Politik

02.01.2025

Soll man Transfrauen den Zugang zu Frauenhäusern verbieten?

Ein neues Gewaltschutzgesetz soll Betroffene häuslicher Gewalt effektiver schützen. Die Union verlangt von der Bundesregierung allerdings einige Nachbesserungen, etwa, dass keine Transfrauen in Frauenhäuser aufgenommen werden sollen, um Männern kein Schlupfloch zu bieten. Andrea Lindholz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, erklärt die Position. Carmen Wegge, stellvertretende Vorsitzende der Landesgruppe Bayern der SPD-Fraktion im Bundestag, verteidigt den Gesetzentwurf der Regierung

JA

Andrea Lindholz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag

Effektiven Schutz von Frauen habe ich immer aktiv eingefordert. Schutzräume für Frauen werden immer weniger und das dürfen wir nicht hinnehmen. Die dramatische Zunahme von Gewalt gegen Frauen muss sofort und nachhaltig gestoppt werden. Mit dem aktuellen Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden Frauen nicht ausreichend geschützt. Es tritt zu spät in Kraft, die finanzielle Seite ist mit den Ländern nicht geklärt und es birgt erhebliches Konfliktpotenzial in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen zu Transpersonen.

Ich möchte nicht missverstanden werden: Das eigentliche Problem sind aus meiner Sicht nicht Transfrauen, sondern die Voraussetzung, unter der eine Personenstandsänderung ermöglicht wird. Das Selbstbestimmungsgesetz erlaubt nun eine Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen durch einfache Erklärung gegenüber dem Standesbeamten. Die Ernsthaftigkeit wird nicht hinterfragt. So können auch „Trittbrettfahrer“ die einfache Erklärung für sich nutzen, um anschließend Frauenräume zu betreten.

Die Ampel-Regierung hat Frauen mit dem Selbstbestimmungsgesetz keinen Gefallen getan und auch für Transpersonen wirkt sich das Gesetz nicht gut aus. Es führt nicht zu mehr Akzeptanz, sondern zu Misstrauen und zu erheblichen Schwierigkeiten. So sollen Unternehmer unter Berufung auf ihr Hausrecht Transfrauen aus ihren Räumlichkeiten ausschließen. Die Lösung der entstehenden Probleme wird in den Privatbereich verschoben. Das führt zu Schwierigkeiten. Eine Fitnessstudio-Betreiberin hatte einer Transfrau den Zutritt verweigert und bekam prompt Post von der Antidiskriminierungsbeauftragten.

Dieses Selbstbestimmungsgesetz hat keine Probleme gelöst, sondern geschaffen. Sicher ist, dass es so nicht bleiben kann. Der Schutz von Frauen braucht klare und verlässliche Regelungen. Das Hausrecht allein hilft nicht weiter, denn damit allein kann der missbräuchliche Zugang zu Schutzräumen nicht verhindert werden. 
 

NEIN

Carmen Wegge, stellvertretende Vorsitzende der Landesgruppe Bayern der SPD-Fraktion im Bundestag

Transfrauen sind Frauen. Und Frauen – egal ob trans oder nicht – erleben tagtäglich Gewalt. In jedem Gespräch, das ich mit Frauenhäusern geführt habe – auch mit der Frauenhauskoordinierungsstelle –, wurde mir gesagt, dass auch Transfrauen schon immer Hilfe in den Frauenhäusern suchen und finden. Diesbezüglich gab es noch nie Probleme, die man nicht lösen konnte. Einfacher wäre jedoch, wenn wir durch eine ordentliche Finanzierung Appartmentstrukturen in Frauenhäusern schaffen könnten, die allen Frauen zugutekommen.

Und genau deshalb braucht es auch den Beschluss des vor Kurzem im Deutschen Bundestag eingebrachten Gewalthilfegesetzes. Wir als Bund sind bereit einzusteigen und dieses Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen zu stärken und zu unterstützen. Gerade Frauen im ländlichen Raum müssen zum Teil stundenlang fahren, um überhaupt Unterstützung zu finden. Das ist aus unserer Sicht nicht tragbar. Wir müssen die Beratungsstellen und Frauenhäuser in Bayern und überall im Land stärken und ausbauen. Wir als Bund wollen hier mit dem neuen Gewalthilfegesetz den Ländern unter die Arme greifen.

Wir wollen bundesweit einen kostenfreien und niedrigschwelligen Zugang zu Schutz- und Beratungseinrichtungen – zugesichert durch einen Rechtsanspruch. Außerdem planen wir als Bund, uns in einem erheblichen Umfang an den entstehenden Kosten für die Länder zu beteiligen. Wir werden mit dem geplanten Gewalthilfegesetz ermöglichen, dass betroffene Frauen – egal ob cis oder trans – nun auch bundesweit Hilfeeinrichtungen aufsuchen können. Ganz unabhängig davon, aus welcher Gemeinde oder welchem Bundesland sie kommen. Dafür werden wir einheitliche Grundsätze und Mindeststandards schaffen.

Gewalt gegen Frauen ist kein Nischenthema, es betrifft uns alle. Wir müssen jetzt handeln, denn dann kann auch gewährleistet werden, dass alle hilfesuchenden Frauen auch die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. 
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll man Transfrauen den Zugang zu Frauenhäusern verbieten?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.