Politik

Laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) liegt Deutschland in Bezug auf die Sammelquote von Elektroaltgeräten wie Handys auf dem 19. Platz. (Foto: dpa/Uwe Anspach)

11.10.2024

Wertvolle Rohstoffe gehen verloren

Beim Elektroschrottrecycling ist noch viel Luft nach oben

Egal ob kaputte Toaster, veraltete Smartphones, leistungsschwache Solarmodule oder kaputte Waschmaschinen – beim Elektroschrottrecycling muss sich in Deutschland und damit auch in Bayern noch viel entwickeln. Laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) liegt Deutschland in Bezug auf die Sammelquote von Elektroaltgeräten auf dem 19. Platz (Daten der EU-Mitgliedstaaten für 2021). Länder wie Irland, Finnland oder Österreich erreichen deutlich höhere Sammelquoten.

Woran hapert es hierzulande? Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der DUH, nennt die Elektroschrott-Sammelquote in Deutschland „beschämend“. 2023 lag sie laut DUH bei nur rund 30 Prozent, obwohl die EU eine Quote von 65 Prozent gesetzlich vorschreibt. Diese Vorgabe wird Fischer zufolge von Deutschland bereits seit fünf Jahren nicht erfüllt. Vor allem der Onlinehandel und auch der stationäre Handel machten zu wenig flächendeckende und praxistaugliche Rücknahmeangebote.

Fatal ist das deshalb, weil nur aus Altgeräten, die Recyclinganlagen erreichen, Stoffe zurückgewonnen werden. Gut läuft das Recycling derzeit beispielsweise bei Eisen, Aluminium, Kupfer, Gold, Silber, Palladium oder Platin – sie alle werden zu etwa 95 Prozent recycelt. Probleme gibt es bei seltenen Materialien wie Tantal, Indium, Gallium, Kobalt; sie werden viel zu selten zurückgegeben und recycelt. Auch werden Kunststoffe oft nur minderwertig recycelt oder verbrannt. Häufig liegt das daran, dass Bauteile oder Batterien aus Geräten nicht entfernt werden können, weil sie fest verklebt sind.

Ein weiteres Problem: Die Deutschen kaufen viele Neugeräte. Im Jahr 2021 erreichte Deutschland mit über 30 Kilo pro Kopf und Jahr Platz zwei im EU-Vergleich. „Wenn viele Elektrogeräte verkauft werden, fällt später mehr Elektroschrott an“, so die DUH.

In Bayern wurden im Jahr 2022 insgesamt 97 657 Tonnen Elektroschrott aus privaten Haushalten zurückgenommen. 

Und was ist mit billiger Onlineware aus Fernost?

Elektro- und Elektronikaltgeräte müssen in speziell zertifizierten, sogenannten Erstbehandlungsanlagen recycelt werden. Derzeit gibt es in Bayern 67 dieser Anlagen. Für die Sammlung der Altgeräte stehen im Freistaat bei den Kommunen rund 900 Standorte für Kühlgeräte, rund 1200 Standorte für Großgeräte, Bildschirme und Monitore sowie über 1700 Standorte für Kleingeräte und Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik zur Verfügung.

Doch dort werden längst nicht alle Altgeräte abgegeben. Das Umweltbundesamt hat herausgefunden, dass etwa 86 000 Tonnen Elektroschrott jedes Jahr im Hausmüll landen. Das ist etwa ein Kilo pro Kopf und Jahr. Hinzu kommen noch sogenannte Fehlwürfe in die Gelbe Tonne oder in die Papiertonne. Im Hausmüll landen vor allem Elektrokleingeräte wie Einweg-E-Zigaretten, Mobiltelefone oder Rasierer. Problematisch ist, dass in diesen Geräten häufig noch Lithium-Ionen-Batterien enthalten sind, die bei Transporten und in Entsorgungsanlagen Brände auslösen können. Hinzu kommt, dass diese Geräte oft auch besonders viele wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Gold oder Kupfer enthalten.

Was wäre nötig, um die Recyclingquoten zu erhöhen? Die Umwelthilfe plädiert für ein Pfandsystem. Ein Pfand könnte auf Geräte mit besonders hoher Umweltrelevanz, wie zum Beispiel Mobiltelefone, erhoben werden und so die Rückgabequoten erhöhen. Momentan schlummern mehr als 200 Millionen Althandys in den deutschen Schubladen, obwohl viele wiederverwendet werden könnten. In den Geräten befinden sich wertvolle Ressourcen wie Gold, Silber, Platin oder Kupfer.

Auch die Politik hat das Thema auf dem Schirm. Die Ampel-Parteien haben im Mai einen Entwurf zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) vorgestellt. Er sieht vor, dass Elektrokleingeräte mit einer Kantenlänge bis zu 50 Zentimetern (statt bisher 25 Zentimetern) zurückgenommen werden. Die Informationspflichten für die Unternehmen sollen deutlich ausgebaut werden. Einheitliche Logos und Infotafeln am Haupteingang, ergänzt durch Informationen am direkten Verkaufsort im Markt, sollen auf die Rückgabemöglichkeiten hinweisen.

Der Handelsverband Bayern ist wenig begeistert und verweist auf die ausländische Onlinekonkurrenz, die davon gar nicht betroffen wäre. Pressesprecher Bernd Ohlmann sagt: „Statt die hier ansässigen Handelsunternehmen mit immer weitreichenderen Rücknahmepflichten zu konfrontieren und zu belasten, sollte dringend eine klare Durchsetzung der bestehenden Regeln für alle Marktteilnehmer erfolgen.“ Denn die Flut an Elektrogeräten, die übers Internet auf asiatischen Plattformen wie Shein oder Temu bestellt werden, sei von der Gesetzesinitiative der Bundesregierung nicht betroffen.

Was außerdem helfen würde: verbindliche Kriterien für alle Elektrogeräte – egal, wo diese produziert werden. Damit diese auch tatsächlich recycelt werden können, etwa, weil Akkus nicht verklebt und damit herausnehmbar sind. Daneben könnten Hersteller verpflichtet werden, beim Produzieren neuer Elektrogeräte auch Recyclingmaterial aus alten Elektrogeräten zu verwenden – weltweit. (Ralph Schweinfurth)
 

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