Politik

05.09.2024

Sollen die Kriterien für Asyl geändert werden?

Die Rufe nach einer Änderung des Asylrechts werden in der Politik lauter. Auch Alexander Hold, Sprecher für Migration, Asyl und Integration der Freien Wähler im Landtag, spricht sich dafür aus. Sascha Müller, Vorsitzender der Landesgruppe der Grünen-Fraktion im Bundestag, warnt dagegen vor Schnellschüssen

JA

Alexander Hold, Sprecher für Migration, Asyl und Integration der Freien Wähler im Landtag

Ich sage Ja, wir brauchen dringend praxistaugliche und unsere Gesellschaft nicht überfordernde Kriterien für Schutzsuchende. Dabei steht das individuelle Grundrecht auf Asyl tatsächlich Verfolgter außer Frage.

Allerdings müssen wir so ehrlich sein, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht grenzenlos alle von bewaffneten Konflikten Betroffenen aufnehmen kann. Mit Blick darauf, dass sich fast 5 Prozent aller syrischen und mehr als ein Prozent der afghanischen Staatsangehörigen mittlerweile in Deutschland aufhalten, droht eine dauerhafte Überforderung unserer Gesellschaft und Integrationsfähigkeit.

Vordringlich müssen daher die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes für Menschen, in deren Heimat Krieg, Bürgerkrieg oder staatliche Willkür herrschen, deutlich enger ausgelegt werden. Wer beispielsweise nicht in der Nähe von aktuellen Kampfhandlungen wohnt, dem droht aus meiner Sicht nicht automatisch persönlicher Schaden. Beim Asyl selbst fordert die Landtagsfraktion der Freien Wähler vor allem schnellere und konsequentere Verfahren.

Hier müssen endlich die Dublin-Regeln EU-weit konsequent angewandt werden oder durch verlässliche Regeln ersetzt werden. Solange Asylverfahren nicht konsequent in den Staaten der Europäischen Union durchgeführt werden, in denen die Schutzsuchenden zuerst registriert wurden – wie es das Dublin-Verfahren eigentlich verlangt –, wird die Bundesrepublik Deutschland immer Wunschdestination vieler Flüchtender bleiben.

Daran, dass Asylverfahren tatsächlich demnächst in größerem Umfang an EU-Außengrenzen durchgeführt werden, habe ich leider meine Zweifel. Solche Grenzverfahren – vor allem schnelle Verfahren an den EU-Außengrenzen, die innerhalb weniger Tage Rechtskraft erlangen – wären aber der wichtigste Baustein, um illegale Einwanderung zu begrenzen. Die Schweiz macht es uns seit langem vor, wie dies menschenrechtskonform möglich wäre.

NEIN

Sascha Müller, Vorsitzender der Landesgruppe der Grünen-Fraktion im Bundestag

Sicherheit ist eines der grundlegenden Bedürfnisse, das alle Menschen haben. Symboldebatten helfen jedoch nicht weiter. Die Erwartung der Bürgerinnen und Bürger lautet laut einer Forsa-Umfrage mit großer Mehrheit: keine undurchdachten Schnellschüsse.

Die Bundesregierung hat ein Paket vorgelegt, das im Bundestag beraten und weiterentwickelt wird. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Kampf gegen die menschenverachtende Ideologie des Islamismus. Wir müssen Terrornetzwerke zerschlagen und einer Radikalisierung von Menschen vorbeugen. Aus meiner Sicht sind auch die Betreiber der sozialen Medien noch stärker in die Pflicht zu nehmen, um IS-Propaganda von den Plattformen zu verbannen.

Was uns nicht hilft, sind populistische Vorschläge zur Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl, wie sie leider von der Union zu hören sind. Von der mangelnden Umsetzbarkeit ganz zu schweigen.

Der Attentäter von Solingen hatte sich der Ausreise nach Bulgarien entziehen können. Hieraus sind Lehren zu ziehen: In Kombination mit den bereits in Kraft getretenen Gesetzesänderungen wird das schnell vorgelegte Paket der Bundesregierung unser Asylsystem und das Zusammenspiel der verschiedenen Behörden effizienter machen. Die im Frühjahr überarbeiteten europäischen Regeln werden zudem einen Beitrag leisten, Asylbewerber besser in der EU zu verteilen. 

Differenzierung tut not: Die Integration etwa der vielen syrischen Geflüchteten seit 2014 ist, wie die Zahlen der inzwischen Erwerbstätigen zeigen, eine Erfolgsgeschichte. Wer aber unsere Gesellschaft und unsere Verfassung ablehnt und schwere Straftaten begeht, hat bei uns keinen Platz! 

Die Koalition hat schon viel dafür getan, neue legale Wege in den deutschen Arbeitsmarkt zu schaffen. Ein Generalverdacht gegen Geflüchtete schwächt dagegen die Akzeptanz für die notwendige Zuwanderung in der Gesellschaft und konterkariert das Bemühen um dringend benötigte zusätzliche Arbeitskräfte. Wir schaden damit letztendlich unseren eigenen Interessen. 
 

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