Politik

29.05.2024

Soll die CSU am Münchner Christopher Street Day teilnehmen dürfen?

Anne Hübner, Vorsitzende der SPD-/Volt-Fraktion im Münchner Stadtrat ist dafür. Florian Siekmann, queerpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, spricht sich dagegen aus, weil die CSU viele Jahre Ausgrenzung betrieben habe.

JA

Anne Hübner, Vorsitzende der SPD-/Volt-Fraktion im Münchner Stadtrat

„Vereint in Vielfalt – gemeinsam gegen Rechts“ ist das Motto des diesjährigen CSD. Die CSU davon auszuschließen ist kontraproduktiv. Sie gibt jenen bei den Christsozialen zu viel Gewicht, die bewusst Ressentiments gegen Lesben, Schwule und Transgender aufgreifen, um beim Kampf um an Rechtsaußen verlorene Wähler Boden zu gewinnen, und stößt jene vor den Kopf, die Errungenschaften wie die gleichgeschlechtliche Ehe mittragen und denen es komplett egal ist, wer welches Geschlecht hat und wie geliebt wird.

Unsere Gesellschaft ist geprägt von einer tiefen Kluft zwischen denen, die alles Unrecht auf der Welt sehen und am liebsten über Nacht alles reformieren wollen, und jenen, die jede Veränderung ablehnen, gerne auch mit dem Verweis darauf, dass der Klimawandel nicht existiere und Deutschlands Probleme über Nacht zu lösen seien, wenn es nur keine Migration gäbe. Dazwischen gibt es eine große politische Mitte, die zu kurz kommt in allen Debatten. Diese Menschen sehen die Notwendigkeit politischer Reformen, müssen aber mitgenommen werden, denn sie können nichts anfangen mit Ideologie, wollen pragmatische Lösungen, die von Politikern mit gesundem Menschenverstand erarbeitet werden. Politiker, die nicht ihren Tag damit verschwenden, über den politischen Gegner herzufallen.

Viele, nicht zuletzt der Ministerpräsident, müssen sich die kritische Frage gefallen lassen, ob sie nur ein paar billige Punkte bei der nächsten Umfrage gewinnen wollen, oder ihren Job tatsächlich auch deshalb ausüben, um Zukunftsfragen – überbordende Bürokratie, fehlende öffentliche Mittel, Klima, Integration – zu lösen. Die Veranstalter des CSD jedoch sollten die vielen anderen in den Blick nehmen: Jene, die gebraucht werden, um die Demokratie gegen rechtsextreme Staatsfeinde zu verteidigen. Und das ist – völlig egal wie man zum Gendersternchen steht – auch die breite Mitte der CSU und ihrer Wählerinnen und Wähler.
 

NEIN

Florian Siekmann, queerpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag

Der CSD ist eine politische Parade für die Akzeptanz von Vielfalt. Er ist entstanden als Antwort auf Diskriminierung und Verfolgung von queeren Menschen, nur weil sie das gleiche Geschlecht geliebt haben oder sich mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht identifizieren konnten. Beim CSD mitzulaufen, bedeutet Vielfalt nicht nur zu respektieren, sondern aktiv für deren Akzeptanz einzutreten. Beim CSD mitzulaufen, heißt Vielfalt zu leben und politisch auch so zu handeln.

Die CSU hat sich viele Jahre selbst stark an der Ausgrenzung von homosexuellen und trans* Menschen beteiligt. Den traurigen Höhepunkt bildet sicher der an Verfolgung grenzende Umgang mit Homosexuellen während der Aids-Krise. Bis heute ist die CSU jede Entschuldigung für das entmenschlichende Verhalten schuldig geblieben, sowohl von damals Verantwortlichen wie von heute Regierenden.

Gerade bemüht die CSU gerne die Liberalitas Bavariae, das Motto Leben und Leben lassen. Damit ist es aber vor allem in Wahlkampfzeiten schnell vorbei, wenn die Akzeptanz billigem Applaus im Bierzelt geopfert wird. Das jüngste Genderverbot ist nur die Spitze des Eisbergs Für alle rund eine Million Menschen in Bayern, die sich der LGBTIQ* Community zurechnen, ist es ein herber Schlag ins Gesicht. Bestärkt es doch vor allem die, die bisher schon Abneigung und Hass gegen queere Menschen gehegt haben.

Angesichts der jüngsten Verdopplung der registrierten Hassstraftaten gegen LSBTIQ* im Freistaat bräuchte es endlich entschiedene Antworten der Regierung. Einen queeren Aktionsplan hat aber Bayern als einziges Bundesland noch immer nicht. Und auch beim gerade laufenden Prozess sind innerhalb der Staatsregierung wichtige Ministerien wie Innen oder Kultus nicht an Bord. Wie so mehr Aufklärung in Schulen stattfinden soll und Opfer von queerfeindlichen Straftaten besser unterstützt werden können, bleibt ein Rätsel.

 

 

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