Unser Bayern

Den Prinzipien des englischen Landschaftsgartens folgend, wurde auch im Bamberger Hain ein subtiles Miteinander von Natur und Architektur geschaffen. (Foto: Staatsbibliothek Bamberg)

14.07.2023

Ein Arkadien für alle

Der Bamberger Hain ist der zweitälteste Volkspark der europäischen Gartengeschichte

Wildlife Gardening, Guerilla Gardening und Urban Gardening haben derzeit Hochkonjunktur – als Folge des Klimawandels, eines stärkeren ökologischen Bewusstseins und damit verbundenen Bemühens um Nachhaltigkeit. Die Idee der Stadtbegrünung hat natürlich ältere Traditionslinien, erhielt aber durch die von England Ende des 19. Jahrhunderts ausgehende Gartenstadtbewegung wesentliche Impulse bis heute. Die Gestaltungsform von Volksgärten beziehungsweise Stadtgärten als Erholungsräume für die Stadtbevölkerung reicht bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück und verortete sich in der Regel an Stellen, wo sich Gelände geringeren Bodenwerts nicht besser verwerten ließ. Dies trifft in dieser Hinsicht allerdings weniger für Bamberg zu, das sich gerade durch das produktive Gärtnerland in der Stadt auszeichnete.

Im Süden Bambergs, an die Hainstraße anschließend, befindet sich der sogenannte Hainpark. Er umfasst den Theresienhain nördlich des Münchener Rings und den südlich gelegenen Luisenhain. Der dem Luisenhain am Regnitzufer östlich gegenüberliegende kleine, hier untergeordnete Luitpoldhain vollendet die Trias. Der Mühlwörth bildet heute das nördliche Ende des flusswärts gelegenen Hains. Dieser – nach dem Vorbild des Englischen Gartens in München angelegte – Volkspark entstand ab 1803 auf Wunsch des Kurfürsten Maximilian IV. Joseph; ab 1806, als Bayern Königreich wurde, regierte er als Maximilian I. Joseph. Mit der Vorstellung eines Volksparks repräsentierte der Bamberger Hain nach dem Englischen Garten in München das älteste Beispiel dieses Typs in der europäischen Gartengeschichte.

Zunächst ein Nutzwald

Früher stand auf der Insel zwischen den Flussläufen, die sich mit jedem Hochwasser änderten, ein Auwald. Dieser mit Eschen, Erlen und Eichen durchsetzte Auwald war im Besitz des Domkapitels und wurde den Müllern zum Lehen gegeben, die dort Holz für Bau und Ausbesserung ihrer Mühlen fanden. Außerdem diente der Auwald als Rohstoffquelle für die Eichenlohe der Gerber, ferner als Weide für das Vieh und Eichelmastgrund der Mühlschweine. Bereits 1595 besingt der bambergische Historiograf Martin Hofmann den Mühlwörth in seiner lateinischen Elegie Urbs Bamberga, sich erfreuend an der Stille des Haines, dem Murmeln der Wasserläufe, der Kühlung durch linden Lufthauch – wenn er nur nicht vom weidenden Vieh und dem Arbeiten im Wald gestört werden würde. Noch aber stand der Nutzwert der Rohstoffe für die Gewerke im Vordergrund.

Die eigentliche Idee für einen Landschaftsgarten lieferte aber erst nach 1775 Christian Caius Hirschfeld in seiner später mehrbändigen Theorie der Gartenkunst. Darin formulierte er das Hauptziel eines Parkes, nämlich dienlich zu sein für den „Spaziergang des Volkes“, zur „Bewegung, Genuß der freyen Luft“ und „Erholung von Geschäften, geselligen Unterhaltung“. Eine Richtungsänderung bedeutete der „Volksgarten“, für den Hirschfeld die Einfügung gerader Alleen empfahl, wie sie bereits von den Promenaden außerhalb der Städte geläufig waren, zumal früher die Benutzung von Alleen als Privileg des Adels erachtet wurde. In Bamberg war bereits mit der Anlage einer Promenade an der Stelle des eins­tigen Stadtgrabens zwischen Hauptwache und Langgasser Tor 1777/1779 auf Veranlassung des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim ein erster Schritt getan worden.

