, aber die Grünen brauchen wir nicht in der Regierung." Aber auch die SPD werde ein "dicker Brocken", weil etwa das Bürgergeld abgeschafft werden müsse.
Bei der Delegiertenversammlung wählte die CSU wie schon 2021 ihren Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, zum Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. Er erhielt 93 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Auch er ging in seiner Rede hart mit der Ampel-Regierung ins Gericht: "Olaf Scholz hat abgewirtschaftet, Deutschland hat eine bessere Regierung verdient." Es brauche einen Politikwechsel: "Wir wollen nicht das Land verändern, wir wollen nicht die Menschen verändern, wir wollen die Politik verändern." Das sei der Unterschied zwischen Linksaußen und Rechtsaußen und der CSU und der Union in der Mitte.
Dobrindt war schon 2021 als CSU-Spitzenkandidat ins Rennen gezogen. Von 2013 bis 2017 war er Bundesverkehrsminister, dann wurde er Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten und verzichtete auf eine Rückkehr ins Kabinett.
Das soll diesmal anders sein: CSU-Chef Markus Söder hatte bei Dobrindts Nominierung im CSU-Vorstand vor einigen Wochen bereits angekündigt, dass Dobrindt bei einem Unionssieg ein zentrales Ministeramt übernehmen soll.
Bauernpräsident Felßner auf Platz drei
Auf Platz drei der Liste geht der Präsident des Bayerischen und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands, Günther Felßner, für die CSU ins Rennen. Er ist der bestplatzierte Bewerber, der nicht auch in einem Wahlkreis direkt antritt. Ihn will Söder bei einem Wahlsieg gerne zum Bundesagrarminister machen.
Um die weiteren vorderen Listenplätze gab es dem Vernehmen nach einige Rangeleien und Diskussionen. Vorgeschlagen und auch gewählt wurden am Ende folgende Bundestagsabgeordnete: Andrea Lindholz auf Platz zwei, Daniela Ludwig auf Platz vier und Alois Rainer auf Platz fünf. Diese fünf Namen werden auch in der CSU-Zweitstimmenspalte namentlich aufgeführt. Das Nachsehen hatten hier etwa die Abgeordneten Dorothee Bär und Florian Hahn.
Für die CSU spielen die Plätze auf der Liste anders als bei anderen Parteien nur eine untergeordnete Rolle. So haben etwa die 45 Abgeordneten, die derzeit im Bundestag sitzen, ihre Wahlkreise jeweils direkt gewonnen und sich so ihr Mandat gesichert. Allein über die Liste kam niemand zum Zug. Darüber ziehen nur Kandidaten in ein Parlament ein, die kein Direktmandat ergattern, wenn der Partei zugleich entsprechend dem Zweitstimmenanteil weitere Sitze zustehen.
Wegen des neuen Bundestagswahlrechts und dem Wegfall von Überhang- und Ausgleichsmandaten könnte die CSU-Liste diesmal womöglich noch weniger Bedeutung haben. Denn für die Zahl der Sitze im Parlament ist künftig allein das Zweitstimmenergebnis einer Partei entscheidend - auch dann, wenn sie mehr Wahlkreise direkt gewonnen hat. In dem Fall gehen die Wahlkreissieger mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen leer aus. Das könnte auch einzelne CSU-Wahlkreisgewinner treffen. Andererseits ist auch nicht ausgeschlossen, dass alle CSU-Direktkandidaten den Einzug in den Bundestag schaffen - und dass mit Felßner noch jemand von der Liste zum Zug kommt. Dies wird vom tatsächlichen Wahlergebnis der CSU - bundesweit gesehen - abhängen.
