Politik

23.01.2025

Soll man Sozialabgaben auf Kapitalerträge erheben?

Mit seinem Plan, durch Sozialabgaben auf Kapitalerträge mehr Geld ins Gesundheitssystem zu bringen, hat Grünen-Spitzenkandidat und Vize-Kanzler Robert Habeck für einige Verwirrung gesorgt – auch weil er zunächst nicht mitteilte, wer genau zur Kasse gebeten werden soll. Sascha Müller, Finanzexperte der bayerischen Landesgruppe der Grünen-Fraktion im Bundestag, erklärt den Vorschlag der Grünen und hält ihn für richtig. Widerspruch kommt von Felix von Zobel, dem steuerpolitischen Sprecher der Fraktion der Freien Wähler im Landtag

JA

Sascha Müller, Finanzexperte der bayerischen Landesgruppe der Grünen-Fraktion im Bundestag

Zunächst einmal: Für normale Sparerinnen und Sparer bleibt alles, wie es ist. Aber unser Sozialstaat muss gerechter, nachhaltiger und zukunftsfähiger werden. 

In Deutschland nimmt die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit immer weiter zu. Steigende Kosten belasten unser Gesundheitssystem, von 2009 bis 2022 sind die Gesundheitsausgaben um 216 Milliarden Euro gestiegen. Das entspricht 76 Prozent. Steigende Krankenkassenbeiträge wie zu Beginn des Jahres sind die Folge. Dem müssen wir entgegentreten.

Solidarität ist der Grundgedanke der gesellschaftlichen Finanzierung unseres Gesundheitssystems. Alle Menschen sollen entsprechend ihrer Möglichkeiten zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen. Der Aktienmillionär genauso wie die Krankenschwester.

Sozialabgaben werden aber bisher vor allem auf Löhne und Gehälter erhoben. Die hohen Gewinne aus Aktienmillionen bleiben davon weitestgehend unberührt. Es wäre gerecht, das zu ändern.

Deswegen ist es richtig, die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung breiter aufzustellen. Robert Habecks Vorschlag ist ein Impuls für ein gerechteres System.

Wenn wir solche Kapitalerträge aus hohen Aktienvermögen in die Finanzierung einbeziehen, entlasten wir Arbeitnehmer und Unternehmen und verteilen die Kosten fairer. Mit klug gestalteten Freibeträgen sorgen wir dafür, dass für normale Sparerinnen und Sparer alles bleibt wie bisher. 

Die bestehenden Systeme zur Besteuerung und der Sozialabgaben sind reformierbar und keine Naturgesetze. Die Einführung von Sozialabgaben auf hohe Gewinne aus Aktienmillionen wäre auch ein Schritt in Richtung einer Bürgerversicherung.

Alle Menschen würden in die Bürgerversicherung solidarisch einzahlen – egal, ob sie ihr Geld durch Arbeit oder sehr hohe Kapitalerträge verdienen. Damit machen wir die Finanzierung unseres Gesundheitssystems gerechter und fairer. 

NEIN

Felix von Zobel, steuerpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Wähler im Landtag

Wir Freie Wähler im Bayerischen Landtag lehnen Sozialabgaben auf Kapitalerträge klar ab. Statt dieser ebenso populistischen wie kurzsichtigen Forderung setzen wir uns für eine gerechte und nachhaltige Finanzpolitik ein – ohne zusätzliche Belastungen für die arbeitende Mitte der Bevölkerung. Denn gerade in der aktuellen ökonomischen Situation brauchen wir starke Kapitalmärkte, um Investitionen und Konsum anzukurbeln.

Neue sozialversicherungstechnische Hemmnisse wären hier ein fataler Rückschritt, der den Wirtschaftsaufschwung weiter ausbremst und das Vertrauen bayerischer Kleinsparer untergräbt. Kapitalerträge in Deutschland unterliegen ohnehin einem Steuerabzug in Höhe von 25 Prozent, gegebenenfalls noch zuzüglich Solidaritätszuschlag. Das ist mehr als genug. Sozialabgaben zusätzlich auf Kapitalerträge untergraben jeglichen Anreiz, privat fürs Alter vorzusorgen. Es wäre eine herbe Enttäuschung für alle, die ihr mühsam Erspartes auch künftig zur Seite legen möchten, um später nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein.

Und vergessen wir bitte nicht, dass wegen des Rekordanstiegs bei den Sozialbeiträgen seit Jahresbeginn Millionen Arbeitnehmern weniger Lohn ausbezahlt wird – und das bei einer Inflationsrate in Bayern von zuletzt noch immer 3,2 Prozent. Statt ständig nach neuen Einnahmequellen zu suchen, sollten wir den Fokus deshalb auf die Ausgabenseite legen: Hier besteht erhebliches Einsparpotenzial durch Effizienzsteigerungen, konsequente Digitalisierung und eine grundlegende Entbürokratisierung des Staates. Dadurch ließe sich Geld gezielt auf wirklich notwendige Sozialausgaben eingrenzen – ohne zusätzlichen Druck auf Sparer und Anleger.

Statt von den Menschen immer mehr Steuern und Abgaben zu fordern, setzen wir Freie Wähler auf eine verantwortungsvolle Haushaltsführung. So wollen wir den Wohlstand unserer Gesellschaft nachhaltig sichern. 
 

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