Unser Bayern

Die GSB entsorgt alle gefährlichen Abfälle, die im Freistaat anfallen – ob fest, flüssig, pastös oder gasförmig. Hier der Blick in den Feststoffbunker. (Foto: GSB)

30.10.2024

Wohin mit dem schädlichen Müll?

Die Entsorgung gefährlichen Industrieabfalls im Freistaat und die Geschichte der GSB Sonderabfall-Entsorgung Bayern GmbH

Was ist Sondermüll? Der geläufige Begriff hat interessanterweise keine juristisch ausformulierte Definition. Stattdessen findet der Begriff „Gefährlicher Abfall“ Verwendung, der verschiedene Abfallarten mit festgelegten Gefährlichkeitsmerkmalen – etwa leicht entzündlich, kanzerogen oder ätzend – beschreibt. Ihnen allen ist gemein, dass sie eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen, weshalb für diese Abfälle spezielle Entsorgungswege gesetzlich vorgegeben sind. Grundlage ist die EU-weit geltende Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) über Abfälle und das Europäische Abfallverzeichnis (EAV), national umgesetzt in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV). Abfallrechtlich wird so in „Abfälle zur Verwertung“ und „Abfälle zur Beseitigung“ unterschieden.

Gefährliche Abfälle fallen ganz überwiegend bei der industriellen und gewerblichen Produktion an. Ihre Konsistenz ist fest, flüssig, pastös oder auch gasförmig. Mit 24,4 Millionen Tonnen ist ihre Menge, auch gemessen an den Abfällen aus Haushaltungen (399,1 Millionen Tonnen), mit rund 6 Prozent Anteil am deutschen Gesamtmüll­aufkommen vergleichsweise gering (Quelle: Destatis/Abfallaufkommen in Deutschland, 2022). Wegen ihres großen Gefährdungspotenzials  sind diese Sonderabfälle jedoch nur in eigens dafür errichteten technischen Anlagen sicher und umweltgerecht zu entsorgen. Industrielle und gewerbliche Erzeuger von Abfällen haben sich zur Beseitigung in Bayern der GSB Sonderabfall-Entsorgung Bayern GmbH zu bedienen. Reste an toxischen und umweltgefährdenden Chemikalien aus dem Haushalt oder Opas beim Kelleraufräumen überraschend vorgefundener Vorrat an „Wühlmaus-Tod“ sind beispielhaft für Beseitigungsabfälle privater Herkunft, die über die Schadstoffsammlungen der Landkreise und Städte ebenfalls ihren Weg zur GSB finden.

Die Grundlage dieser „Überlassungspflicht“ ist der Bayerische Abfallwirtschaftsplan, der für den Freistaat die übergeordneten Prinzipien der „Entsorgungsautarkie“ und der „Entsorgungsnähe“ vorgibt. Ein Ansatz, dessen Entwicklung als umweltpolitische Erfolgsgeschichte gesehen werden kann. Die aktuell anstehende Fortschreibung des Bayerischen Abfallwirtschaftsplans sieht hier entsprechend keine Änderungen vor.

Gründung der GSB

Bis man zur aktuellen Regelung kam und die dafür notwendige technische Infrastruktur bereitstand, war es jedoch ein langer Weg. Dieser begann in Bayern 1968, nachdem eine Arbeitsgruppe „Sonderabfall“ bei der Obersten Baubehörde eingerichtet worden war. Die Kommission erarbeitete Vorschläge zur Neuordnung der Sondermüllabfallwirtschaft in Bayern, die am 28. Januar 1970 in einen Antrag des Abgeordneten Jürgen Böddrich (SPD) an den Landtag mit der Aufforderung zur Gründung einer landesweiten Gesellschaft zur Sicherstellung der Sondermüllentsorgung unter Beteiligung des Staates, der kommunalen Spitzenverbände und der Industrie mündeten.

