Politik

18.11.2022

Unnötige Corona-Maßnahmen: Wo bleibt die Entschuldigung?

Ein Kommentar von David Lohmann

Corona-Maßnahmen fallen derzeit schneller als die Blätter von den Bäumen. Erst verkündete Ministerpräsident Markus Söder das Ende der Isolationspflicht, jetzt spricht er vom baldigen Aus der Maskenpflicht im ÖPNV. Auch die Impfpflicht im Gesundheitsbereich soll Ende des Jahres auslaufen. Sie bringe mehr Schaden als Nutzen. Dabei pochte Söder im Frühjahr noch auf eine allgemeine Impfpflicht: „Ohne Impfen keine Freiheit.“

Andere Corona-Hardliner griffen zu noch drastischeren Worten. Weltärztebundchef Frank Ulrich Montgomery sprach von der „Tyrannei der Ungeimpften“, Karl Lauterbach (SPD), damals noch nicht Gesundheitsminister, sah „das ganze Land in Geiselhaft dieser Menschen“. Wer Zweifel an den Impfstoffen mit Notfallzulassung hatte, wurde durch die 2G-Regelung vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, beruflich benachteiligt und als Verschwörungstheoretiker*in diffamiert. 

Statt belastbare Daten zu erheben, wurde nach Bauchgefühl auf die vermeintlich Schuldigen eingedroschen

Natürlich herrschte zu Beginn der Krise große Unsicherheit. Doch statt belastbare Daten zu erheben, wurde nach Bauchgefühl auf die vermeintlich Schuldigen eingedroschen. Erst im Sommer kam der Corona-Expertenrat der Bundesregierung zu dem Ergebnis, dass die 2G- und 3G-Zugangsbeschränkungen keinen messbaren Nutzen hatten. Selbst die Notwendigkeit von Lockdowns, die auch viele geimpfte Menschen ihre Existenz gekostet haben, wurde laut Universität Würzburg wegen Falschberechnungen überschätzt.

Besonders hart trafen die Vorverurteilungen Kinder. Sie seien die „Treiber der Pandemie“, hieß es lange. Die Folge: dauerhafte Kita- und Schulschließungen, die laut Robert Koch-Institut vielfach zu Angsterkrankungen geführt haben. Was berufstätige Eltern oder Alleinerziehende damals durchgemacht haben, lässt sich nur erahnen. Heute nennt Lauterbach die Schließungen „definitiv medizinisch nicht angemessen“.

Entschuldigen will er sich nicht. Auch andere Wortführer, darunter Söder, äußerten bisher kein Wort des Bedauerns. Andere Länder sind da weiter: In Frankreich entschuldigten sich führende Fachleute für die harten Regeln in Schulen und Altenheimen. In der kanadischen Provinz Alberta bat die Premierministerin wegen der Diskriminierung Ungeimpfter um Verzeihung. Schritte zur Versöhnung, auf die man hierzulande noch wartet.

Kommentare (1)

  1. Wolfgang Mordechai Seidel-Guyenot am 06.12.2022
    Ja, eine Entschuldigung wäre gut. Ich wollte keine Impfung, da mir die Clinical Trials zu kurz vorkamen und ich die mRNA-Technolgie als noch nicht ausgereift genug erachtete. Ich bin übrigens Biologe und meine Ansicht (die ich bis heute vertrete) beruht auf wissenschaftlichen Überlegungen, keineswegs weil ich irgendwelchen dubiosen "Verschwörungstheorien" anhänge. Trotzdem erfuhr ich Diskriminierung und Ausgrenzung. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie groß die Belastungen damals für mich waren. Geimpfte Freunde darum bitten zu müssen für mich Klamotten, Bücher oder Haushaltsutensilien zu kaufen, weil ich nur in Discounter, Apotheken und Drogerien durfte. Die Angst vor einer Zwangsimpfung, als die allgemeine Impfpflicht zur Debatte stand. Frustration, Depression und aufkommende Wut. Ich bin bekannt für meine sanfte und vergebende Wesensart. Aber ich muss gestehen, dass mich damals langsam Zorn zu erfüllen begann. Es war so, als ob mein fühlendes Herz in Flammen stand. ICh wollte niemals hassen, aber es begann irgendwie unendlich zu brodeln und zu kochen. Nur durch Meditation und Gespräche mit Freunden konnte ich mich davor bewahren in den Abgrund des Hasses hineinzufallen. Nein - gottseidank wurde ich nicht zum Hasser. Mittlerweile beobachte ich, dass der Aussöhnungsprozess zwischen den "Geimpften" und den damals so verschmähten "Ungeimpften" bei den einfachen Menschen dieses Landes Fahrt aufnimmt. Familienmitglieder, Kollegen und Bekannte, die mir damals wegen meines "Ungeimpftenstatus" teilweise sehr harte und verletzende Dinge sagten und mich nicht mehr zu sich einluden, beginnen sich zu entschuldigen. Natürlich akzeptiere ich diese Entschuldigungen, denn es sind Menschen, die mir einst nahestanden und es wieder sein sollen. Aber die Politiker, die Experten, die lassen mit ihren Entschuldigungen leider auf sich warten. Dabei wäre es doch so einfach. "Entschuldigung, ich/wir haben die Ungeimpften zu Unrecht und über jedwedes in einer Demokratie zulässige Maß ausgegrenzt und drangsaliert. Es war ein Fehler. Wir taten es, weil wir damals alle unwissend waren, wir hatten bestimmte Informationen einfach nicht zu unserer Verfügung und uns in eine Art Rauschzustand hineingesteigert hatten. Es tut uns so leid!"
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