Nach dem desaströsen Abschneiden der Freien Wähler bei der Bundestagswahl fordert eine Gruppe junger Landtagsabgeordneter um Digitalminister Fabian Mehring eine neue Strategie für die Partei. "Wenn wir uns zur Volkspartei entwickeln wollen, dürfen wir zukünftig nicht nur die Partei des ländlichen Raums und der Landwirtschaft bleiben, sondern uns auch zur Heimat für junge, wertorientierte Konservative machen, die moderne und progressive Ansätze schätzen", sagte Julian Preidl, der Vorsitzender der Jungen Gruppe der Freien Wähler im bayerischen Landtag ist.
Reicht Aiwanger als "Aushängeschild" nicht aus?
Zwar sei Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger weiter das Aushängeschild der Partei und einer der bekanntesten und beliebtesten politischen Persönlichkeiten Deutschlands. "Doch um als Partei weiterzuwachsen, müssen wir uns breiter aufstellen", hieß es weiter.
Die Gruppe der Jungparlamentarier stellte sich damit explizit hinter eine Aussage von Minister Mehring, der nach der Wahl in einem Interview erklärt hatte, dass die Freien Wähler ihre bisher von Aiwanger auf den ländlichen Raum festgelegte Strategie ändern müsse: "Wenn wir darüber hinaus wachsen und mittelfristig die zweite Volkspartei in Bayern werden wollen, müssen wir uns aber zusätzlich neue Wählerschichten erschließen."
Im Kern sprechen sie die Parlamentarier für mehr Sichtbarkeit anderer Parteimitglieder abseits von Aiwanger aus: "Die Wahlen werden immer mehr zu Persönlichkeitswahlen. Wir müssen diese Stärke gezielt nutzen und die Menschen von unseren bodenständigen und glaubwürdigen Persönlichkeiten überzeugen", sagte Preidl. Dies müsse stärker in den Fokus der Kommunikation gerückt werden und personell breiter aufgebaut werden.
Die Freien Wähler hatten bei der Bundestagswahl auch in Bayern massive Stimmverluste hinnehmen müssen und waren nur bei 4,3 Prozent gelandet. Bundesweit holten sie gerade einmal 1,5 Prozent der Stimmen. Aiwanger führt die Partei seit vielen Jahren unangefochten an und bestimmt auch ihren Kurs.
Programmatisch breiter aufstellen und "Riesen-Potenzial" nutzen
Zudem müsse sich die Partei sich programmatisch breiter aufstellen, wie auch Mehring im Interview der in München erscheinenden "Abendzeitung" sagte: "Darüber hinaus müssen wir aber zusätzlich zur Heimat für junge Konservative werden, die es etwas moderner und progressiver wollen. Und vor allem sollten wir erste Anlaufstelle für all die Liberalen sein, die wegen des Ausscheidens der FDP keine politische Heimat mehr haben." Es gehe aber nicht darum, die Anhänger von Aiwanger zu ersetzen. Auch durch den konservativeren Kurs von CDU und CSU eröffne sich den Freien Wähler ein "Riesen-Potenzial".
Die neu gegründete Junge Gruppe der Freien Wähler im Landtag versteht sich als Plattform für die jüngsten Parlamentarier. Sie existiert seit April 2024, neben Preidl und Mehring sind auch die Abgeordneten Marina Jakob, Tobias Beck, Felix Locke und Felix von Zobel mit von der Partie.
Kritik auf Bundesebene
Auch auf Bundesebene gibt es Kritik. So ist für den ehemaligen rheinland-pfälzischen FW-Landesvorsitzenden Stephan Wefelscheid nach der "krachenden Wahlniederlage" klar: "Wir brauchen eine Debatte über den künftigen Kurs." Durch die schwächelnden Liberalen und das nach rechts rücken der Christdemokraten sei viel Potenzial in der Mitte frei geworden, zitiert ihn der "BR". "Hier hätten wir ein Angebot machen können, anstatt uns im rechten Block zerreiben zu lassen."
Unterstützung für Mehrings Forderung kommt auch von FW-Bundesgeneralsekretär Gregor Voht. Er sagte dem "BR": "Diese Grundidee ist mir absolut sympathisch. Und über die müssen wir jetzt in der Partei sprechen." Die FW müssten sich auf ihre Wurzeln und Traditionen als "einzige echte Mitte-Partei" besinnen.
Unterstützung für Aiwanger kommt dagegen aus Sachsen. Aiwanger gebe den Kurs der Partei vor, zitiert der "BR" den sächsischen Landeschef Thomas Weidinger. Wenn Generalsekretär Voht die von diesem eingeschlagenene Richtung in Frage stelle, sei er für sein Amt ungeeignet. "Meine Person und die gesamte Landesvereinigung Sachsen fordern daher seinen Rücktritt", so Weidinger. Für ihn ist klar: "Links der CDU gibt es genügend andere Parteien, die Freien Wähler gehören nicht dazu." (BSZ/dpa)
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