Bessere Bezahlung, günstigerer Wohnraum und eine Imagekampagne: Die Ideen der bayerischen Staatsregierung, mit denen sie den Fachkräftemangel in der Pflege bekämpfen und Hunderttausenden Menschen helfen will, sind vielfältig. Nur müssten möglichst schnell spürbare Ergebnisse in der Praxis ankommen, mahnte der Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, Georg Sigl-Lehner.
Als Beispiele nannte er sichere Dienstpläne, regelmäßige Freizeit, geregelte Fort- und Weiterbildung. "Das wiederum setzt aber voraus, dass sich die Personalschlüssel am tatsächlichen Pflegebedarf orientieren, also deutlich verbessern", erklärte Sigl-Lehner. "Das würde das Image des Pflegeberufes sofort verbessern. Imagekampagnen müssen sich am Bild in der Praxis messen lassen."
Am Dienstag beschloss das Kabinett, für 54 000 Euro in Dachau bei München eine spezielle Wohnungsvermittlung für Menschen in Sozial- und Gesundheitsberufen zu schaffen, "um diesen Arbeitnehmern Wohnraum zu angemessenen Preisen zu vermitteln". Beim Bund will sich die Staatsregierung dafür einsetzen, dass die steuerlichen Regeln so geändert werden, dass Pflegekräfte günstiger an Wohnungen kommen.
Imagekampagne über Karrierechancen
Ein weiteres Ziel ist dem Bericht zufolge, dass Tarifverträge in der Langzeitpflege flächendeckend gelten und die Menschen besser bezahlt werden. Eine Imagekampagne soll ab Herbst 2020 Jugendliche über Karrierechancen in der Pflege informieren und so Nachwuchs gewinnen. Zudem soll ein "Bündnis für Fachkräftenachwuchs in der Langzeitpflege" gegründet werden, in dem unter anderem Kostenträger und die Vereinigung der Pflegenden in Bayern sein sollen. Für den 23. Oktober ist eine vorbereitende Sitzung geplant.
Der Pflegestatistik zufolge gab es 2017 rund 400 000 Pflegebedürftige in Bayern. Mehr als 159 000 Menschen waren laut Pflegeministerium in München in der Langzeitpflege beschäftigt, also in Pflegediensten und -heimen. Davon arbeitete ein knappes Drittel in Vollzeit, gut ein Viertel weniger als einen halben Tag oder geringfügig. Rund 40 Prozent arbeiteten mehr als halb-, aber weniger als ganztags.
Das Ministerium hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das den Bedarf an ambulanter und stationärer Pflege sowie an Pflegekräften bis 2050 ermitteln soll. Es solle im kommenden Sommer vorliegen, teilte ein Sprecher mit. Pflegeministerin Melanie Huml (CSU) sagte: "Der Bedarf an Pflegekräften steigt." Die Gründe seien unter anderem die demografische Entwicklung und der medizinische Fortschritt. "Zwar haben auch die Zahlen der Beschäftigten und der Auszubildenden in der Pflege in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Sie können aber mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten."
Die Staatsregierung hatte das Aktionsprogramm für mehr Fachkräfte in der Altenpflege bereits vergangenes Jahr auf den Weg gebracht. Eine dort angedachte "Ombudsperson" für die Belange Auszubildender in der Pflege, um Ausbildungsabbrüche zu verhindern, wird nun konkret: Am Landesamt für Pflege soll sich ein Mentor mit "besonderen Belangen Auszubildender in der Pflege" befassen - etwa wie dem Umgang mit dem Tod, aber auch mit ganz praktischen Fragen wie Schichtdienst.
Landespflegegeld wird fortgeführt
Anfang des Jahres hat das Ministerium zudem mit 40 Partnern ein "Bündnis für generalistische Pflegeausbildung" ins Leben gerufen. Ab 2020 werden drei Berufe aus der Alten-, Kinderkranken- oder Krankenpflege vereint, die bisher getrennt ausgebildet wurden. "Die Wahl des Ausbildungsorts schränkt die spätere Berufswahl nicht mehr ein", heißt es dazu beim Ministerium. Die Bündnispartner, darunter Krankenkassen und Wohlfahrtsverbände, setzen sich unter anderem für ausreichend Plätze für die praktische und schulische Ausbildung ein.
Sigl-Lehner sagte, hier gebe es aber noch eine Reihe offener Themen und Fragestellungen; beispielsweise sei die Refinanzierung der Ausbildung noch unklar, und Curricula lägen noch nicht vor. "Das bedeutet eine große Unsicherheit für die Schulen, die Ausbildungsbetriebe, aber auch für potenzielle Auszubildende."
Die Staatsregierung vereinbarte ferner, das Landespflegegeld fortzuführen. Pflegebedürftige ab Pflegegrad zwei bekommen seit knapp anderthalb Jahren in Bayern auf Antrag pro Jahr 1000 Euro, mit dem sie sich selbst oder Pflegekräften Gutes tun können. Rund 340 000 Menschen haben diese Finanzspritze den Angaben nach bisher erhalten.
(dpa)
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