Politik

Vielen Menschen verhagelt der Mund-Nasen-Schutz die Einkaufslaune. Bayerns Wirtschaftsministerium wäre hier gern großzügiger. (Foto: dpa/Kirsten Nijhof)

10.07.2020

Zoff um die Maske

Zumindest in größeren Läden könnte man flexibel sein

Die Maskenpflicht bleibt, entschieden diese Woche die Gesundheitsminister der Länder gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) – sehr zum Leidwesen des Handels. „Man sollte es den Kunden freistellen, ob sie hier mit Maske reinkommen oder nicht“, sagt etwa eine Boutiquebesitzerin aus Erlangen. In ihrem Geschäft gebe es kaum Gedränge, sodass der Mindestabstand immer eingehalten werden könne. Ohne Maske steige die Stimmung und damit die Kaufbereitschaft.

Diese Aussage stützt auch der aktuelle Corona Consumer Check des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln. So würde bei 52 Prozent der Befragten die Kauflaune steigen, wenn sie in den Geschäften keine Maske tragen müssten. 50 Prozent mehr Leute würden in den Läden stöbern, 48 Prozent die Geschäfte öfter aufsuchen und 29 Prozent würden mehr kaufen. Deshalb sieht IFH-Geschäftsführer Boris Hedde in der Maske eine psychologische und physische Barriere. „Wenn wir Konsumentinnen und Konsumenten befragen, und das haben wir, sagt uns mehr als jeder zweite, wenn wir jetzt keine Maske mehr tragen müssten, würde das die Kauflust enorm steigern“, so Hedde.

Hedde kann sich auch vorstellen, sich mit Alternativen zur Maskenpflicht auseinanderzusetzen. Um die Innenstädte nicht zu überlasten, würden zum Beispiel in Südamerika an bestimmten Tagen nur bestimmte Menschen zum Einkaufen zugelassen. „Das wird anhand der Personalausweisnummer geregelt“, erklärt Hedde. Auch auf diese Weise könne man das Infektionsrisiko senken.

Kauflaune steigt nur langsam

Fakt ist: Zwar steigt die Kauflaune der Deutschen wieder – allerdings nur langsam. Das Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK prognostiziert für Juli einen Wert von minus 9,6 Punkten – deutlich besser als im Juni mit minus 18,6 Punkten, aber immer noch der drittschlechteste jemals ermittelte Wert.

Auch der Handelsverband Bayern (HBE) verzeichnet eine allmähliche Verbesserung der Lage für den bayerischen Handel. „Umsatz und Frequenz liegen noch immer ein Drittel unter normal“, sagt Bernd Ohlmann, Geschäftsführer und Pressesprecher des HBE. Er betont aber, dass das ein Durchschnittswert sei. „Einigen Geschäften geht es besser, manchen aber auch schlechter.“

Anfang Mai, kurz nach der kompletten Wiederöffnung der Läden, hatte der Handelsverband Umsatz und Frequenz noch in etwa auf die Hälfte des Normalzustands geschätzt.

Was Abhilfe schaffen könnte, ist eine differenzierte Maskenpflicht: Maske auf in Geschäften mit viel Kundschaft oder in kleinen, verwinkelten Läden; Maske runter in Geschäften mit wenig Kundenverkehr oder in großen Fachmärkten mit weitläufigen Verkaufsflächen, guter Belüftung und einer Wegeführung, die für möglichst großen Abstand unter der Kundschaft sorgt.

Freie Wähler wollen eine differenzierte Maskenpflicht

Im FW-geführten bayerischen Wirtschaftsministerium könnte man sich das durchaus vorstellen. Und zwar dann, wenn es in einer Region nur wenige Infektionen gebe und in Geschäften der nötige Mindestabstand eingehalten werde. So sieht das auch Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freie-Wähler-Landtagsfraktion: „In Geschäften, in denen man gesichert eineinhalb Meter Abstand halten kann, können wir uns durchaus vorstellen, dass man keine Maske braucht“, sagt Mehring der Staatszeitung.

Eine solche Differenzierung würde der FDP-Forderung entgegenkommen, zu überprüfen, ob das bundesweite Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen noch verhältnismäßig ist. Michael Theurer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, meinte dazu diese Woche: „Wo es regional über einen längeren Zeitraum gar kein akutes Infektionsgeschehen gibt, ist sogar der sehr geringfügige Eingriff einer Maskenpflicht nicht mehr verhältnismäßig.“

Wirtschaftsministerium unterstützt Online-Aktivitäten

Um die Verluste wegen mangelnder Kauflaune aufgrund der Maskenpflicht zu minimieren, unterstützt das bayerische Wirtschaftsministerium die Online-Aktivitäten der Händler. Damit könne ein Teil des Kauferlebnisses – die Informationsphase – im Internet, also ohne Maske, stattfinden. Das verkürze die Zeit mit Mund-Nasen-Bedeckung beim realen Einkaufen.

Inwieweit die Maskenpflicht Einzelhändler in den Ruin treibt, ist im Übrigen noch unklar. Bislang sind die Firmenpleiten eher gering, weil die Pflicht zur Insolvenzanmeldung außer Kraft gesetzt wurde. Allerdings beurteilt laut Ifo Konjunkturtest Bayern für Juni 2020 ein Fünftel der Einzelhändler ihre Lage als existenzbedrohlich.

Und wer dieser Tage durch die Innenstädte schlendert und die immer mehr werdenden „Wir schließen“-Schilder sieht, weiß ohnehin, wohin der Trend geht. Wenn nicht endlich gegengesteuert wird.
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (1)

  1. voa zua am 16.07.2020
    Ich (als rechtskundige Person) empfinde den Eingriff bezgl. der Maskenpflicht als heftig. Nicht als geringfügig wie im Bericht erwähnt. Vgl. die Pflicht (wenn nicht freiwllig gewählt) für Muslima das Gesicht zu verschleiern...
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