Probleme beim Fliegen kennt man zur Genüge. Meist steckt Personalmangel dahinter. Jetzt lassen zwei aufsehenerregende Fälle von Flughafenblockaden fürchten, die Letzte Generation könnte mit ihren Aktionen auch den Ferienbeginn in Bayern verhageln.
Mehrere Stunden lang lag der Flugbetrieb zum Ferienstart in Hamburg lahm, weil sich Aktivisten auf dem Rollfeld festgeklebt hatten. Ankommende Flugzeuge mussten umgeleitet, Abflüge gestrichen werden. „Wo, wenn nicht auf einem Flughafen, ist der richtige Ort, gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu protestieren?“, fragt Miriam Meyer von der Letzten Generation.
Die Aktivistin hat den Zaun des Hamburger Flughafens überwunden, um mit dem Rad übers Rollfeld zu fahren. Ein besonderes Unrechtsbewusstsein liegt ihr fern. Ihr Argument: „Die Welt brennt und wir sind die letzte Generation, die die Chance hat, den Feuerlöscher in die Hand zu nehmen. Stattdessen lassen wir zu, dass unsere Regierung den Flugverkehr, einen bedeutenden Brandbeschleuniger der Katastrophe, jährlich mit Milliarden subventioniert.“
Letzte Generation verrät Pläne in Bayern nicht
Auch in Düsseldorf haben Aktivisten und Aktivistinnen den Zaun überwunden, der das Flughafengelände sichern soll. Aus ihrer Sicht eine berechtigte Form des Protests. Denn die Regierung breche das Klimaschutzgesetz, indem das Verkehrsministerium kein Klimaschutzsofortprogramm auflege, um die Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Also pappen sich die Aktivisten auf dem Rollfeld fest.
Ob sie Ähnliches auch an bayerischen Flughäfen vorhaben, dazu äußerte sich das Presseteam Bayern der Letzten Generation auf Anfrage nicht. Vorbereitet sind die Sicherheitsbehörden trotzdem.
Wie ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums erklärt, hat die bayerische Polizei zusammen mit den Flughafenbetreibern Sicherheitskonzepte entwickelt, die auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse abgestimmt sind. „Das beinhaltet bei Bedarf auch eine erhöhte Polizeipräsenz.“ Die aktuellen Blockadeaktionen der Klimaaktivisten würden bei der Lagebeurteilung und den Schutzmaßnahmen berücksichtigt. „Bei entsprechenden Aktionen wird die bayerische Polizei sofort einschreiten.“ Wichtig sei, eine Blockade der Landebahn so schnell wie möglich aufzulösen, damit der Flugverkehr wieder aufgenommen werden kann.
Einfach ist es allerdings nicht, ein Flughafengelände zu sichern. Zwar sind die deutschen Flughäfen verpflichtet, Zäune einzuziehen. Aber: Über einen Zaun kann man drüberklettern. Und es genügt ein Bolzenschneider, um ihn kaputt zu machen. Entscheidender für die Sicherheit eines Flughafens ist die Überwachung des Zaunes durch die Polizei vor Ort – und eine schnelle Reaktion, sollten Verdächtige sich am Zaun zu schaffen machen.
Sehr viel Personal benötigt
Beides erfordert, zusätzlich zu elektronischen Überwachungssystemen, sehr viel Personal. Denn die Zäune sind lang. Allein der Zaun in München misst knapp 40 Kilometer, die lückenlos überwacht werden müssten. Ein Sprecher vom Nürnberger Flughafen verweist auf „Alarmketten“, die man etabliert habe: Polizei, Flughafenbetreiber und die Flugsicherung werden demnach alarmiert, sobald jemand versucht, unbefugt in den Sicherheitsbereich des Flughafens zu gelangen. Ein Sprecher des Münchner Flughafens erklärt, Sicherheitsmaßnahmen würden von der Bundes- und Landespolizei sowie der Flughafen-Konzernsicherheit im ständigen Austausch und in enger Zusammenarbeit durchgeführt.
Erfahrungen mit Eindringlingen hat man hier bereits sammeln dürfen: Am 8. Dezember vergangenen Jahres haben sich vier Umweltaktivist*innen auf einem Rollweg festgeklebt, drei weitere wurden beim Versuch, den Sicherheitszaun zu überwinden, gefasst. Im Februar 2022 gelang es, eine spektakuläre Aktion zu vereiteln: Die Polizei konnten zwei Aktivisten daran hindern, den Flugbetrieb zu stören – mit 94 aufsteigenden Luftballons.
Bundesjustizminister Marco Buschmann weist in einem Tweet darauf hin, dass die Aktionen die Letzte Generation teuer zu stehen kommen können: „Zudem müssen die Blockierer neben strafrechtlichen Folgen gegebenenfalls auch mit millionenschweren Schadenersatzforderungen rechnen.“ Auch das bayerische Innenministerium warnt: „Jede Straftat wird konsequent verfolgt.“
Empörter Innenminister
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigt sich empört über die Blockaden: „Flughafenblockaden sind kein friedlicher Protest für mehr Klimaschutz, sondern ernst zu nehmende Straftaten, die konsequent verfolgt werden müssen.“ Es sei absolut unverantwortlich, durch Blockadeaktionen in den Flugverkehr einzugreifen. Mit diesen „irrsinnigen Aktionen“ werde eine Vielzahl anderer Menschen potenziell gefährdet, wenn Flugzeuge nicht regulär landen können, gerade bei Notfällen oder Treibstoffmangel. „Ich bin entsetzt, dass das diesen verbohrten Klimaaktivisten offensichtlich völlig egal ist“, schimpft Herrmann.
Der Berliner Senat sieht das anders. Laut einer juristischen Prüfung mache sich, wer einen Zaun aufschneidet und sich auf den Flughafen schleicht, eventuell wegen einer Sachbeschädigung und Hausfriendensbruch strafbar. Ein schwereres Delikt wie etwa ein "gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr" liege trotzdem fern. "Allein, dass der Flugverkehr aus abstrakten Sicherheitsgründen eingestellt wurde, genügt für eine Tatbestandserfüllung nicht", zitiert die SZ aus dem Gutachten.
Trübe Aussichten also für Urlaubende. Unterdessen könnte sich immerhin die Personalsituation am Flughafen ein wenig entspannt haben: Wie ein Sprecher des Münchner Flughafens berichtet, wurden in den vergangenen sechs Monaten annähernd 400 neue Beschäftigte eingestellt. Sein Resümee: „Wir haben ausreichend Personal, um den zu erwartenden Verkehr abzufertigen.“ Auch der Nürnberger Flughafen hat Personal aufgestockt. Man sei, so ein Sprecher, „insgesamt gut aufgestellt, was sich bereits in den störungsfreien Pfingstferien zeigte“. (Monika Goetsch)
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