Politik

20.02.2025

Sollen Bayerns Kommunen eine Verpackungssteuer einführen?

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit kommunaler Einweg-Verpackungssteuern haben mehrere Kommunen ihr Interesse daran bekundet, eine solche Steuer einzuführen. Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, unterstützt dieses Ansinnen. Thomas Geppert, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, ist dagegen

JA

Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe

Weil die Bundesregierung im Kampf gegen Einwegmüll bislang kläglich versagt hat, kämpfen wir seit Jahren entschieden für die Einführung kommunaler Einwegverpackungssteuern, die zu den wirksamsten Maßnahmen zur Förderung von Mehrweg gehören. Nun hat das Bundesverfassungsgericht den Weg frei gemacht: Städte haben die Möglichkeit, mit einer kommunalen Steuer gegen die Massen an Einwegmüll vorzugehen.

Wir stellen nun gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern in Hunderten Städten Anträge für die Einführung einer solchen Steuer. Und das ist dringend nötig, denn pro Jahr fallen 5,8 Milliarden Einweggetränkebecher und 4,5 Milliarden Einwegessensboxen in Deutschland als Abfall an – davon mehr als 900 Millionen Wegwerfbecher und 725 Millionen Essensboxen allein in Bayern. Viel davon landet in der Umwelt und muss von den städtischen Entsorgungsbetrieben unter hohen Kosten eingesammelt werden.

Leider hat die seit zwei Jahren gültige Mehrwegangebotspflicht in der Gastronomie zu keinem Wandel der Wegwerfkultur geführt. Zwar wird Mehrweg angeboten, aber kaum genutzt. Hauptgrund ist der fehlende Anreiz für Verbraucherinnen und Verbraucher, von Einweg auf Mehrweg zu wechseln. Doch genau diesen Anreiz bietet eine kommunale Einwegverpackungssteuer.

Wie es geht, zeigt Tübingen seit 2022. In Tübingen ist das Mehrwegangebot im Verhältnis zu den Einwohnerinnen und Einwohnern mittlerweile das größte in ganz Deutschland.

Auch die Vermüllung des öffentlichen Raumes ist seither sichtbar zurückgegangen und wirtschaftlich ist die Steuer ein voller Erfolg. Allein im Jahr der Einführung hat Tübingen etwas mehr als eine Million Euro durch die Verpackungssteuer eingenommen, wobei die Einnahmen die Verwaltungskosten um das Neunfache überstiegen. Bamberg, Nürnberg oder Regensburg haben bereits Interesse an einer Verpackungssteuer signalisiert. 

NEIN

Thomas Geppert, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands

Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer wäre ein schwerer wirtschaftlicher und bürokratischer Rückschritt. Gastronomiebetriebe, die bereits unter steigenden Kosten für Personal, Energie und Lebensmittel leiden, würden zusätzlich belastet. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die noch mit den Folgen der Corona-Pandemie und der Mehrwertsteuererhöhung kämpfen, wären besonders betroffen.

Ein weiteres Problem ist der hohe Verwaltungsaufwand. In Tübingen, wo eine solche Steuer getestet wurde, mussten Betriebe vierteljährlich Vorauszahlungen leisten und jährliche Steuererklärungen abgeben. Die komplizierten Nachweispflichten und Abgrenzungsschwierigkeiten sorgen für Unsicherheit und erschweren die Umsetzung. Zudem droht ein Flickenteppich unterschiedlicher kommunaler Regelungen, der insbesondere überregional tätige Unternehmen benachteiligt.

Auch die angebliche Lenkungswirkung der Steuer ist fragwürdig. Es gibt keine klaren Belege, dass sie tatsächlich zu weniger Müll führt. Stattdessen verteuert sie Take-away-Angebote und schafft Wettbewerbsnachteile für lokale Betriebe. Große Handelsketten oder Lieferdienste mit eigenen Mehrwegsystemen profitieren, während kleine Gastronomen auf der Strecke bleiben.

Zudem dürfte sich der enorme bürokratische Aufwand für die Kommunen in vielen Fällen gar nicht lohnen. Die Kosten für Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung stehen in keinem sinnvollen Verhältnis zu den erwarteten Einnahmen.

Statt neue Steuern zu erfinden, sollten alternative Maßnahmen gefördert werden – zum Beispiel steuerliche Anreize für Mehrwegverpackungen, ein einheitliches, kompatibles System mit vielen Rückgabemöglichkeiten für die Nutzer beispielsweise auch in Supermärkten und Tankstellen. Bayern braucht weniger Bürokratie, nicht mehr! Eine Verpackungssteuer schadet der Wirtschaft, kostet Arbeitsplätze, schwächt den Standort und belastet die Kommunen selbst. 
 

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