Es gibt Motorrad- und Skifans, Unausgeschlafene, Gestresste und Überarbeitete, Menschen, die rauchen und trinken, Fettleibige, Mager- und Drogensüchtige. Alles Personen, die ein erhöhtes Risiko haben, krank oder sogar schwer krank zu werden und kostspielige medizinische Behandlungen zu benötigen.
Hinzugekommen ist im Spiel mit dem gesundheitlichen Risiko eine neue Gruppe: die der Ungeimpften. Sie erkranken häufiger schwer an Covid. Und das ist für die Gesellschaft alles andere als billig. So teilt etwa die BKK auf Anfrage mit, dass die Versorgung der Covid-Patienten und -Patientinnen im Krankenhaus im Jahr 2020 rund 11 600 Euro pro Fall gekostet habe. Im vergangenen Jahr waren es 9920 Euro. Intensivbehandlungen mit Beatmung sind noch teurer. Sie lagen laut BKK bei fast 40 000 Euro, 2021 bei fast 30 000 Euro pro Fall.
Long Covid zu behandeln ist ebenfalls teuer
Hinzu kommen häufig Kosten für einen Aufenthalt in der Reha. Und: Auch die notwendige Behandlung von Long Covid geht ins Geld. Da liegt der Gedanke nahe, Impfverweigernde an den Kosten ihrer medizinischen Versorgung zu beteiligen. Schließlich haben vor allem Ungeimpfte schwere Verläufe. Zugleich könnte man so einen weiteren Anreiz setzen, sich doch endlich impfen zu lassen. Der bayerische Gesundheitsminister und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Klaus Holetschek (CSU), brachte darum vor Weihnachten neben der Beteiligung an den Behandlungskosten auch die Streichung des Krankengelds und höhere Krankenkassenbeiträge für Ungeimpfte ins Spiel.
Sein Vorschlag traf zu Recht auf Ablehnung. „Das Solidarprinzip ist ein tragender Pfeiler der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland“, so etwa ein Sprecher des AOK-Bundesverbands. „Im Krankheitsfall übernimmt die Solidargemeinschaft die Kosten, unabhängig vom individuellen Verhalten oder Lebensstil. Eine Änderung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen würde an den Grundfesten der GKV rütteln.“ Auch eine Sprecherin des Verbands der Ersatzkassen erklärt: „Malusregeln, die an ein nicht optimales Verhalten der Versicherten gekoppelt sind, sind mit dem Solidargedanken der GKV nicht vereinbar.“
Tatsächlich behandelt die gesetzliche Krankenversicherung alle gleich. Auch wenn in der Vergangenheit immer wieder darüber diskutiert wurde, die Raucher*innen für die Folgen ihrer Sucht bezahlen zu lassen: Letztlich siegte immer das Solidaritätsprinzip.
Eine gewisse Leistungsbeschränkung gibt es allerdings doch: Versicherungen beteiligen sich nur an Eingriffen, die medizinisch erforderlich sind. So werden etwa ästhetische Operationen, Tätowierungen oder Piercings von den gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich nicht bezahlt. Kommt es nach einer solchen Behandlung zu Komplikationen, müssen sich die Patient*innen an den entstehenden Kosten beteiligen oder sie sogar ganz tragen. Auch das übliche Krankengeld erhalten sie nicht oder nur zum Teil. Verpflichtend eingeführt wurden in der Branche 2015 Bonusprogramme. Wer sich gesundheitsbewusst verhält und das brav im Bonusheft dokumentiert, erhält Geld- oder Sachleistungen. Belohnt werden etwa Gesundheits-Check-ups, die Teilnahme an Entspannungskursen und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, jährliche Zahnarztbesuche und die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. So wird ein Anreiz geschaffen, Angebote primärer Prävention zu nutzen.
Auch Impfungen machen sich bezahlt: Die Securvita BKK belohnt ihre Versicherten längst mit zehn Euro pro Piks – das Angebot gilt auch für Corona-Impfungen.
Kontrollieren lassen sich die Bonusprogramme leicht, können doch viele Maßnahmen von Ärzt*innen oder der Kursleitung quittiert werden. Unumstritten sind die Bonusprogramme allerdings trotzdem nicht. Denn ob sie wirklich zu Verhaltensänderungen führen oder nur diejenigen belohnen, die ohnehin schon eine hohe Gesundheitskompetenz besitzen, ist fraglich. Außerdem setzen die Boni häufig voraus, dass die Versicherten in eine finanzielle Vorleistung gehen, etwa, indem eine Mitgliedschaft mit einem Fitnessstudio abgeschlossen wird. Insgesamt aber gilt: Bonusregeln gibt es, Malusregeln nicht.
Privatkassen fragen teils den Body-Mass-Index ab
Einen Sonderfall bilden die privaten Krankenversicherungen. Dort ist ein Gesundheitsfragebogen die Eintrittskarte in die Versicherung. Was darin abgefragt wird, entscheidet jede Versicherung selbst, das sei „Teil des Wettbewerbs“, so ein Sprecher des Verbands der Privaten Krankenversicherung PKV. Während manche Unternehmen nur nach ernsthaften Erkrankungen der jüngsten Vergangenheit fragen, interessieren sich andere zusätzlich für den Body-Mass-Index. Bewerberinnen und Bewerber können aufgrund ihrer Antworten – anders als in den gesetzlichen Krankenkassen – abgelehnt werden.
Möglich, dass eine Versicherung einen Risikozuschlag verlangt, etwa für Rauchen oder Fettleibigkeit, oder bestimmte Leistungen von vornherein ganz ausnimmt. Der Impfstatus jedoch werde nicht abgefragt, so der Sprecher des PKV. Die Debeka hatte allerdings zuletzt bekannt gegeben, dass, wer an Covid erkrankt ist, bis zum Abschluss der Police mindestens ein Vierteljahr warten muss. Auch Risikozuschläge schließt die Versicherung nicht aus. (Monika Goetsch)
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