Die Rückkehr zur Normalität rückt immer stärker in den Fokus. Und doch werden viele Urlaubsträume in diesem Corona-Jahr unerfüllt bleiben. Fernreisen im Sommer erteilt der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, bereits eine kategorische Absage. Ein klein wenig Hoffnung macht er aber auch. Ein Sommerurlaub auf den Balearen oder den griechischen Inseln sei vielleicht noch drin, sagt er. Wenn es die Infektionslage dort zulasse.
Noch aber sind die Grenzen geschlossen. Und die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt bis 14. Juni – vorerst. Kein Wunder also, dass viele Deutsche ihren Sommer in der Heimat planen, wie eine Auswertung von Hotelplattformen der thematica GmbH zeigt. Besonders attraktiv: Bayern. Ganze 49 Prozent der Suchanfragen betreffen den Freistaat. Kommt es also zu einem Massenansturm auf Bayerns Berge, Seen und Touristen-Hotspots?
„Unsere Quartiere sind in vielen Bereichen und Zeiten bereits ausgebucht“, erklärt Stephan Semmelmayr, Geschäftsführer des Chiemgau-Tourismus-Verbands. Dürften die Betriebe morgen aufmachen, hätten sie 100 Prozent Belegung, bestätigt Bernhard Joachim, Geschäftsführer des Tourismusverbands Allgäu. Bis Hotels und Pensionen in Bayern öffnen dürfen, dauert es zwar noch bis zum 30. Mai. Die sind aber erleichtert, dass Markus Söder am Dienstag endlich auch einen Fahrplan für die Öffnung des Tourismussektors verkündet hat. Zu spät und zu vorsichtig, wie FDP und AfD monieren, während alle anderen Fraktionen im Landtag die behutsame Vorgehensweise der Staatsregierung goutieren.
Wellnessbereiche und Schwimmbäder bleiben zu. Die Gästezahlen werden beschränkt. Und die Beherbergungsbetriebe müssen wie die Gaststätten, die bereits ab dem 25. Mai aufsperren dürfen, eigene Hygienekonzepte ausarbeiten. Vieles ist aber noch gar nicht festgezurrt. Aktuell arbeitet das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und dem Beauftragten für Bürokratieabbau an einem Konzept. Offen ist zum Beispiel, wie eine Gästebeschränkung aussehen kann. In Niedersachsen, wo die Hotels bereits wieder öffnen dürfen, ist eine Auslastung von maximal 50 Prozent vorgesehen. „Das geht gar nicht“, sagt Thomas Geppert, Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. „Was bringt es, wenn nur jedes zweite Hotelzimmer belegt ist?“, fragt er. „Das Virus geht nicht durch die Wand.“ Ebenso wenig versteht er die kategorische Schließung von Wellnessbereichen. „Mit Wasser oder Hitze hat das Virus kein Problem, sondern mit Begegnungen.“ Geppert hofft, dass man sich mit den Ministerien bis Mitte nächster Woche einigen kann, damit die Betriebe mit den Vorbereitungen loslegen können. Aus seiner Sicht völlig ausreichend: eine Verpflichtung auf die Einhaltung von Abstandsgeboten und Hygienerichtlinien.
Onlinetickets für den Chiemsee
Klar ist: Je mehr Regulierungen es gibt, desto mehr drückt das den Umsatz der sowieso stark gebeutelten Branche. In Bayern arbeitet jeder 17. Erwerbstätige in der komplett stillgelegten Hotellerie und Gastronomie. Klar ist aber auch: Je laxer die Vorschriften, desto höher die Gefahr, dass die Infektionen wieder steigen.
Eine Gefahr, die auch außerhalb von Hotels, Gaststätten und Golfplätzen mit dem absehbaren Touristenansturm einhergeht. „Beliebte Ausflugsziele, Badeseen, Berggipfel ziehen Menschen magisch an“, warnt Christian Zwanziger, Sprecher für Tourismus der Landtags-Grünen. Er fordert deshalb von der Staatsregierung auch Maßnahmen für den Tagestourismus. Man arbeite mit Hochdruck an Konzepten, um eine Entzerrung von Besucherströmen zu erreichen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
In den Regionen selbst gibt es dazu schon Ideen. „Unsere Überlegungen reichen von Onlinetickets für den Chiemseestrand oder die Winklmoosalm bis hin zu einer Infoseite, wo Urlauber und Tagesgäste vor der Anfahrt schauen können, was geöffnet hat und wo eventuell die Kapazitäten schon erschöpft sind“, erklärt Semmelmayr vom Chiemgau-Tourismus-Verband. Verschiedene Lösungen würden bereits geprüft.
Auch die Branche ist daran interessiert, das Risiko für steigende Infektionszahlen zu minimieren. Von einer „atmenden Strategie“ spricht Söder. Lockerungen könnten bei einer Verschlechterung der Situation auch wieder rückgängig gemacht werden. Insofern werden die Pfingstferien für den Tourismus in Bayern wohl ein wichtiger Testlauf für die Sommerferien werden. Semmelmayr hofft auf die Vernunft der Betreiber und der Gäste. Und er gibt sich optimistisch: „Wenn sich alle diszipliniert verhalten, werden weitere Schritte zügig folgen.“
(Angelika Kahl)
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