Jamila Schäfer ist Spitzenkandidatin der Grünen
Die Münchner Abgeordnete Jamila Schäfer führt die bayerischen Grünen in den Bundestagswahlkampf. Die Delegierten wählten sie am Wochenende in Hirschaid bei Bamberg zur Spitzenkandidatin. Auf Platz zwei und drei folgen zwei prominente Köpfe aus der Bundespolitik: Toni Hofreiter, Chef des Europaausschusses im Bundestag, und Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Schon im Vorfeld hatte Roth angekündigt, sich nicht mehr als Spitzenkandidatin aufstellen zu lassen. Sechs Mal hatte Roth Bayerns Grüne auf Listenplatz eins in den Wahlkampf geführt. Schäfers Nominierung sei ein Zeichen für den Übergang, "das finde ich gut", sagte die 69-Jährige.
Der Co-Bundesvorsitzende Felix Banaszak rief die bayerischen Grünen zu Zuversicht auf. Die Grünen hätten die richtigen Antworten für diese Zeit. Man wolle in Schulen und Kitas investieren sowie in die Infrastruktur. "Wir wollen, dass die Bahn verlässlich fährt und der Bus häufiger kommt."
Schäfer holte Direktmandat in München
Am Vortag hatte Kanzlerkandidat und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Grußbotschaft per Video übermitteln lassen. Auch er stimmte auf den Wahlkampf ein: "Raus aus den Hallen, raus auf die Straßen!"
Schäfer hatte 2021 in München-Süd ein Direktmandat für die Grünen geholt - es war der einzige bayerische Stimmkreis, der nicht an die CSU ging. "Mich motiviert jeden Tag, insbesondere auch als junge Mutter, dass die kommenden Generationen ein Recht auf ein Leben in Frieden und Freiheit haben", sagte die 31-Jährige. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehörten zusammen. Der Weg in die Klimaneutralität sei anstrengend, aber notwendig. Es sei wichtig, die Lasten gerecht zu verteilen.
Die Grünen kamen 2021 in Bayern bei der Bundestagswahl auf etwa 14 Prozent, aktuelle Umfragen sehen sie unter diesem Wert.
Hofreiter: "Haben noch viel vor"
Hofreiter sagte, die Grünen hätten während ihrer Regierungsbeteiligung bürokratische Hemmnisse für erneuerbare Energien abgebaut: "So geht gute Wirtschaftspolitik." Deutschland brauche eine saubere Stahl- und eine saubere Chemieindustrie. "Wir haben noch viel vor.
Zugleich betonte er die Rolle seiner Partei in der Ukraine-Politik: Die Grünen seien am klarsten, was die Unterstützung für das von Russland angegriffene Land betreffe. In diesem Konflikt brauche es Stärke. So bitter es sei - man müsse das überfallene Land mit Waffen unterstützen, bekräftigte er.
Claudia Roth teilt gegen Söder aus
Roth sprach sich in ihrer Rede für Anstand und Fairness in der Politik aus - und griff CSU-Chef Markus Söder scharf an. Er zeige "pathologische Hetze" gegen die Grünen. Besonders heftig kritisierte sie eine Aktion auf Söders Polen-Reise. Sein Kniefall in Warschau vor wenigen Tagen sei ein "absoluter Tiefpunkt" gewesen: Das Andenken an den großen Staatsmann Willy Brandt (SPD) habe das nicht verdient - Söders Geste sei nur ein "Social-Media-Funfact", danach sei das Foto mit einer polnischen Wurst gekommen.
Am 7. Dezember 1970 hatte der damalige Bundeskanzler Brandt einen Kniefall vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos gemacht - das Bild wurde zum Symbol der Aussöhnungsbemühungen der Bundesrepublik mit seinen Nachbarn im Osten.
Klaus Ernst führt Landesliste des BSW an
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) geht in Bayern mit Klaus Ernst an der Spitze in die Bundestagswahl. Der erst vor kurzem gegründete Landesverband kürte den früheren Bundesvorsitzenden der Partei Die Linke zur Nummer eins der Landesliste, wie Ernst selbst der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Ernst ist auch einer der beiden Landesvorsitzenden. Auf Platz zwei der Liste zur Bundestagswahl am 23. Februar folgt mit Simone Ketterl ebenfalls eine ehemalige Linken-Politikerin. (Christoph Trost, Marco Hadem, Kathrin Zeilmann und Christof Rührmair, dpa)
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