Politik

In Bambergs Ankerzentrum leben Flüchtlinge auf einem Gelände, das früher die US-Armee genutzt hat. Sie bekommen hier Essen, die Kinder gehen zur Schule. Und vor allem: Die Menschen warten - darauf, ob ihr Asylantrag abgelehnt oder bewilligt wird. Doch geht es nach der Stadt Bamberg, dann soll das Zentrum spätestens Ende 2025 schließen. (Foto: dpa/Daniel Vogl)

14.11.2024

Ringen um das Bamberger Ankerzentrum geht weiter

Die Position der Stadt ist klar: Ende kommenden Jahres muss die zentrale Einrichtung für Flüchtlinge in Bamberg schließen. So ist es vereinbart. Noch aber fehlt eine klare Aussage der Staatsregierung

Es ist eine Stadt in der Stadt: In Bambergs Ankerzentrum leben Flüchtlinge auf einem Gelände, das früher die US-Armee genutzt hat. Sie bekommen hier Essen, die Kinder gehen zur Schule. Und vor allem: Die Menschen warten - darauf, ob ihr Asylantrag abgelehnt oder bewilligt wird. Die Idee der Staatsregierung: Hier sollen alle Fragen rund um Asylverfahren gebündelt möglichst zügig geklärt werden. Etwa 1.400 Menschen lebten im Oktober in der Einrichtung. 

Doch geht es nach der Stadt Bamberg, dann soll das Zentrum spätestens Ende 2025 schließen. Die Kommune beruft sich auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 2015, wonach der Betrieb auf zehn Jahren festgeschrieben wurde. Mit einem einstimmigen Stadtratsbeschluss im Rücken hat Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) die Forderung in einem Gespräch mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor einigen Tagen noch einmal bekräftigt: Er ist für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen als Alternative zum Ankerzentrum.

Die Stadt will auf dem früheren US-Militärgelände Wohnraum schaffen und einen neuen Stadtteil entwickeln. Außerdem sollen die Belastungen reduziert werden, die den Anwohnern im Bamberger Osten durch das Zentrum entstanden seien, lautete der Tenor.

Ministerium hält sich bedeckt

Herrmann sagte nach dem Treffen, er sei "offen für konkrete und bezahlbare Vorschläge für anderweitige Unterbringungskonzepte". Man werde weiterhin im Dialog bleiben für eine tragbare Lösung für Stadt und Freistaat. 

Man hält sich also bedeckt in München. Zugleich erinnerte Herrmann die Stadt daran, dass das Zentrum ja auch Vorteile habe: Es gebe neben dem Ankerzentrum keine Zuweisungen von geflüchteten Menschen, die Stadt müsse nicht für zusätzliche Kita-Plätze sorgen, es brauche keine Plätze in den Schulen für geflüchtete Kinder und der Wohnungsmarkt werde entlastet.

Unterricht im Ankerzentrum

Tatsächlich besuchen Kinder, die im Ankerzentrum leben, keine öffentlichen Schulen im Stadtgebiet, sondern sie werden vor Ort beschult. Der Unterricht starte in der Regel bereits kurz nach Ankunft der Kinder, informierte eine Sprecherin der Regierung von Oberfranken. Die Behörde ist verantwortlich für den Betrieb der Einrichtung.

Die Beschulung finde grundsätzlich in sogenannten Deutschklassen statt mit Schwerpunkt auf Sprachförderung. Schülerinnen und Schüler bekämen das gleiche Unterrichtsangebot wie neu aus dem Ausland zugezogene Kinder an Regelschulen. Für Kinder im Vorschulalter gebe es eine kindergartenähnliche Einrichtung.

2015 wurde das frühere Kasernengelände zur großen Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert - zunächst für Menschen aus Balkanländern mit geringer Bleibeperspektive, dann für viele weitere Flüchtlinge. 

Ankerzentren wurden zum zentralen Bestandteil der bayerischen Flüchtlingspolitik, inzwischen gibt es sie in allen Regierungsbezirken. Unter Horst Seehofer (CSU) als Bundesinnenminister sollten sie deutschlandweit etabliert werden, die Ampelkoalition dagegen wollte sie wieder schließen. Wie die Debatte weitergeht? Alles ist offen, auch mit Blick auf die Bundestagswahlen am 23. Februar.

"Isolation, Entrechtung, Ausgrenzung"

Die Ankerzentren - die Abkürzung steht für Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehrzentren - sind umstritten. In einem Aufruf aus dem Jahr 2021, den zahlreiche Wohlfahrtsverbände, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen unterzeichnetem, hieß es, es sei nicht gelungen, die Asylverfahren in den Zentren substanziell zu beschleunigen.

Die Zentren führten vielfach zu Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung. Die Menschen hätten kaum Kontakte nach außen und nur beschränkte Möglichkeiten, sich zu bilden. Die Bedingungen in den Einrichtungen verletzten die Würde und die Rechte von Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. 

Im gleichen Jahr notierte der bayerische Flüchtlingsrat über die Bamberger Unterkunft: "Solche großen Sammellager für Geflüchtete sind rechtsfreie Räume, machen Gesunde krank und Kranke kränker, sind Orte struktureller und persönlicher Gewalt". Die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner könne nicht gewährleistet werden. Außerdem leisteten sie Vorurteilen gegen Geflüchteten Vorschub. (Kathrin Zeilmann, dpa)

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