Politik

Eine Original-Rolex ist teuer und die Wartezeiten sind lang. Das Geschäft mit Fälschungen wie hier auf dem Bild boomt deshalb. (Foto: dpa/AP/Charles Rex Arbogast)

05.04.2024

Statussymbole zum Discountpreis

Produktpiraterie nimmt stark zu – die EU will jetzt dagegen vorgehen

Produktpiraterie ist in der EU inzwischen ein riesiges Problem. Denn der Handel mit Marken- und Produktfälschungen hat negative wirtschaftliche Folgen für die gesamte Volkswirtschaft. Schätzungen gehen davon aus, dass europaweit jährlich circa 100 Millionen Fälschungen beschlagnahmt werden. Gefälschte Produkte haben inzwischen einen Anteil von 5 bis 9 Prozent am Welthandel. Betroffen sind vor allem elektronische Ausrüstung, Computer, Kleidung, Sportschuhe, Parfums und Kosmetik, Mobiltelefone, Sonnenbrillen, Handtaschen, Uhren und elektronische Spielekonsolen.

In Deutschland liegt der durch Markenpiraterie verursachte Schaden nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bei 30 Milliarden Euro pro Jahr. Dieser Schaden setzt sich einerseits zusammen aus geringerem Umsatz und Gewinn der Unternehmen, weil die Konkurrenz durch die Fälscherware ihnen das Wasser abgräbt. Andererseits entsteht dem Staat ein Schaden durch geringere Steuereinnahmen. Aber auch die Kundschaft erleidet einen Schaden, weil die gefälschten Produkte oft von minderer Qualität sind.

Der wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen führt auch zum Jobabbau, weil weniger Waren verkauft werden können. Nach Angaben der Europäischen Union ist davon auszugehen, dass pro Jahr weltweit rund 2 Millionen Arbeitsplätze – 70 000 davon in Deutschland – aufgrund von Markenpiraterie verloren gehen.

Nachahmungen offline wie online bekämpfen

Die EU will jetzt gegen gefälschte Produkte vorgehen. Und Nachahmungen offline wie online bekämpfen. Mit höheren Strafmaßen soll auch das Recht am geistigen Eigentum besser geschützt werden.

Das bayerische Wirtschaftsministerium begrüßt die EU-Initiative. Auf einer EU-weiten Plattform (EUIPO IP Enforcement Portal) sollen die geprellten Unternehmen die für die Rechtsdurchsetzung erforderlichen Informationen austauschen können. Zoll- und Polizeibehörden können diese Informationen abrufen und mit den Rechtsinhabern, sprich den Herstellern in Kontakt treten. Zum Einsatz kommen dabei neue Technologien wie Bilderkennung, künstliche Intelligenz und Blockchain.

Bereits jetzt kann der Zoll Waren aus Nicht-EU-Staaten, die möglicherweise geistiges Eigentum verletzen beschlagnahmen. Die geschädigten Firmen können dann die betroffenen Waren prüfen und gegen die Einfuhr vorgehen.

Damit die Zollbehörden tätig werden, müssen Betroffene dort aber erst einen Antrag stellen. „Ein wirksamer Schutz gegen Fälschungen erfordert, dass Unternehmen Schutzrechte anmelden und konsequent durchsetzen“, so ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Oftmals nehmen die Firmen die Schäden nämlich einfach hin.

Shein und Temu: Direktversand ist ein Problem

Ein großes Problem bei der Durchsetzung der europäischen Produkt- und Verbraucherschutzrechte stellt der Direktversand von Waren aus dem nichteuropäischen Ausland dar. Speziell über die in letzter Zeit boomenden chinesischen Online-Plattformen Temu und Shein werden in großen Umfang Waren in die EU importiert, die oftmals europäischen Bestimmungen nicht genügen, etwa elektronische Geräte, deren Akkus nicht den europäischen Sicherheitsstandards entsprechen und im Extremfall auch mal explodieren können. Ein Problem dabei ist, dass es schwierig ist, solche Vergehen ausländischer Herstellern zu sanktionieren.

„Weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber sind in der Lage, ihre Verordnungen und Gesetze gegenüber chinesischen Unternehmen vollständig durchzusetzen“, sagt Stephan Tromp, Vize-Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Das gilt laut HDE auch für das deutsche Lieferkettengesetz. Diese Regelung soll die Einhaltung von Menschenrechten bei Zulieferern garantieren und gilt seit Januar auch für Firmen mit mindestens 1000 Beschäftigten im Inland. Die zuständige Bundesbehörde, klagt Tromp, kümmere sich einfach nicht darum, bei ausländischen Herstellern die Einhaltung europäischer Gesetze einzufordern. Ein Armutszeugnis für die sonst so eifrige Verwaltung.
(Ralph Schweinfurth)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.