Politik

29.02.2024

Soll eine Zusatzsteuer auf Fleischprodukte erhoben werden?

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) plant eine Steuer auf Fleischprodukte. Anne Hamster, Geschäftsführerin des Vereins Provieh, befürwortet dieses Vorhaben. Der Landtagsabgeordnete Harald Meußgeier (AfD) lehnt das dagegen ab

JA

Anne Hamester, Geschäftsführerin von Provieh

Provieh fordert einen zielgerichteten Tierwohlcent, um den aktuellen Mängeln in der Tierhaltung entgegenzuwirken. Die bestehenden Probleme, wie Anbindehaltung, Qualzucht und Verstümmelungen, erfordern unmittelbare und kostspielige Maßnahmen. Die Kosten für eine artgerechte Tierhaltung, inklusive mehr Platz, Auslauf, Stroh und Tiergesundheitsmaßnahmen, belaufen sich jährlich auf 3 bis 5 Milliarden Euro. Angesichts der Tatsache, dass die erforderlichen Mittel nicht allein durch die Ladenkasse erwirtschaftet werden können, bedarf es einer gezielten Förderung durch die Politik.

Um diese Förderprogramme langfristig zu finanzieren und damit Landwirt*innen in puncto Tierwohl Planungssicherheit zu geben, wird eine gesonderte Einnahmequelle von Expertengremien empfohlen. Aktuell fordern mehr als 90 Prozent der deutschen Bevölkerung mehr Tierwohl, aber dies kann nicht kostenneutral umgesetzt werden. Der vorgeschlagene Tierwohlcent bietet eine geeignete Finanzierungsmöglichkeit, um die Forderungen der Gesellschaft nach mehr Tierwohl zu erfüllen.

Die Politik muss sicherstellen, dass die Einnahmen bei den Betrieben und den Tieren ankommen. Dafür ist es entscheidend, langfristige Tierwohl-Förderprogramme in Höhe der Steuereinnahmen einzuführen. Zur Diskussion um den Tierwohlcent stehen aktuell Kostensteigerungen von 10 bis 40 Cent pro Kilogramm Fleisch sowie Milch- und Eiererzeugnisse. Beim Durchschnittsverbraucher würde dies die Ausgaben für tierische Produkte um maximal 35 Euro im Jahr verteuern. Dies ist eine moderate Summe, um sicherzustellen, dass Schweine, Rinder und Hühner angemessen gehalten werden.

Private Fonds und Vertragssysteme, wie von der FDP favorisiert, sind nicht ausreichend, um die benötigten Mittel für den Umbau der Tierhaltung bereitzustellen. Die Initiative Tierwohl zahlt beispielsweise lediglich 130 Millionen Euro pro Jahr, während für eine flächendeckende Verbesserung des Tierwohlniveaus jährlich mehrere Milliarden Euro erforderlich sind.

NEIN

Harald Meußgeier, AfD-Abgeordneter im Bayerischen Landtag

Ich halte die Einführung einer Tierwohlabgabe auf Fleischprodukte für den falschen Weg und lehne dieses Vorhaben ab. Das Letzte, was unser Land in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage braucht, sind weitere Steuern und Abgaben. Das vom Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, vorgelegte Eckpunktepapier für die Einführung einer mengenmäßigen Verbrauchssteuer auf Fleisch und Fleischerzeugnisse überzeugt nicht.

Die Höhe des Steuersatzes ist in dem Eckpunktepapier noch offengelassen und soll „politisch entschieden“ werden. Das ist schon der erste Kritikpunkt. Darüber hinaus ist der bislang vorgelegte Entwurf mit handwerklichen Mängeln übersät und rechtlich kaum haltbar. Da auch Importfleisch von der Abgabe umfasst sein soll, dürfte die Vereinbarkeit mit EU-Recht nicht gegeben sein. Es ist zudem mit einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand zu rechnen. Dies wird neue Kosten verursachen, neben dem nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand für alle Beteiligten.

Die geplante Fleischsteuer wird weder den Landwirten helfen noch die Haltungsbedingungen verbessern. Denn die Steuereinnahmen sind nicht zweckgebunden und gehen damit in den allgemeinen Haushalt, auch wenn Özdemir beschönigend vom „Tierwohlcent“ spricht. Dem grünen Bundeslandwirtschaftsminister dürfte es in erster Linie nicht um die Verbesserung der Bedingungen für Nutztiere gehen – das eigentliche Ziel ist wohl, den Fleischkonsum über höhere Preise zu reduzieren und den Bürgern vorzuschreiben, was gut für sie ist.

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Verbraucher von der Inflation gebeutelt sind und mit jedem Cent genau kalkulieren müssen, wäre die Einführung einer weiteren Abgabe völlig falsch. Lebensmittel müssen auch für Bürger mit geringem Einkommen bezahlbar bleiben, dies gilt auch für Fleisch und Fleischprodukte. Denn diese Erzeugnisse gehören zu einem ausgewogenen Speiseplan einfach dazu. 
 

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