Politik

16.01.2025

Soll man den Microblogging-Dienst X verlassen?

"Nur die AfD kann Deutschland retten" postete Elon Musk auf seinem Netzwerk X. Für Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) und etliche andere Menschen aus Politik und Gesellschaft war damit der Zeitpunkt erreicht, das soziale Netzwerk zu verlassen. Mehring erklärt seinen Schritt. Und Martin Hagen, Vorsitzender der FDP Bayern, erklärt wiederum, warum seine Fraktion auf X vertreten bleibt

JA

Fabian Mehring (Freie Wähler), bayerischer Minister für Digitales

Wagen wir ein Gedankenexperiment in den vertrauten Kategorien der analogen Welt: Man stelle sich vor, einer der reichsten Menschen der Erde kauft eine Zeitung. Danach entwickelt der US-Multimilliardär dieses Blatt zu einer gigantischen Fake-News-Maschine und setzt sie als Lautsprecher für krude Thesen ein.

Nach der Ankündigung von Donald Trump, dem Unternehmer eine Regierungsfunktion zu übertragen, wird er selbst zum Aktivisten und mischt sich aus Übersee in unseren Bundestagswahlkampf ein. Auf dem Titelblatt seiner Zeitung verkündet er, die rechtspopulistische AfD sei die „letzte Rettung für Deutschland“.

Mit deren Vorsitzender scherzt der Publizist per Live-Talk unwidersprochen darüber, dass Hitler ein waschechter Kommunist gewesen sei und die Nazis eigentlich linke Sozialisten waren. Als zukünftiges Mitglied der amerikanischen Regierung verfasst der Verleger Leitartikel, in denen er den deutschen Bundeskanzler als „inkompetenten Vollidioten“ beschimpft und unseren Bundespräsidenten einen „antidemokratischen Tyrannen“ heißt.

Im analogen Raum bestünden keine Zweifel: Wir alle fänden es zu Recht absurd, wenn deutsche Politiker, Institutionen und Unternehmen in der Zeitung eines solchen Herausgebers inserieren würden. Im digitalen Raum passiert gerade genau das.

Unser „Verleger“ heißt Elon Musk. Er hat keine Zeitung gekauft, sondern eine Onlineplattform mit der zigfachen Reichweite sämtlicher Zeitungen der Welt. Aus Algorithmen und Geld baut er sich ein überstaatliches Netzwerk europäischer Rechtspopulisten. Dabei geht es ihm nicht um Meinungsfreiheit, auf die er sich als Deckmantel beruft. Stattdessen verfolgt er eine Agenda aus wirtschaftlichen Interessen und persönlichem Geltungsdrang. Musk als Nutzer seiner Plattform X zu helfen, europäischen Demokratien auf der Nase herumzutanzen, ist demnach weder liberal noch patriotisch – sondern naiv und potenziell gefährlich! 

NEIN

Martin Hagen, Vorsitzender der FDP Bayern

Der Microblogging-Dienst X ist zuletzt in die Kritik geraten – hauptsächlich aufgrund der Ansichten und Aktivitäten von Elon Musk. Die Kritik ist durchaus nachvollziehbar: Musk nutzt seine Reichweite, um rechtspopulistische Bewegungen in unterschiedlichsten Ländern zu unterstützen. Zuletzt empfahl er die Wahl der AfD und lud deren Spitzenkandidatin Alice Weidel zu einem Onlinetalk ein (wobei diese allerdings keine besonders glückliche Figur machte).

Diese Einmischung in den deutschen Wahlkampf wurde breit diskutiert. Aber sollte man X verlassen, weil einem die politische Meinung des Mehrheitsgesellschafters missfällt?

Grundsätzlich steht es natürlich jedem frei, für sich selbst zu entscheiden, welche Medien er nutzt. Für öffentliche Institutionen und Parteien gilt aber: Sie sollten dort kommunizieren, wo die Bürger sind. Im digitalen Raum sind das eben soziale Netzwerke wie X.

Ministerien haben die Aufgabe, die Bürger über ihre Arbeit und die Zielvorstellungen der Politik zu unterrichten. Besonders relevant für die Bevölkerung sind Informationen von Sicherheits- und Gesundheitsbehörden. Und Parteien wirken – so sieht es das Grundgesetz vor – an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Für sie alle gibt es also gute Gründe, in sozialen Netzwerken aktiv zu sein.

Denn immer mehr Menschen, insbesondere die Jüngeren, informieren sich im Internet und bilden sich dort auch ihre Meinung. Auf Plattformen wie X nicht präsent zu sein hieße, deren Nutzerinnen und Nutzer zu ignorieren und die Diskurshoheit dort anderen zu überlassen. 

Immer wieder haben Politiker in den vergangenen Jahren ihren Rückzug von X (oder Twitter, wie es früher hieß) erklärt. Viele haben es sich dann wieder anders überlegt, etwa Robert Habeck. Denn am Ende zählt eben doch, Menschen zu erreichen – auch außerhalb der eigenen Wohlfühlblase. Deshalb bleibt auch meine Partei bei X aktiv. 
 

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