Politik

Manche Arbeitgeber bedrängen ihre Beschäftigten, auch im Krankheitsfall zur Arbeit zu kommen. Dadurch werden Krankheiten verschleppt, kritisieren Gewerkschaften. (Foto: dpa)

25.05.2018

Wenn das Gehalt von der Gesundheit abhängt

Die Deutsche Post ist nicht das einzige Unternehmen, bei dem Mitarbeiter mit häufigen Krankheitsfehlzeiten Konsequenzen drohen

Der Aufschrei war groß, als die Deutsche Post zuletzt einräumen musste, dass bei Mitarbeitern mit befristeten Verträgen eine mögliche Übernahme auch von der Zahl der Krankheitstage abhänge. Doch es gibt hierzulande noch weitere Unternehmen, bei denen es für einen Mitarbeiter Konsequenzen hat, wenn er zu oft wegen einer Grippe oder Rückenschmerzen zu Hause bleibt. Beim Autoriesen Daimler etwa bekommen Mitarbeiter auf Grundlage einer noch relativ neuen Betriebsvereinbarung 50 Euro für jedes Quartal, in dem sie nicht krankgemeldet sind. Und bei BMW ist die Erfolgsbeteiligung an die Zahl der geleisteten Arbeitstage gekoppelt. „Ist jemand länger als sechs Wochen am Stück krank, bekommt er weniger Gewinnbeteiligung“, sagt ein Betriebsrat des Autobauers.

Während bei Industriearbeitern die Zulage für die Angestellten in der Regel eher ein nettes Zubrot ist, dürften viele Mitarbeiter im Niedriglohnbereich auf die Gesundheitsprämie angewiesen sein. Solche oft auch Anwesenheitsprämien genannten Zahlungen seien „ein durchaus verbreitetes Instrument über Branchengrenzen hinweg“, monierte der DGB Bayern bereits 2014.

2017 hat der Versandriese Amazon ein hochumstrittenes Bonussystem eingeführt. An einem Teil der Standorte spielen seither die Krankheitstage bei der Bezahlung eine Rolle, an anderen konnten Betriebsräte dessen Einführung verhindern. Bei einem Bahnanbieter und einem großen Lebensmittelkonzern können Mitarbeiter im Vergleich zu ihren Kollegen sogar mehrere Hundert Euro im Monat verlieren, wenn sie zu viel krankgemeldet sind. Selbst kommunale Betriebe wie die Stadtwerke Homburg zahlen zum Teil kräftige Prämien an Gesunde. Für Aufregung sorgte auch der Fall eines mittelständischen Call Centers mit Sitz in Oberbayern: Dort hatten in den vergangenen Jahren mehrfach Mitarbeiter berichtet, dass immense Teile ihres Gehalts von einer Gesundheitsprämie abhingen – von bis zu einem Drittel des Lohns war die Rede.

Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, hält Gesundheitsprämien für den „falschen Weg“. Statt für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen zu sorgen, würden so „falsche Anreize geschaffen“. Jena kritisiert: „Bedrängen Arbeitgeber ihre Beschäftigten, auch im Krankheitsfall zur Arbeit zu kommen, werden Krankheiten verschleppt.“ Bayerns Verdi-Chefin Luise Klemens sieht das ebenso. Sie verweist auf die damit oft einhergehende Ansteckungsgefahr für die Kollegen.

Doch solche Prämien sind auch unsozial: „Wer ohnehin schon gesundheitliche Probleme hat, ist damit gleich doppelt gestraft“, sagt Klemens. Gleiches gelte auch für die Regelungen bei der Post. Der Briefriese will derweil an der von Gewerkschaftern kritisierten Praxis festhalten. Wer in zwei Jahren mehr als 20 Tage fehlt, wird auch künftig fast keine Chance auf eine Übernahme haben. (Tobias Lill)

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