Vergessen, Zahnpasta einzukaufen? Nicht genug Klopapier im Haus? Am Sonntagmorgen kommt man da schnell in Teufels Küche. Künftig könnten solche kleineren Notfälle leichter zu bewältigen sein. Denn endlich macht sich die bayerische Staatsregierung daran, ein eigenes Ladenschlussgesetz auf die Beine zu stellen, statt am Ladenschlussgesetz des Bundes festzuhalten. Das nämlich besteht in seiner ursprünglichen Fassung bereits seit 1956.
Höchste Zeit also für ein Update. Die Umbrüche im Lebensmittelhandel sind bekanntlich groß. Der Tante-Emma-Laden auf dem Land hat längst dichtgemacht. Wo sich Supermärkte nicht rechnen, übernehmen Tankstellen am Ortsrand die Nahversorgung der Dorfbewohner*innen. In der Stadt wiederum lässt man sich, wenn die Zeit knapp ist, alles, was man braucht, per Bestellung übers Internet nach Hause bringen.
Zugleich hat eine Entwicklung eingesetzt, die man noch vor Kurzem im Bereich Science-Fiction verortet hätte: Immer mehr vollautomatisierte Geschäfte sprießen aus dem Boden. Noch sind die Zahlen überschaubar. Aber der Trend scheint – auch wegen des grassierenden Fachkräftemangels – unaufhaltsam. Allerdings gilt bislang in Bayern: Supermärkte ohne Verkaufspersonal dürfen nicht rund um die Uhr geöffnet haben. Auch Reinigungs- und Auffülltätigkeiten an Sonn- und Feiertagen sind nicht zulässig. Klar, dass sich hier was ändern muss. Etwas lockerer, offener, zeitgemäßer sollte das neue Ladenschlussgesetz schon sein.
Jede Menge Sonderregelungen sorgen ohnehin bereits für mehr Freiheit beim Einkauf: Apotheken, Flughäfen und Tankstellen können Waren außerhalb der üblichen Öffnungszeiten verkaufen. Milch, Bäcker- und Konditoreiwaren, Blumen und Zeitungen sind an Sonn- und Feiertagen überall erhältlich. Auch Kur- und Erholungsorte profitieren von Ausnahmeregelungen und können bestimmte Waren an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen pro Jahr anbieten. Erlaubt sind darüber hinaus pro Jahr und Kommune vier verkaufsoffene Sonntage und eine lange Einkaufsnacht. Wie viele es künftig sein werden, ist offen.
Beim ersten Runden Tisch Anfang der Woche, den das Staatsministerium für Arbeit und Soziales (StMAS) durchführte, bestand, wie ein Sprecher erklärt, Einigkeit darüber, die Eckpfeiler des Bundesladenschlussgesetzes beizubehalten. An der Ladenöffnung an Werktagen von 6 bis 20 Uhr wolle niemand rütteln. „Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es keinen Bedarf gibt“, so der Ministeriumssprecher. Wer sich hier mehr Freiheit wünscht, scheitert ohnehin an der Realität. Es fehlt schlicht das Personal. Und: Die Mehrheit der Kund*innen mag halt doch nicht nach der Tagesschau Milch kaufen gehen.
Sowohl der Bayerische Städtetag als auch der Gemeindetag geben sich, was ihre Wünsche an die Politik anbelangt, bescheiden. An den Ladenöffnungszeiten will man festhalten, den Schutz von Sonn- und Feiertagen beibehalten, „mit Blick auf die inhabergeführten, mittelständischen Läden, die sonst nicht mithalten könnten“, so ein Sprecher des Städtetags. Gefordert werden lediglich größere Entscheidungsspielräume für die Kommunen. „Die Bürgermeister und Gemeinden wissen doch selbst am besten, was passt“, so Hans-Peter Mayer, Geschäftsführer des Gemeindetags.
Bisher braucht es immer einen bestimmten Anlass
Bisher müssen Kommunen, die ihre Geschäfte an einem Sonn- oder Feiertag öffnen oder eine Shopping-Nacht anbieten wollen, einen „Anlass“ aus dem Hut zaubern und einen entsprechenden Antrag bei den Kreisbehörden stellen. Nicht immer wird dem Antrag stattgegeben. Eine bürokratische Hürde, von der man sich gern verabschieden würde. Mayers Forderung: „Einen Rahmen, Leitplanken rechts und links, und dann: Lasst die Gemeinden gewähren.“ Für die Zukunft digitaler Kleinstsupermärkte bringt Mayer den Vorschlag einer sonntäglichen Teilöffnung ins Spiel. So könne man den Befürchtungen von Gewerkschaften und Kirchen, das Personal werde belastet und der Sonntag entwertet, „ein bisschen Rechnung tragen“.
Die Betreiber der Kette Tegut, die in Bayern bereits sechs Standorte mit begehbaren Warenautomaten bespielt, will da naturgemäß mehr. „24/7 ist Teil des Konzepts“, so ein Sprecher auf Anfrage. „Der Einkauf soll nicht mehr lange geplant werden, sondern ohne großen Aufwand nebenbei und zu jeder Zeit erledigt werden können.“ Besonders viel gekauft werde in den Warenautomaten dann, wenn andere Geschäfte geschlossen sind. Also nachts und sonntags. Gefahren für die Sonntagsruhe sieht er trotzdem nicht. „In unseren Teos werden die Regale letztmalig am Samstag aufgefüllt und dann erst wieder am Montag. An Sonntagen ist hier grundsätzlich niemand im Einsatz.“
In Hessen allerdings werde derzeit der Weg für Sonntagsöffnungen digitaler Läden geebnet. „Wir erhoffen uns hiervon einen Impuls für andere Bundesländer“, sagt der Tegut-Sprecher. In den Gemeinden, in denen heute Teo-Warenautomaten stehen, habe man Ausnahmegenehmigungen erzielt. „Bürgermeister und Landräte waren ihrerseits so überzeugt von diesem Konzept, dass wir mit offenen Armen empfangen wurden“, erklärt der Sprecher. Seien das die Vorzeichen, werde „die Expansion gern fortgesetzt“. (Monika Goetsch)
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