Politik

Markus Söder (CSU, 2.v.l), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, Friedrich Merz (2.v.r), Bundesvorsitzender der CDU und CDU-Kanzlerkandidat, und Alexander Dobrindt (r), CSU-Landesgruppenchef, laufen zusammen zur Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag. (Foto: dpa)

08.01.2025

Ziemlich beste Freunde - Merz zeigt bei seinem Besuch der CSU-Granden den Willen zur Geschlossenheit

Gemeinsamer Wahlkampfauftakt: Während CDU-Ministerpräsident Günther aus Schleswig-Holstein stänkert, demonstrieren CDU-Chef Merz und CSU-Boss Söder bei der Klausur der CSU-Landesgruppe den Schulterschluss

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat im Fall eines Sieges der Union bei der Bundestagswahl eine Kehrtwende in zentralen Politikfeldern angekündigt. "Es wird ein Ende dieser Wirtschaftspolitik geben. Es wird ein Ende dieser Einwanderungspolitik geben. Es wird ein Ende dieser naiven Außenpolitik geben", sagte der CDU-Vorsitzende bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon.

Alle, die mit der Union regieren wollten, müssten sich fragen, ob sie sich in diesen Fragen ändern wollten. "Wenn sie sich nicht ändern wollen, dann bleiben sie am Wegesrand stehen." Merz reagierte damit auf die Frage, ob er sich eine Koalition mit den Grünen nach der Wahl am 23. Februar weiter offenhalte. Er betonte, er mache keinen Koalitionswahlkampf, sondern einen Wahlkampf für die Union. 

Gemeinsamer Start von CDU und CSU in den Wahlkampf

Die jährliche Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Seeon war in diesem Jahr der Auftakt der Union für einen kurzen und intensiven Bundestagswahlkampf. Die beiden Schwesterparteien nutzten ihn, um ein Höchstmaß an Geschlossenheit zu demonstrieren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte: "CDU und CSU marschieren im Gleichschritt auf diese Bundestagswahl zu." Man wolle mit Leidenschaft für den nötigen Politikwechsel kämpfen. 
Merz klang ganz ähnlich: "Wir gehen gemeinsam nicht nur geschlossen, sondern mit großem Optimismus auch in diesen Wahlkampf." Am 23. Februar solle das Kapitel Scholz, das Kapitel Ampel beendet werden und eine "neue Ära" mit Merz als Bundeskanzler beginnen, betonte CSU-Chef Markus Söder. "Du hast unsere hundertprozentige Unterstützung. Wir wollen, dass Du Bundeskanzler wirst und eine neue Bundesregierung bildest."

CSU erleichtert über Wandel der CDU-Programmatik

Damit unterscheidet sich das Verhältnis der Unionsparteien und das ihrer Vorsitzenden deutlich von dem im Bundestagswahlkampf 2021. Damals musste Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) nicht nur gegen den politischen Gegner kämpfen, sondern auch ständige Querschüsse aus München ertragen.

Viel zu tun hat das auch mit dem unter Merz vollzogenen programmatischen Wandel der CDU. Das gilt insbesondere für das Thema Migration, das seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 der Hauptstreitpunkt zwischen CDU und CSU war. Zwischen dem "Wir schaffen das" von Kanzlerin Angela Merkel und der Obergrenzen-Forderung des damaligen CSU-Chefs Horst Seehofer lagen Welten. 

Inzwischen haben sich die Positionen angeglichen. Der Vorstoß von Merz unmittelbar vor der CSU-Klausur, eingebürgerten Ausländern mit zwei Pässen, die straffällig werden, die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen, empörte zwar die Rest-Ampel-Parteien SPD und Grüne, traf aber voll den Geschmack der Schwesterpartei. 

In der CDU wehe nun "ein anderer Geist", befand Söder schon zum Seeon-Auftakt euphorisch. Und zum Abschluss nickte er anerkennend, als Merz fast reumütig sagte: "Ich weiß, welche Fehler die Union, vor allem die CDU, meine Partei in dieser Frage in den Jahren 15, 16, 17 gemacht hat. Wir wollen diese Fehler nicht nur nicht wiederholen, wir wollen unsere Politik und wir werden unsere Politik in dieser Frage grundlegend korrigieren." 

Abarbeiten an den Grünen

Zu den leichten Dissonanzen, die es zwischen CDU und CSU noch gibt, gehört das Verhältnis zu den Grünen. Das Nein Söders zu einer möglichen künftigen Zusammenarbeit klang lange Zeit erheblich kategorischer und härter als das von Merz. Dieser ging jedoch auch in Seeon weiter auf Söder zu.

Er habe sich über Weihnachten nochmals intensiv mit den Wirtschaftsdaten befasst, berichtete Merz. Seine Einschätzung der tatsächlichen Lage der deutschen Volkswirtschaft sei noch einmal kritischer geworden. "Und auch mein innerer Abstand zu denjenigen, die das zu verantworten haben." Das sei neben dem Kanzler eben besonders der Bundeswirtschaftsminister. 
Fachleute sehen Fehler bis in Ära Merkel zurück

Dass ihre Verteufelung von Robert Habeck (Grüne) als das "Gesicht der Krise in Deutschland" (O-Ton Dobrindt) durch die Fakten nicht ganz gedeckt ist, bekam die Union in Seeon gleich zweimal zu hören. Erst bemängelte die Präsidentin des Verbandes Die Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, dass es seit 20 Jahren keine grundlegenden Reformen für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit gegeben habe. "Die letzte große Reform war die Agenda 2010, damals allerdings durchgeführt von Roten und Grünen."

Dann referierte am Schlusstag die Wirtschaftsweise Veronika Grimm: "Wir haben jetzt fünf Jahre ohne Wachstum. Wir sind auf der gleichen Wirtschaftsleistung wie 2019." Beides zeigt: Die aktuelle Wirtschaftsmisere - eines der zentralen Wahlkampfthemen - hat ihre Wurzeln zumindest teilweise bereits in Zeiten von Unionsregierungen. 

Unterschiede auch bei einem CSU-Lieblingsthema

Zurückhaltend sah Merz auch die CSU-Forderung nach einer Ausweitung der sogenannten Mütterrente. Das sei immer ein Thema der CSU gewesen, dass man mit großer Sympathie begleitet habe, auch er selbst. "Wir stehen allerdings immer auch vor der Frage: Sollen wir nicht auch die Infrastruktur für die Betreuung von Kindern verbessern? Das wird man abwägen müssen im Ergebnis", sagte Merz und stellte dann klar: "Da habe ich einen anderen Schwerpunkt."


Das war jedoch nur ein Randaspekt. Insgesamt herrschte in Seeon eitel Sonnenschein - wobei ausgerechnet dieser fehlte. Die schönen Bilder am besten mit blauem Himmel und glitzerndem Schnee, die die CSU von ihren Klausurtagungen gern in die Republik schickt, gab es nicht, weil es grau und regnerisch war. Gewissermaßen ein Vorgeschmack auf den gerade begonnenen Winterwahlkampf.  (Ulrich Steinkohl und Christoph Trost)

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