Politik

25.01.2024

Soll Homöopathie als Kassenleistung gestrichen werden?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Finanzierung homöopathischer Mittel als Kassenleistung streichen. Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, begrüßt diesen Plan. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) ist dagegen

JA

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Ich begrüße die Entscheidung, homöopathische Mittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen zu streichen. Es sollten nur Arzneimittel, die nachweislich wirksam sind, von der Versichertengemeinschaft finanziert werden. Homöopathische Mittel haben keine wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirksamkeit und entsprechen daher nicht dem Anspruch an eine qualitativ hochwertige und sichere Gesundheitsversorgung. Auch die Landesärztekammern in Deutschland lehnen die Homöopathie ab.

Das Argument, dass Krankenkassen durch das Angebot von homöopathischen Mitteln den Wettbewerb anregen, ist nicht stichhaltig. Vielmehr könnte der Fehleindruck entstehen, dass Krankenkassen, die homöopathische Mittel erstatten, ein umfassenderes Angebot haben als jene, die sich nach der wissenschaftlichen Evidenz richten.

Das führt zu einem Ritterschlag der homöopathischen Mittel, weil diese so als nachweislich wirksame Arzneimittel angesehen werden könnten, zumal die Krankenkassen sich grundsätzlich dazu verpflichten, nur wirksame Arzneien und Therapien zu erstatten.

Ich habe nichts dagegen, dass homöopathische Mittel weiterhin produziert, verkauft und angewendet werden. Auch stelle ich keineswegs infrage, dass homöopathische Mittel Menschen jenseits rational-wissenschaftlicher Überprüfbarkeit helfen können – wobei sich die Hilfe nur auf mentaler Ebene abspielt.

Ich respektiere die persönlichen Präferenzen der Menschen, solange sie nicht die eigene Gesundheit oder die anderer gefährden oder diese finanziell belasten. Es darf jedoch nie dazu kommen, dass bei ernsthaften Erkrankungen auf homöopathische Mittel als Alternative zu wirksamen Arzneimitteln gesetzt wird oder dies auch nur suggeriert wird, weil dies die Patientensicherheit gefährdet. Homöopathische Mittel können keine Infektionen heilen, keine Schmerzen lindern oder keine chronischen Krankheiten therapieren. 

NEIN

Judith Gerlach (CSU), bayerische Ministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention

Eine bundesgesetzliche Einschränkung des Entscheidungsspielraums der Krankenkassen und damit auch der Versicherten ist aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention nicht notwendig. Klar ist: Die evidenzbasierte moderne Medizin muss der Maßstab für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sein. Klar ist aber auch: Es besteht in der Bevölkerung durchaus auch der Wunsch nach ganzheitlichen alternativen Behandlungsansätzen. Wichtig ist, die Grenzen dieser Methoden zu kennen – und das sollte der Entscheidung der Krankenkassen und der Versicherten wie bisher überlassen bleiben.

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Homöopathie als Kassenleistung streichen zu wollen, ist aus meiner Sicht nur eine politische Nebelkerze. Die damit angestrebte Kostenreduzierung ist sicher nicht geeignet, das Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Krankenkassen zu beheben. Stattdessen braucht es höhere Bundeszuschüsse für versicherungsfremde Leistungen. Das fordert Bayern schon seit Langem. Der bisherige Bundeszuschuss liegt bei 14,5 Milliarden Euro, Expertinnen und Experten gehen aber von Gesamtkosten für die GKV in diesem Bereich von mehr als 50 Milliarden Euro aus. Hier liegt viel Potenzial, das System zu stärken.

Ganz offensichtlich soll mit dem Vorstoß des Bundesgesundheitsministers, die Homöopathie als Kassenleistung zu streichen, davon abgelenkt werden, dass die Bundesregierung bei der notwendigen Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenkassen nicht vorankommt. Lauterbach muss sich endlich auf das Wesentliche konzentrieren und um die wirklich brennenden Themen im Gesundheits- und Pflegebereich kümmern. Dazu gehören zum Beispiel die Krankenhausreform, die Digitalisierung und Lösungen für den Fachkräftemangel – vor allem in der Pflege. Das sind die Themen, die der Bundesgesundheitsminister mit aller Kraft vorantreiben muss.
 

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