Politik

06.02.2025

Soll auch der Freistaat den Profifußball für Polizeieinsätze zur Kasse bitten?

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Bundesländer dürfen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will davon aber im Freistaat keinen Gebrauch machen. Für Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayern, ist das unverständlich. Bernhard Heinisch, sportpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Freien Wähler, ist dagegen Söders Meinung

JA

Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayern

Wir begrüßen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Kosten für Einsätze bei Hochrisikospielen zu erheben, denn es kann nicht sein, dass Veranstalter von Fußballspielen diesen erhöhten Sicherheitsaufwand umsonst erhalten, während jeder Bürger für jegliche Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung Geld hinblättern muss.

Die Entscheidung, ob das nun in Bayern auch umgesetzt wird, trifft die Politik. Eine Erhebung von Kosten muss natürlich geregelt werden. Die Freie Hansestadt Bremen hat das in einem Gebühren- und Beitragsgesetz gemacht.

Wichtig ist, dass die bayerische Staatsregierung, allen voran Innenminister Joachim Herrmann, dies am Ende auch macht. Denn Geld hat der bayerische Staatshaushalt nicht zu verschenken – das merken wir als Polizeigewerkschaft tagtäglich. Ob bei der Sanierung von maroden Dienstgebäuden, bei Forderungen nach Beförderungen und Dienstpostenhebungen oder bei den Tarifverhandlungen. Wir hören immer wieder: „Es ist kein Geld da!“ Das erfolgt sogar aus den gleichen Mündern, die jetzt bei einer Rechnungsstellung bremsen und beschwichtigen.

Eine Kostenerhebung muss dann für alle Bundesländer verpflichtend sein, denn ein Flickenteppich nutzt niemandem. Klamme Bundesländer würden dann Gebühren verlangen, besser situierte eher nicht. Das wäre kein Fair Play!

Für uns ist auch nicht der Fußballverein vor Ort der Adressat, sondern generell die Deutsche Fußball Liga GmbH, die alleine in der kommenden Saison 2025/26 Einnahmen durch Medienrechte von über einer Milliarde Euro generiert.

Insbesondere die Frage, ob es dann andere Veranstaltungen auch treffen wird, sehen wir gelassen. Denn der Vergleich von Äpfeln mit Birnen hat noch nie weitergeführt. Bei einem Open-Air-Konzert, Volksfest oder bei der Wiesn gehen ja nicht gewaltbereite Fangruppen, also Teilnehmer einer solchen Veranstaltung, gezielt aufeinander los oder zerlegen bei der Anfahrt Bahnzüge. 

NEIN

Bernhard Heinisch, sportpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Freien Wähler

Die Forderung, Profifußballvereine für Polizeieinsätze zahlen zu lassen, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall: Erstens ist die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit eine originäre Staatsaufgabe. Polizei und Sicherheitskräfte schützen nicht nur Stadien, sondern auch deren Umgebung – genauso wie Konzertveranstalter oder Volksfestbetreiber. Eine Kostenbeteiligung von Vereinen würde das Prinzip der allgemeinen Gefahrenabwehr untergraben.

Zweitens wäre eine finanzielle Beteiligung rechtlich und organisatorisch problematisch. Wo zieht man die Grenze? Nur bei Bundesligaspielen oder auch in unteren Ligen, in denen der Profifußball zum Teil ebenfalls Einzug gehalten hat? Der Drittligist Spielvereinigung Unterhaching und viele weitere Regionalligavereine Bayerns könnten Polizeieinsätze aus eigener Tasche gar nicht bezahlen. Das wäre unfair gegenüber den großen Vereinen, die das Geld haben.

Drittens tragen unsere Fußballvereine bereits zur Finanzierung der Polizei bei – durch Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge. Der Profifußball ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze sichert und dem Staat hohe Einnahmen generiert.

Nehmen wir den FC Bayern, der Polizeieinsätze sicher aus eigener Tasche zahlen könnte. Dieser Fußballclub prägt allerdings auch Bayerns Bild in der ganzen Welt, lockt Touristen aus aller Herren Länder in unseren Freistaat und ist ein Aushängeschild für Bayern und Deutschland – ähnlich wie das Oktoberfest, BMW oder Schloss Neuschwanstein.

Einzelne große Fußballclubs allein belasten zu wollen, wäre mehr als unfair und würde den Standort Bayern schwächen. Letztlich darf öffentliche Sicherheit nicht von der Finanzkraft einzelner Vereine abhängen. Die Freie-Wähler-Landtagsfraktion lehnt daher einen Sonderweg klar ab und Bayern wird den Profifußball auch in Zukunft für Polizeieinsätze nicht zur Kasse bitten.
 

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