Politik

04.04.2024

Soll es im Bundestag eine Enquetekommission zur Corona-Pandemie geben?

Um die Corona-Pandemie aufzuarbeiten und Lösungen für künftige Krisen zu finden, fordert Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, die Einsetzung einer Enquetekommission im Bundestag. Für Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, ist die Einrichtung einer eigenen Kommission dafür nicht notwendig

JA

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag

Die Corona-Pandemie hat weltweit Gesundheitssysteme, aber auch viele andere Politikbereiche unvorbereitet getroffen. Eine gründliche Aufarbeitung ist daher dringend erforderlich und unsere parlamentarische Verpflichtung, um aus den gemachten Erfahrungen zu lernen.

Aus diesem Grund setzen wir Freie Demokraten uns weiterhin für die Einsetzung einer Enquetekommission im Bundestag ein. Die Analyse der Corona-Maßnahmen ist von entscheidender Bedeutung, um aus Fehlern zu lernen und künftige Krisen souverän zu bewältigen. Hierbei gilt es, sich nicht nur auf die Gesundheitspolitik allein zu konzentrieren, sondern alle Politikbereiche miteinzubeziehen.

Dieser Ansatz hat nichts mit der Unterstützung von Verschwörungstheorien zu tun. Im Gegenteil, ohne eine solche Aufarbeitung besteht das Risiko, dass die Ereignisse schnell in Vergessenheit geraten und eine gesellschaftliche Heilung ausbleibt. Dies würde bedeuten, dass wir bei der nächsten Krise von Neuem beginnen müssten und Fehler sich wiederholen könnten. Wenn wir den tödlichen Kreislauf aus Panik während einer Pandemie und Vernachlässigung danach nicht endlich durchbrechen, besteht die Gefahr, dass Unsicherheit und Spaltung in der Gesellschaft weiter zunehmen. Im schlimmsten Fall könnte nicht nur die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet sein, sondern auch unsere demokratische Grundordnung ins Wanken geraten.

Die Fähigkeit, die nächste Krise besser bewältigen zu können, liegt daher in unserer parlamentarischen und gesellschaftlichen Verantwortung. Es ist entscheidend, diese Krise als Chance für eine gründliche Aufarbeitung zu nutzen und Mängel in der Resilienz unserer Systeme zu identifizieren und Lösungen zu erarbeiten. Trotz des verbundenen Aufwands ist die Einrichtung einer Enquetekommission erforderlich, um sicherzustellen, dass wir nicht in Zukunft dafür kritisiert werden, nicht genug getan zu haben, als wir die Möglichkeit dazu hatten. 

NEIN

Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag

Eine Aufarbeitung der Pandemie und der ergriffenen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung ist absolut wichtig und sie findet selbstverständlich statt. Hier lohnt ein Blick in die Empfehlungen des Corona-Expert*innenrats der Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr (https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskanzleramt/corona-expertinnenrat-der-bundesregierung).

Kürzlich hat auch eine Interministerielle Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht mit dem Titel Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona vorgelegt. Die Ergebnisse waren bedrückend, und nicht nur daraus ziehen wir Lehren für die Zukunft. Denn die Pandemie hat ohne Zweifel verschiedene Defizite in unserem Gesundheitssystem sichtbar gemacht: beim Zusammenspiel von Bund und Ländern im Infektionsschutz, bei der Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie einer elektronischen Echtzeitüberwachung des Pandemiegeschehens beziehungsweise stationärer Kapazitäten.

Diesen und weiteren Fragen widmen wir uns intensiv und haben bereits umfassend gehandelt – so zum Beispiel mit dem Pandemieradar des Robert Koch-Instituts oder dem bald eingerichteten Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin. Erst im Dezember haben wir mit zwei Gesetzen der Digitalisierung im Gesundheitswesen einen neuen Schub gegeben, die uns auch für kommende Pandemien besser wappnet. Zudem wurde im Kanzleramt gerade erst ein neuer Expertenkreis installiert, der sich damit beschäftigt, das Gesundheitssystem widerstandsfähiger zu machen.

Auf internationaler Ebene engagiert sich Deutschland intensiv im Rahmen der Vereinten Nationen – vornehmlich der Weltgesundheitsorganisation WHO –, der Weltbank und bilateral, um künftig Pandemien besser vermeiden und bekämpfen zu können. Das zeigt deutlich: Bei allen anstehenden Entscheidungen fließen die Erfahrungen aus der Pandemie mit ein. 
 

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