Anmutiger Lustort

Das eigentliche Arkadien im Gebiet des Haines erkannten schon Auswärtige, so der 1792 Bamberg besuchende Theologe Clemens Alois Baader, der von seinem „Lieblingsspaziergang … oberhalb der Schießhütte am Ufer der Regnitz“ spricht. Ein „romantisches Wäldchen“ auf der einen und „Weinberge mit Landhäusern“ auf der anderen Seite des Flusses eigneten sich nach Meinung Baaders bestens dazu, „diesen Wald zum anmuthigsten Lustorte zu machen“.

Als Lohn eines Spaziergangs durch den Unteren und Oberen Mühlwörth winkte der Ausflugsort Bug, wie es ein Brief vom Mai 1800 beschreibt, als die Tochter der Schriftstellerin Caroline Schlegel (Muse verschiedener Dichter und Denker der Romantik) den Bamberger Hain besuchte. Den „Vergnügungsort der Bamberger“ in Bug („Buch“) erlebte sie als „ein Haus, das eine sehr schöne Lage am Wasser hat, und wo ein großer Saal ist, wo alle Wochen zwei mal Musik und Tanz ist“. „Sehr schön“ empfand sie den Weg dorthin „längs dem Flusse, der Rednitz (Regnitz)“ durch „einen sehr schönen Eichenwald“ zur Linken und „auf der anderen Seite des Flusses eine Kette von schönen grünen Hügeln, die sich im Wasser spiegeln und oben mit niedlichen kleinen Gartenhäuserchen gekrönt sind … kurz es ist eine himmlische Gegend“.

Aber erst mit der Säkularisation 1803, welche Franken zu den Gebieten Bayerns hinzufügte, gelang es auf Betreiben des Wittelsbacher Herrschers, einen Volksgarten einzurichten. Vorangegangen war München, wo bereits 1789 der heutige Englische Garten als erster Volkspark seiner Art in Europa angelegt worden war, der drei Jahre später seine Pforten für alle Münchner Bürger öffnete. Noch im März 1803 gab die neue Regierung in Bamberg ein Gutachten in Auftrag, wie „der Mühlwörth durch Ebnung der Wege, durch Pflanzung von Bäumen an den Ufern, … Setzung von Ruhebänken, Rosenstauden und anderem … mit geringen Kosten … verschönert werden könne“. Genau genommen ist der bereits mit kurfürstlicher Verfügung von 1804 gesicherte Theresienhain das älteste Naturschutzobjekt in Deutschland überhaupt und zugleich ein erstes Waldschutzgebiet. In der Zeit von 1803 bis 1851 wurde dieser Auwald zu einem Volkspark im Stil englischer Landschaftsgärten umgewandelt, zumal – wie es in einer Anordnung zur „Schonung der neuen Promenade im Mühlwörthe“ 1803 verlautete – „die Natur (hier) alles, die Kunst dagegen nicht das Geringste gethan“ hatte.

Transfer vom Schloss in den Volkspark

Deshalb bestand Handlungsbedarf zur Umgestaltung, und ein trauriges Reservoir von Elementen hierzu bot Schloss Seehof. Alles, „was an blumentragenden Sträuchern und Bäumen überflüssig ist und was an Rosen, Spiräen, Flieder und Philadelphus abgegeben werden kann“, wurde 1805 vom ehemaligen fürstbischöflichen Lustschloss bei Memmelsdorf in den neuen Volksgarten verbracht – vermutlich inklusive eines ers­ten Landschaftstempelchens, des Monopteros (sogenannter Druidentempel). Ganz dem zeitgenössischen Geschmack entsprechend war er von Wasser umgeben und über eine neu errichtete Brücke erreichbar. Die Wirkung wurde nicht verfehlt. 1826 hält ein Besucher in seinem Tagebuch fest, dass „am Ende des Haines, auf einer künstlich errichteten, sanften Anhöhe … ein schöner Tempel (stehe), von dem man zwischen dem Buchenwalde und einer Reihe alter Eichen ein herrliches Perspektiv nach Hirscheid (Hirschaid) hat, dessen hoher Turm bei Sonnenschein wie ein Spiegel glänzt“.

