Mehr Lehrkräfte, höhere Sicherheit, Ausbau der Öko-Energien: Was ist aus den Ankündigungen im Freistaat geworden? Ein Überblick.
Beim Thema erneuerbare Energien wollte Bayern stark zulegen. Gelungen ist das nur bedingt. Vom Sonnenstrom etwa wurde im Sommer teils viel mehr produziert, als benötigt wurde. Dies führt zu negativen Strompreisen: Es fließt Geld dafür, den überschüssigen Strom loszuwerden. Weil Netzkapazitäten fehlen. An düsteren Tagen muss Bayern dagegen Strom importieren. Auch, weil der Freistaat trotz Lockerung der 10H-Regel bei der Windkraft nicht vorankommt. Das Ziel, bis 2030 bayernweit 1000 neue Windräder zu bauen, wird nicht leicht zu erreichen sein. In den ersten zehn Monaten 2024 gingen in Bayern laut Windbranche.de nur vier neue Windkraftanlagen in Betrieb, zugleich wurden aber vier abgebaut. Immerhin: Die Zahl der Genehmigungen stieg zuletzt spürbar. Bayerns Wasserstoffstrategie musste zuletzt ebenfalls Rückschläge verkraften.
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Es waren schockierende Zahlen, die eine Anfrage der Staatszeitung im Oktober ans Licht brachte. Die Zahl der angezeigten Straftaten an den großen bayerischen Hauptbahnhöfen hat deutlich zugenommen. Das bayerische Innenministerium reagierte zügig. Ab Anfang 2025 will man die Bahnhöfe sicherer machen. So soll unter anderem in München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg die Videoüberwachung ausgebaut werden. Unabhängig davon stockte der Freistaat auch in diesem Jahr die Zahl seiner Polizist*innen weiter auf. Sorge bereitet den Sicherheitsbehörden weiterhin die Zunahme an Gewalt- und Sexualdelikten im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Auch die Zuwanderung junger, männlicher Migranten spielt hier eine Rolle.
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Kein EU-Land hat so viele Flüchtlinge aufgenommen wie Deutschland; oft, obwohl es gar nicht zuständig wäre. Das Dubliner Übereinkommen sieht vor, dass der EU-Staat, der Asylbewerber*innen registriert, für diese verantwortlich ist. Bayern beklagt dies und hat mehr Abschiebungen angekündigt. Doch die Abschiebung illegal eingereister Flüchtlinge klappt nur sehr selten. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es laut Innenministerium bayernweit 5612 Übernahmeersuche, doch lediglich in 540 Fällen kam es zu Überstellungen. Auch andere ausreisepflichtige Migrant*innen müssen nur selten den Freistaat verlassen. Bis Ende September wurden 2240 Menschen aus Bayern abgeschoben, ein Drittel mehr als in den ersten neun Monaten 2023.
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Damit erst gar nicht so viele Menschen zu uns kommen, wollte Bayern sogenannte Pullfaktoren begrenzen. Deshalb wurde dieses Jahr eine Bezahlkarte für Asylbewerber*innen eingeführt. Sie können damit zwar etwa Lebensmittel kaufen, jedoch nur 50 Euro bar abheben. Die Kommunen sind mit den bisherigen Erfahrungen zufrieden. Flüchtlingsorganisationen lehnen die Karte ab und versuchen diese mit Tauschmodellen zu umgehen – bislang mit mäßigem Erfolg.
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Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern hieß es: Seit diesem Schuljahr müssen alle Schulen in Bayern einmal pro Woche in einer Verfassungsviertelstunde die Bedeutung demokratischer Werte vermitteln. Tatsächlich ist das angelaufen. Einige Schulen integrieren die Verfassungsviertelstunde in den normalen Unterricht. Andere laden Fachleute ein, die anhand von aktuellen Ereignissen etwa über den Wert unabhängiger Justiz referieren. Positiv: Die Schulen haben den Freiraum, das selbst auszugestalten.