„CO2-Steuer“ auch für Abfälle
Dem 2019 eingeführten und 2022 novellierten Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) zufolge werden seit dem 1. Januar 2024 auch Hausmüll und Sonderabfälle in das nationale Emissionshandelssystem einbezogen – auch für sie wird die CO2-Steuer von derzeit 45 Euro je Tonne CO2, das bei der Verbrennung freigesetzt wird, fällig. Für die jährlich emittierte CO2-Menge muss ein Entsorgungsbetrieb ein nationales Emissionshandelssystem/nEHS-Zertifikat kaufen (Verkaufsplattform der Leipziger Energiebörse EEX) und bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt abgeben. Außerdem ist der Entsorger verpflichtet, einen „CO2-Überwachungsplan“ aufzustellen, umzusetzen und zu dokumentieren; der Plan muss durch externe Fachunternehmen zertifiziert werden (EBeV2030/Verordnung über die Emissionsberichterstattung nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz für die Jahre 2023 bis 2030).

Die Gesellschaft nahm ihre Tätigkeit mit der Übernahme der Betriebsstätten der „Vereinigung der Siedlungswasserwirtschaft in Bayern e.V.“ am 1. März 1971 an den Standorten Aschaffenburg, Augsburg, München-Großlappen, Neu-Ulm und Straß bei Passau samt dem dazugehörigen Personal auf. Parallel wurden mehrere Grundstücke in Pichl und Ebenhausen-Werk im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm erworben, um dort eine leis­tungsfähige Beseitigungsanlage zu errichten. Die GSB war in der Welt.

Der Standort in Baar-Ebenhausen-Werk hatte bereits eine lange Vorgeschichte: Ab 1865 fand dort industrielle Schießpulverproduktion statt. Während des Ersten Weltkriegs erzeugten dort 2600 Arbeiter etwa 280 Tonnen Schießpulver monatlich. Nach einem industriellen Dornröschenschlaf erfolgte 1938 die Reaktivierung der Pulverproduktion, und während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten bis zu 6000 Menschen in dem Werk, das zur Dynamit Nobel AG Troisdorf gehörte. Nach der kriegsbedingten Zerstörung der Anlage erfolgte die Nachnutzung des Geländes durch die Aufbaugesellschaft Ebenhausen-Werk und die GSB.

Um den besten Stand des Ingenieurwissens und des Anlagenbaus einzuholen, schrieb die GSB 1972 einen Ideenwettbewerb für die Errichtung einer Abfallverbrennungsanlage aus. Gewinner dieses Wettbewerbs war die Krauss-Maffei AG in München, die auch am 1. März 1974 den Zuschlag als Generalunternehmer für den Bau der ersten öffentlichen Sonderabfallverbrennungsanlage in Deutschland erhielt. Der Baubeginn war auf den 1. August 1974 festlegt. Namhafte Unternehmen wie Leonhard Moll, Held & Francke sowie Brown, Boveri & Cie waren an den Bauarbeiten beteiligt. Die technische Infrastruktur umfasste neben allgemeinen Einrichtungen (Fahrzeugwaage, Werkstatt mit Magazin, Betriebsgebäude mit Büros, Sozialräume und Zentrallabor) die Verbrennungsanlage für flüssige, pastöse und feste Sonderabfälle und Nebenanlagen, wie etwa eine chemisch-physikalische Behandlungsanlage für Altlaugen, Altsäuren, Galvanikschlämme, anorganische Schlämme und Lösungen sowie eine Kläranlage für die Reinigung von Industrieabwässern.

Neben der Verbrennungsanlage VA1 in Baar-Ebenhausen, die nach nur dreijähriger Bauzeit 1975 ihren Betrieb aufnahm, kamen für die GSB über die Jahre noch Sammelstellen in Aschaffenburg, Augsburg, München-Großlappen, Neu-Ulm, Mitterteich und Straß bei Passau hinzu. Bereits 1973 hatte die GSB eine kleine Verbrennungsanlage in Schweinfurt erworben und so ihr Einzugsbiet auch in dieser wichtigen Industrieregion Unterfrankens erweitert.

