Politik

Nach dem Bruch der Koalition im November ist die geplante Kindergrundsicherung hinfällig. Auch die lange versprochene Familienstartzeit, die Vätern mit neugeborenem Kind eine zusätzliche Auszeit von zwei Wochen verschaffen sollte, wird nicht mehr kommen. Kommt noch eine Erhöhung des Kindergelds? (Foto: Picture Alliance/AP/Michael Probst)

10.12.2024

Paus bedauert Scheitern der Kindergrundsicherung

Mit einigen Gesetzen, die das Leben von Familien verbessern sollen, befasst sich noch der Bundestag. Für andere Projekte gibt es keine Hoffnung mehr. Ministerin Paus zieht eine gemischte Bilanz

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bedauert das Scheitern der lange angestrebten Kindergrundsicherung. "Leider hat das Gesetz nun sehr lange im Deutschen Bundestag gelegen. Die Blockade kam insbesondere vonseiten der FDP-Fraktion. Das ist sehr bedauerlich", sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur.

Was sie besonders schmerze: Nicht einmal der angekündigte Kindergrundsicherungscheck - ein Online-Tool, das Familien im ersten Schritt einen Überblick über ihre Leistungsansprüche verschaffen sollte - werde umgesetzt. "Es ist sehr misslich und ein gefühlter Rückschritt für die Familien in Deutschland, dass durch die langwierigen Debatten im Parlament der Kindergrundsicherungscheck in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen wird", erklärte Paus.

Zugleich räumte sie Fehler bei der Planung der Sozialreform ein. "Wir hätten von vornherein, schon während der Koalitionsverhandlungen, das Preisschild machen und Summen im Koalitionsvertrag hinterlegen müssen - gerade für eine so ambitionierte Sozialreform wie die Kindergrundsicherung", sagte Paus.

Sozialreform sollte Millionen Kindern zugutekommen

Die Kindergrundsicherung ist vor etwa drei Jahren als Vorhaben der ehemaligen Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag verankert worden. Mit der Sozialreform sollten bisherige Leistungen gebündelt werden und etwa 5,6 Millionen Kindern und Jugendlichen zugutekommen.

Den Grünen schwebte ursprünglich eine grundlegende Reform des Systems vor, die es ermöglichen würde, dass die Leistungen künftig von einer einzigen Stelle ausgezahlt werden könnten. Den Familien sollte so Bürokratie erspart werden. Doch vor allem die FDP hatte immer wieder Zweifel am Sinn der Reform angemeldet und vor zu hohem Bürokratieaufwand gewarnt. Auf wichtige Umsetzungsdetails konnte sich die Koalition letztlich nicht einigen.

Nach dem Bruch der Koalition im November ist das Projekt hinfällig. Auch die lange versprochene Familienstartzeit, die Vätern mit neugeborenem Kind eine zusätzliche Auszeit von zwei Wochen verschaffen sollte, wird nicht mehr kommen.

Die Familienministerin verweist dennoch auf Fortschritte: So sei unter anderem das Kindergeld von 219 auf 250 Euro erhöht worden. Auch der Kinderzuschlag, der ärmeren Familien zusteht, sei durch die öffentliche Debatte deutlich stärker abgerufen worden. Die Zahl der Empfänger habe sich allein in diesem Jahr um 30 Prozent auf 1,3 Millionen Kinder erhöht, erklärte Paus.

Kindergelderhöhung zum 1. Januar auf der Kippe

In den kommenden Wochen gehe es darum, noch weitere Verbesserungen für Familien zu erzielen. Gerungen wird im Parlament bis zur Bundestagswahl unter anderem noch um eine Erhöhung des Kindergelds und des Kindersofortzuschlags um jeweils fünf Euro.

Diese beiden Anpassungen galten als eine Art Vorstufe zur angestrebten Kindergrundsicherung und sollten am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Doch mit dem Bruch der Koalition ist eine Umsetzung unwahrscheinlicher geworden, da SPD und Grünen im Parlament die Mehrheit fehlt.

Paus appellierte an alle Parteien, die Erhöhungen mitzutragen. "Die Familien warten auf die Kindergelderhöhung, viele haben die Erhöhung bereits eingerechnet", betonte sie. "Ohne Kindergelderhöhung entstünde ein großer Schaden für die soziale Gerechtigkeit." (Fatima Abbas, dpa)

Kommentare (1)

  1. oromet vor 2 Wochen
    Ich beschäftige mich seit 40 Jahren mit der Gesetzgebung im sozialen Sektor und kann nur sagen, dass es gut ist, dass die Kindergrundsicherung nicht kommt. Ein derart wenig durchdachtes Gesetz habe ich vorher noch nicht gesehen.

    Wer mit der Praxis zu tun hat wird auch schnell erkennen, dass diese Form der Familienförderung nicht zielführend ist. Sigmar Gabriel hat auch vollkommen recht, wenn er sagt, dass arme Kinder auch immer arme Eltern haben. Im Übrigen hat er auch recht wenn er sagt, dass die Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern einfach nicht gut sind.

    In den letzten 40 Jahren wurde zwar das Kindergeld immer wieder erhöht, dies ist aber keine echte Familienförderung. Denn eigentlich gilt in Deutschland, dass sich alles den wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat. Dazu kommt noch die Förderung der Selbstverwirklichung .... vllt. erinnern sich noch manche an die Werbung "Mein Haus, mein Auto, mein Boot.....".

    Es muss ein Umdenken stattfinden. Familien mit Kindern bilden das Fundament unserer Gesellschaft, ohne die es auf lange Sicht nicht funktioniert und wir werden es in den kommenden Jahren immer mehr spüren. Menschen die nach max. Freiheit für sich selbst streben tragen die Gesellschaft nicht - im Gegenteil, sie werden zur Last. Und das Schlimme ist, es sind mittlerweile zu viele und sie tragen die Last nicht. Sie müssen einen massiven Beitrag leisten, z. B. durch verdoppelung der Beiträge zur Pflegeversicherung und Erhöhung der Einkommenssteuer. Bei Familien mit Kindern müssen die Ansprüche auf Betreuung der Kinder in Kindergärten, Kitas und Schulen auch realisierbar sein. Es nützt nichts, wenn soetwas im Gesetz steht und doch nicht geleistet wird. Denn wenn diese Ansprüche nicht erfüllt werden würde ich auch gern die Beiträge und Steuern kürzen.

    Vor allem aber braucht es echte eigene Kompetenz in den Ministerien auf allen Ebenen, damit man den Einfluss von Lobbyisten und Interessensverbänden zurückdrängen kann.
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