JA
Dorothee Bär (CSU), frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von CDU und CSU
Führen wir ein Sexkaufverbot ein, wird Prostitution nicht verschwinden, aber die damit einhergehenden Probleme werden deutlich verringert. Im Dunkelfeld findet längst der Großteil dieses Geschäfts statt, daher greift als Gegenargument nicht, ein Verbot würde das Dunkelfeld vergrößern. Viele europäische Nachbarn sind uns voraus.
Mit Blick auf die Grundrechte des Grundgesetzes ist für mich ein Paradigmenwechsel durch das Sexkaufverbot die einzige Lösung. Im Vergleich zu den jetzigen Zuständen in der Prostitution kann es nur besser werden. Prostitution bedeutet fast immer Gewalt und gründet auf Machtmissbrauch. Weder handelt es sich um einen Beruf wie jeder andere, wenn in einem Zimmer überall Alarmknöpfe installiert sind, noch hat es etwas mit sexueller Freiheit zu tun.
Die Freiwilligkeit und Selbstbestimmtheit, die manche suggerieren, gibt es faktisch nicht. Es sind bezahlte Vergewaltigungen. Es geht nur um die Wünsche der Freier. Die Körper der allermeisten Frauen werden wie Ware behandelt. Der weitaus überwiegende Teil der Menschen in der Prostitution kommt aus den ärmsten Ländern und ist den Zuhältern ausgeliefert. Sie erleiden fast alle irreversible körperliche Schäden und sind psychisch traumatisiert. Sie stehen im Machtgefälle ganz unten und schaffen es meistens nicht, sich selbst aus ihrer Notlage zu befreien. Die Nachfrage schafft hier den Markt, besonders auch in Deutschland. Wir können feststellen, dass das Prostituiertenschutzgesetz sein Ziel völlig verfehlt: Von geschätzten 250.000 Prostituierten sind nur 30.000 gemeldet.
Als Staat können wir Frauen in der Prostitution nicht schützen, wir müssen sie vor der Prostitution schützen. Das gelingt nur, wenn wir den Markt verkleinern und die knappen polizeilichen und richterlichen Ressourcen effizienter nutzen, um gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel vorzugehen. Wie auch in den nordischen Ländern, sollte auch in unserem Land klar sein, dass der Körper einer Frau nicht gekauft und benutzt werden kann. Damit einher geht der Umgang mit und das Bild von Frauen in unserer Gesellschaft generell. Nur mit dem Sexkaufverbot erreichen wir wirkliche Gleichstellung.
NEIN
Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aidshilfe
Es klingt allzu verlockend: Verbieten wir den Sexkauf, dann lösen sich Probleme wie Gewalt gegen Sexarbeiterinnen und Menschenhandel in Luft auf. Wer würde das nicht wollen? So wohlmeinend diese Idee sein mag, sie ist durch und durch falsch. Das älteste Gewerbe der Welt hat es immer gegeben und wird es immer geben.
Ein Sexkaufverbot soll zwar „nur“ die Kunden bestrafen, verdrängt aber im wirklichen Leben alle Beteiligten in die Illegalität. Die Folgen wären fatal. Sexarbeiterinnen würden isoliert und damit ohne Sicherheitssysteme arbeiten. Wo in der Vergangenheit Sperrbezirke eingeführt wurden, zeigte sich: Es kann verhängnisvoll enden, wenn plötzlich kein Alarmknopf mehr zur Verfügung steht und keine Kollegin nebenan einen Hilferuf hört. Wer sein Geschäft in dunkle Ecken verlagern muss, ist zudem für Hilfsangebote und Prävention nicht mehr erreichbar. Das Gefühl, etwas Illegales zu tun, würde auch viele Sexarbeiterinnen von Angeboten des Gesundheitsamts oder von Fachberatungsstellen fernhalten – gerade jene, die unter prekären oder sogar illegalen Bedingungen arbeiten.
Die Deutsche Aidshilfe hat gerade in einer Studie untersucht, was Menschen in der Sexarbeit für ihre sexuelle Gesundheit und ihre Sicherheit brauchen. Beteiligt waren viele Menschen, die aus ganz verschiedenen Gründen dieser Tätigkeit nachgehen. Das Ergebnis ist sehr klar: Jede Form von Illegalität schadet der Gesundheit von Menschen in der Sexarbeit.
Hilfreich wäre, Verfolgung, Ausgrenzung und Stigmatisierung abzubauen und den Zugang zu Prävention und zu gesundheitlicher Versorgung für alle sicherzustellen. Hilfs- und Beratungsangebote gilt es auszubauen, um denen zu helfen, die in Gefahr sind. Diese Gefahren lassen sich nicht einfach verbieten. Ein Sexkaufverbot würde das Leben derjenigen, die auf Sexarbeit nicht verzichten können oder wollen, noch gefährlicher machen. Und das wäre nichts weniger als unmenschlich.
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