Wirtschaft

Mitarbeiter von BMW arbeiten im Stammwerk in der Produktion an der Karosserie von verschiedenen Modellen des Autoherstellers. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

24.09.2024

Autogipfel: Habeck will bei Hilfen keine Schnellschüsse

Die Autoindustrie ist gemessen am Umsatz die größte Industriebranche in Deutschland. Sie ist aber unter Druck geraten. Was der "Autogipfel" bei Wirtschaftsminister Habeck brachte

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will nicht von einem "Autogipfel" oder "Krisengipfel" sprechen - aber die Lage der deutschen Schlüsselbranche ist angespannt. Nach digitalen Beratungen mit Vertretern der Autoindustrie stellte Habeck staatliche Unterstützung in Aussicht. Er betonte aber, es solle keine Schnellschüsse und keine "Strohfeuermaßnahmen" geben. 

"Strohfeuer" hätten nur den Effekt, dass der Markt kurzfristig hochgepumpt werde und danach möglicherweise wieder zusammensacke, sagte Habeck. Es gehe aber um langfristige Planbarkeit. Dazu habe es Übereinstimmung in der Runde gegeben. "Unter der Bedingung haben wir über verschiedene Möglichkeiten gesprochen." 

Die Aussagen des Grünen-Politikers zu "Strohfeuern" dürften auf Vorschläge zum Beispiel aus der SPD zielen. SPD-Wirtschaftspolitiker schlagen eine neue "Abwrackprämie 2.0" vor. Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3000 Euro geben. 

Beratungen in Bundesregierung

Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten, so Habeck. Die Botschaft: Potenzielle Käufer von E-Autos sollen sich nicht zurückhalten. Die Bundesregierung werde nun beraten, sagte der Minister. Konkrete mögliche Fördermaßnahmen nannte Habeck nicht. Der ohnehin stattfindende regelmäßige Dialog mit der Branche werde fortgesetzt. 

Der Minister sagte der Autoindustrie zudem Unterstützung auf EU-Ebene zu. Dabei geht es um sogenannte Flottengrenzwerte; das sind Vorgaben zum CO2-Ausstoß. Diese sollen schrittweise verschärft werden. Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. "Dem will ich gerne folgen." 

Es gehe aber nicht darum, dass "wir dadurch die Ziele automatisch schleifen", so der Minister. Viele Hersteller hätten sich darauf eingestellt. Einige hätten größere Probleme, andere geringere Probleme. 

Herstellern drohen Strafen

Der abrupte Wegfall der E-Auto-Prämie in Deutschland im vergangenen Jahr hat die Nachfrage nach Batterieautos einbrechen lassen. Die Hersteller stellt das gleich vor mehrere Probleme: Die Werke sind nicht ausgelastet, wegen der schärferen EU-Flottenziele für den CO2-Ausstoß ab 2025 drohen dann hohe Strafzahlungen. 

Mercedes-Chef Ola Källenius forderte Änderungen bei EU-Vorgaben zum Ausstoß von CO2. "Um die CO2-Vorgaben der EU ab 2025 einzuhalten, müsste der Elektroanteil schlagartig von zehn auf 25 Prozent steigen. Das ist kaum zu erreichen", sagte Källenius dem "Handelsblatt". 

Habeck dämpfte aber die Erwartungen bei den Grenzwerten. Es handle sich um ein europäisches Programm. Viele andere Länder hätten nicht die Herausforderungen Deutschlands. Zudem habe sich Deutschland in der Verkehrspolitik in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sagte Habeck mit Blick auf das umstrittene Vorgehen beim Thema E-Fuels. 

Branche in der Krise

Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen und hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Zugleich stockt auch das Geschäft im Ausland, vor allem in China. Mercedes und BMW kappten Gewinnerwartungen für das laufende Jahr. 

Volkswagen hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt und schließt Werksschließungen und betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr aus. Dagegen gibt es erbitterten Widerstand von Betriebsrat und IG Metall. Auch bei den Automobilzulieferern ist die Krise angekommen. Zugleich drängen neue Wettbewerber wie Tesla und Hersteller aus China in den Markt. 

In einem Papier von SPD-Wirtschaftspolitikern ist die Rede von einer nicht ausreichenden Modellpalette, insbesondere für den Massenmarkt. Verwiesen wird auch auf zu spät ausgebaute Ladeinfrastrukturen. 

Neue Förderungen?

Habeck hatte neue staatliche Fördermaßnahmen für Elektroautos in Aussicht gestellt. "Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung zu sehen, dass der Markt jetzt wieder anzieht", sagte er am Freitag einem Besuch des VW-Werks in Emden. Er verwies darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas gehe. 

Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Maßnahmen beschließt. Habeck sagte nach dem "Autogipfel", man kenne die Situation des Bundeshaushalts. 

Vor den Beratungen überschlugen sich Politiker und Verbände mit Vorschlägen, um die Autokonjunktur zu stärken. Neben einer neuen Abwrackprämie schlug die SPD auch ein "Social Leasing-Programm" nach französischem Vorbild vor - Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen. 

VW-Chef Oliver Blume sagte den Sendern RTL/ntv, Prämien könnten "kurzfristig stimulieren", gerade in den Einstiegssegmenten. Es gehe auch darum, die Erstzulassung von Elektrofahrzeugen steuerlich zu begünstigen. 

Bei BMW hieß es, die Automobilindustrie brauche keine "kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuer". Im Fokus sollten stattdessen nachhaltige Rahmenbedingungen stehen, die den Kunden die Entscheidung für elektrische Fahrzeuge vereinfachten.
Dazu gehörten flächendeckend Ladepunkte im öffentlichen wie im privaten Bereich sowie der Zugang zu günstigem Ladestrom. 

Habeck betont Kostenvorteile von E-Autos

Es lohne sich schon heute, ein E-Auto zu kaufen, sagte Habeck. Dieses habe gegenüber einem Verbrenner Kostenvorteile. Er nannte etwa Preisnachlässe der Hersteller nach dem Wegfall der staatlichen Förderung sowie steuerliche Vorteile. (Andreas Hoenig, Frank Johannsen, Christof Rührmair, dpa)

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