Der Betrieb in Schwabach

Die in ihrer heutigen Form existierende GSB hatte noch eine zweite Wurzel, den am 12. Dezember 1966 gegründeten Zweckverband Sondermüllplätze Mittelfranken (ZVSMM), der am 8. Juli 1968 mit sieben Mitarbeitern seinen Betrieb mit der Deponie Schwabach aufnahm. Schnell war jedoch klar, dass mit einer Deponie allein, einem kleinen Labor und einer Lkw-Waage die Entsorgung von gefährlichen Industrieabfällen nicht ausreichend darzustellen war. So erfolgte ab 1970 in mehreren Schritten der Ausbau der Deponie Schwabach zu einem Entsorgungsbetrieb. Am 6. März 1972 ging die erste Verbrennungsanlage offiziell in Betrieb, die bis zu ihrer Stilllegung am 10. März 1988 rund 230 000 Tonnen Sonderabfall thermisch entsorgte. Eine neue, modernere Anlage nahm dort am 22. April 1988 ihren Betrieb auf, ergänzt durch die im Jahr darauf errichtete Abwasserreinigungsanlage, die nunmehr über eine fünfstufige biologische Nachklärung des Abwassers verfügte. Allerdings zahlten sich die kostspieligen Investitionen für den ZVSMM nicht mehr aus. Ab 1993 kam der Verband in die roten Zahlen, weshalb man sich entschloss, am 1. Januar 1995 eine GmbH mit dem Namen Sonder-Abfall-Entsorgung Franken (SEF) zu gründen. Die Verluste ließen sich trotz allem nicht mehr ausgleichen, weshalb die SEF mit der GSB in Fusionsverhandlungen trat, die Ende 1999 zum Ziel führten: Zum 1. Januar 2000 fusionierte die SEF mit der GSB zur heutigen GSB Sonderabfall-Entsorgung Bayern GmbH. Der Zusammenschluss der beiden Entsorgungsunternehmen hatte allerdings für die SEF wenige Jahre später massive Konsequenzen: Nachdem am 30. November 1996 bereits die Verbrennungsanlage in Schweinfurt stillgelegt worden war, wurde 2001 auch auf der Deponie in Raindorf der Betrieb eingestellt. Die Abfälle wurden ab diesem Zeitpunkt in der Sonderabfalldeponie (SAD) Gallenbach im Landkreis Aichach-Friedberg abgelagert. 2005 wurde schließlich auch der Standort Schwabach mit seiner Verbrennungsanlage aus Rentabilitätsgründen geschlossen, was die Entlassung von 100 Mitarbeitern mit sich brachte. Die technischen Anlagen selbst waren schon seit Dezember 2004 Schritt für Schritt außer Betrieb genommen und in einen sicheren Zustand überführt worden.

Hochmoderne Sonderverbrennung

Die Schließung des Betriebsstandorts Schwabach war möglich, weil parallel die GSB ab 1993 am Standort Baar-Ebenhausen mit dem Bau einer neuen Sonderabfallverbrennungsanlage (SAV) begonnen hatte.  Bestehend aus zwei Drehrohröfen mit je 12 Meter Länge und 3,8 Meter Durchmesser sowie ausgestattet mit moderner Technik zur Reinigung der beim Verbrennungsprozess anfallenden Rauchgase, waren die VA2 und VA3 ein Meilenstein im Bau von Anlagen zur Hochtemperaturverbrennung gefährlicher Abfälle.

Diese neue Anlage war notwendig geworden, weil die bestehende VA1 die Richtlinien der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung (17. BImSchV) nicht mehr erfüllte. Mit Beschluss vom 10. Januar 1992 hatte die Regierung von Oberbayern den Plan für die wesentliche Änderung der Anlage genehmigt. Den Auftrag für den Bau der neuen SAV mit einem Investitionsvolumen von 312 Millionen DM erhielt 1992 die auf Maschinen- und Anlagenbau spezialisierte MAN-Gutehoffnungshütte (Oberhausen). 1996 nahm die neue SAV ihren Betrieb auf. Größten Wert legte man auf die Rauchgasreinigung ... (Christoph Bachmann)

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