Politik

17.10.2024

Soll sich Bayern für die Olympischen Spiele 2040 bewerben?

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey ist die Mehrheit der Deutschen gegen die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2040 in München. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will die Bewerbung trotzdem vorantreiben. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht darin auch eine große Chance für den Freistaat. Tobias Ruff, ÖDP-Landeschef und Vorsitzender der ÖDP/München-Liste im Münchner Stadtrat, sieht vor allem die Nachteile eines solchen Großprojekts

JA

Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister

Ganz klar ja! Es ist an der Zeit, Olympia wieder nach Bayern zu holen. Zuletzt haben wir mit der Fußball-EM 2024 und den European Championships 2022 als Gastgeber bewiesen: Wir können internationale Sportgroßveranstaltungen höchst erfolgreich und nachhaltig organisieren.

Olympische Spiele sind – wie schon 1972 – eine riesige Chance. Für die Sportlerinnen und Sportler, für Infrastruktur, Wirtschaft und Gesellschaft. Bayern und die Landeshauptstadt stehen für nachhaltige, weltoffene und bürgernahe Spiele, das hat man bei den European Championships eindrucksvoll erleben dürfen.
Und hier hat man auch gesehen: So ein Sportereignis kann in der Breite motivieren, auch in weniger populären Sportarten. Bouldern und Beachvolleyball mitten in der Stadt, Mountainbiker auf dem Olympiaberg mit den Türmen der Frauenkirche im Hintergrund, die phantastischen Bilder der Rennradler im Oberland oder die grandiose Leichtathletik-Show im altehrwürdigen Olympiastadion – diese Bilder vergisst man nicht. Und die Menschen waren begeistert, nicht nur vor dem Fernseher, die ganze Stadt war auf den Beinen.

Paris hat in diesem Jahr erfolgreich das Konzept von modernen und nachhaltigen Spielen umgesetzt. Meine feste Überzeugung: München kann das auch. Bis heute ist hier ein reiches, lebendiges olympisches Erbe vorhanden und tatsächlich auch in sportlichem Betrieb: Olympiastadion, außerdem Fußball-Arena und SAP Garden, Reitsportanlagen in Daglfing, der Eiskanal in Augsburg, Schießanlagen in Garching-Hochbrück und die Regattastrecke in Schleißheim.
Klar ist: Wir brauchen ein Konzept, das die Spiele in der Gesellschaft verankert und die Bevölkerung von Anfang an mitnimmt. Die Spiele müssen vorher, währenddessen und danach den Menschen „nutzen“.

Außerdem: Wenn wir beklagen, dass Sportgroßereignisse an autokratische Staaten mit zweifelhafter Menschenrechtslage vergeben werden – dann müssen wir den Mut aufbringen, uns selbst zu bewerben! 

NEIN

Tobias Ruff, ÖDP-Landeschef und Vorsitzender der ÖDP/München-Liste im Münchner Stadtrat

Die Olympischen Spiele sind ein Megaevent, in dessen Glanz sich Politiker gerne sonnen, das die Bevölkerung aber in vielerlei Hinsicht teuer zu stehen kommt. Die Erfahrung zeigt: Austragungsorte kämpfen immer mit immensen Kosten und langfristigen negativen Folgen. Paris kalkulierte mit 2,4 bis 3 Milliarden Euro, die tatsächlichen Kosten belaufen sich auf 7,7 Milliarden. Die bloße Bewerbung würde München mindestens 7 Millionen Euro kosten – und das in einer ohnehin angespannten Haushaltslage.

Hinzu kommt das Problem der steigenden Lebenshaltungskosten. Die Olympischen Spiele der vergangenen Jahre haben die Gentrifizierung beschleunigt und die Mieten explodieren lassen. Barcelona erlebte rund um die Spiele einen Mietpreisanstieg von 144 Prozent, Ähnliches wurde in London und Sydney beobachtet. Tausende Münchner könnten durch steigende Mieten und Immobilienpreise verdrängt werden.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) selbst steht immer wieder wegen Korruption und undurchsichtiger Vergabeverfahren in der Kritik. Die Verträge gehen zulasten der Austragungsorte, die alle Risiken allein tragen müssen und kaum Mitspracherechte haben. Die Gewinne streicht dann zum größten Teil das IOC ein. Die Sportstätten in München sind größtenteils marode und müssten aufwendig und teuer saniert werden.

München braucht keine zweifelhaften Sportevents, die kurzfristige Partylaune, aber langfristige soziale und wirtschaftliche Belastungen hinterlassen. Die European Championships haben gezeigt, dass Sportbegeisterung auch ohne Megaevents entfacht werden kann – ohne Milliardenausgaben und ohne ethisch fragwürdige Verbände wie das IOC. Wir müssen uns auf die wichtigen Themen konzentrieren: die Förderung einer nachhaltigen Infrastruktur, des Breitensports und der sozialen Gerechtigkeit. München darf sich nicht vom olympischen Glanz blenden lassen – denn die Rechnung wird die Stadt zahlen, lange nachdem die Spiele vorbei sind. 
 

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