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Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung: So lautete die Ankündigung. Tatsächlich wurden die ersten zwei sogenannten Modernisierungsgesetze im Landtag nun verabschiedet. Schwerpunkt ist das Baurecht: Für den Dachgeschossausbau braucht man künftig keine Genehmigung mehr, Vorschriften für die Gartengestaltung fallen weg. Abgeschafft werden Stellplatz- und Spielplatzpflicht bei Bauprojekten, die Kommunen müssen dafür aber eigene Satzungen erlassen. Immerhin, ein Anfang wurde gemacht. Das Ziel, die staatliche Verwaltung bis 2025 komplett zu digitalisieren, wurde dagegen verfehlt. Allerdings liegt Bayern bei vielen digitalen Leistungen vorne.
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Am Stammtisch sind Gendersternchen ein Aufreger. Da wollte Bayerns Staatsregierung entschlossenes Handeln demonstrieren. Ein Genderverbot wurde beschlossen, es gilt für Schulen, Hochschulen und staatliche Behörden. Bewirkt hat es nicht viel: Denn Student*innen und Schüler*innen dürfen nach wie vor so viel gendern, wie sie wollen. Hochschulpersonal darf wegen der Freiheit der Lehre schreiben, wie es will, zumindest in wissenschaftlichen Texten und Vorlesungen. Ohnehin sollte mit dem Verbot an Hochschulen ein Problem gelöst werden, das es laut Studierendenvertretungen gar nicht gab: dass die Verwendung von Genderstern und Co an die Benotung gekoppelt ist. Das, sagen Hochschulen, sei nämlich nicht vorgekommen.
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Dass die Berliner Ampel-Regierung den Anbau und Genuss von Cannabis teilweise legalisiert hat, ärgert Bayerns Staatsregierung gewaltig. Man wolle den Cannabiskonsum begrenzen und werde das Bundesgesetz „extremst restriktiv“ auslegen, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an. Das ist gelungen. Bislang wurde noch kein einziger Cannabisclub vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit genehmigt. Zudem verbietet das bayerische Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz den Konsum in der Außengastronomie oder auf Volksfesten. Vorläufiger Höhepunkt der bayerischen Härte war die Razzia in einer Münchner Apotheke. Der Verdacht: Dort sei Haschisch unerlaubt hergestellt worden. Dabei dürfen Apotheken Cannabisprodukte zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken herstellen.
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10 000 neue Wohnungen, bezugsfertig bis 2025 – das war 2018 die Ankündigung des staatlichen Wohnbauunternehmens BayernHeim. Die Zahl wird wohl erreicht werden. Aber nicht in fertiggestelltem Zustand. Laut Bauministerium hat die BayernHeim bislang 9350 Wohnungen „auf den Weg gebracht“. Tatsächlich vermietet sind 433. Davon sind heuer 166 an drei Standorten dazugekommen, für 77 weitere läuft die Vermietungsphase. Im Bau hat die BayernHeim derzeit 4100 Wohnungen, 2300 mehr als zu Beginn des Jahres. Der Rest ist in Planung oder Entwicklung. Zur weiteren Beschleunigung des Wohnungsbaus wurde kürzlich die Fusion der drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften BayernHeim, Stadi-Bau und Siedlungswerk Nürnberg unter dem Dach einer gemeinsamen Holding beschlossen.
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Wie im Koalitionsvertrag verankert hat die Staatsregierung auch heuer wieder 1600 zusätzliche Lehrerplanstellen geschaffen. Was zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels gut klingt, hat einen Haken: Längst nicht alle neuen Stellen konnten wegen fehlender Bewerber*innen besetzt werden, auch nicht mit Zeitverträgen. Zu Schuljahresbeginn waren nach Auskunft des Kultusministeriums allein an den Grund- und Mittelschulen 850 der rund 43 000 benötigten Vollzeitkapazitäten nicht abgedeckt. Der Pflichtunterricht konnte damit trotzdem gesichert werden, mancherorts mussten aber Förder- und Wahlkurse ausfallen oder größere Klassen gebildet werden. Wie geplant geschaffen wurden je 300 neue Stellen für pädagogische Ergänzungskräfte und Verwaltungsangestellte. (Jürgen Umlauft, Tobias Lill, Waltraud Taschner, Thorsten Stark)
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