Bereits damals wurde das Areal durch den Hollergraben in zwei Teile gespalten: den Unteren und den Oberen Mühlwörth, die wir heute als Theresien- und Luisenhain kennen. Hinsichtlich ihrer Besitzverhältnisse und der zum Teil damit verknüpften Entstehungsgeschichte müssen beide Gebiete einzeln betrachtet werden.

Die Geschichte des Volksparks beginnt mit der Umgestaltung des Unteren Mühlwörth, der seit 1816 als Theresienhain nach der bayerischen Kronprinzessin, der Gemahlin des Bayernkönigs Ludwig I., benannt ist. Therese von Sachsen-Hildburghausen hatte 1810 auf der Brautfahrt nach München in Bamberg übernachtet. Zunächst wurde das Terrain durch die Pflanzung einer Lindenallee (sogenannte Stengelallee) zwischen dem linken Regnitzarm und dem Hollergraben erschlossen. Der eigentliche Gestalter der ersten Entstehungsphase des Volksparks war der königlich-bayerische Beamte Stephan Freiherr von Stengel (1750 bis 1822), seit 1803 Vizepräsident der bambergischen Landesdirektion. Ganz nach dem Vorbild des Englischen Gartens in München sollte der Garten Pavillons, Denkmäler und Tempelchen erhalten. Unter der Aufsicht des Freiherrn wurden in der Folge Gehölze gepflanzt, Wege angelegt und Staffagebauten wie der Monopteros errichtet. Mit dem Badehaus beziehungsweise der Brücke über den Hollergraben entstand ein Volkspark, der ganz im Sinne der englischen Gartenkunst Natur und Architektur miteinander kombinierte.

In städtischer Obhut

Auseinandersetzungen in Bezug auf die Unterhaltungskosten bewogen König Ludwig II. 1870, das Gelände der Stadt Bamberg zu schenken. Im Gegenzug musste Bamberg sich verpflichten, den Hain als Park für die Bevölkerung zu erhalten. 1808 entstand auch eine Kurhalle (ein Staffagebau aus dem Schlossgarten von Geyerswörth) zum Ausschank gesunder Getränke. Dieses Erfrischungshaus, Malmaison genannt, diente als Treffpunkt für „Lustwandler des Morgens und Abends“, wo auch – so 1819 in der Beschreibung Bambergs durch den Bibliothekar Johann Heinrich Jäck – „jeden Mittwoch und Freitag eine militärische Musik“ geboten wurde. 1910 musste es allerdings dem Denkmal König Ludwigs II. weichen und wanderte an den südlichen Rand der zu Ehren von Friedrich Schillers 100. Geburtstag 1859 benannten Schillerwiese im Luisenhain. Heute dient sie als Ruhetempel oder für Aufführungen und ist in den Sommermonaten ein beliebter Treffpunkt für die Jugend. 1815 veranlasste der Architekt Ferdinand von Hohenhausen, seines Zeichens königlicher Landbauinspektor und bei den Bambergern damals recht unbeliebt, die Errichtung eines Badehauses in der Mischung klassizistischer und ägyptischer Motive mit der lateinischen Überschrift „Salubritati“ („Dem Wohlbefinden gewidmet“).

Aufgrund vermeintlicher Nutzungsmängel – die Badekabinen sollen selbst im Sommer „Eiskeller“ gewesen sein – verballhornte die Bamberger Bevölkerung das edle Salubritati zum „Sauluderbadi“, rissen es 1913 ab und verwendeten lediglich die dekorativsten Teile als Musikpavillon wieder ... (Gerhard Handschuh)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe Juli/August des BSZ-Online-Magazins UNSER BAYERN. Sie können die komplette, 40-seitige Ausgabe downloaden unter www.bayerische-staatszeitung.de. Für BSZ-Abonnenten ist dieser Service kostenlos, sonst 3 Euro pro Ausgabe. 

 

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