Wirtschaft

Für den 65-jährigen Rüdiger Grube heißt es nach knapp acht Jahren bei der Deutschen Bahn: Endstation und aussteigen. (Foto: dpa)

30.01.2017

Bahnchef Rüdiger Grube kündigt fristlos

Er wollte mehr Gehalt, das lehnte der Aufsichtsrat ab

Bahnchef Rüdiger Grube ist im Streit um eine Vertragsverlängerung am Montag, 30. Januar, zurückgetreten. Vorübergehend führt Finanzchef Richard Lutz den Bundeskonzern, ein Nachfolger soll zeitnah gefunden werden, wie die Bahn nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Darin waren Differenzen über die geplante Verlängerung für Grube zu Tage getreten. Der Vertrag lief noch bis Dezember. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Aufsichtsratskreisen erfuhr, warf Grube dem Kontrollgremium vor, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach anschließend von "wenig Einigungsbereitschaft auf beiden Seiten". "Das ist in der Tat eine so nicht zu erwartende Wendung", sagte Dobrindt in München.
Grube verlässt den Konzern inmitten einer großangelegten Initiative, die Qualität, Kundenzahl und Ergebnis der Bahn deutlich verbessern sollte. Erst kürzlich erklärte Grube das Programm "Zukunft Bahn" zur Chefsache.

Aus dem Umfeld des Aufsichtsrats war zu hören, Grube sei in der Sitzungsvorlage noch eine Vertragsverlängerung um drei Jahre bis Ende 2020 zugesichert worden. Der Vorstandschef habe dafür auf eine Gehaltserhöhung und auf eine Abfindung im Falle eines vorzeitigen Abgangs verzichtet.
In der Sitzung am Montag habe man ihm dann aber doch nur zwei weitere Jahre als Vorstandschef geben wollen. Grube wollte seinen Arbeitsplatz noch am Montag verlassen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft forderte eine schnelle Nachfolgelösung.

Wenig Begeisterung für einen möglichen Nachfolger Ronald Pofalla


Auf die Frage nach den Aussichten des früheren Kanzleramtsministers und Bahn-Vorstandsmitglieds Ronald Pofalla (CDU), Grubes Nachfolger zu werden sagte Dobrindt: "Wir gehen jetzt einfach auf die Suche. Es gibt jetzt überhaupt keinen Grund, im Vorfeld schon irgendwelche Namen ins Gespräch zu bringen." Und auch SPD-Fraktionsvize Sören Bartol riet, nun nichts zu überstürzen: "Da gibt es niemanden, der sich sofort aufdrängt." Hintergrund: Der als arrogant und rücksichtslos geltende Pofalla hat sich in seiner Zeit als Minister viele Feinde gemacht.

Der 65 Jahre alte Grube war seit 2009 Vorstandschef des bundeseigenen Konzerns mit weltweit 300 000 Angestellten und rund 40 Milliarden Euro Umsatz. Er übernahm die Führung nach der Affäre um massenhafte Ausspähung von Mitarbeiter-E-Mails unter seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn. Durch den Kauf der Auslandsverkehrstochter Arriva trieb Grube die internationale Ausrichtung voran. Nach einem Verlustjahr 2015 konnte er zuletzt auf ein verbessertes Ergebnis und eine gestiegene Pünktlichkeit der Züge verweisen.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte, Grube sei der Sündenbock für die falsche Bahnpolitik Dobrindts. Statt eine Schienenverkehrsoffensive zu starten, "durfte Grube nur den Mangel verwalten, während Schulden und Verspätungen immer mehr zunahmen." Das Bündnis Bahn für Alle warf Grube vor, er habe das Bahn-Kerngeschäft, die Eisenbahn in Deutschland, ausbluten lassen.

Die Opposition hofft jetzt auf ein Aus für Stuttgart 21


"Rüdiger Grube war nach Mehdorn der Richtige um die Deutsche Bahn wieder zur Ruhe zu bringen", hob hingegen Martin Burkert (SPD) hervor, der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses. Nun brauche es einen Bahnchef, der Qualität und Zuverlässigkeit voranbringe und die Gütersparte DB Cargo wieder aufs richtige Gleis setze.

Die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig sieht nicht die Vertragsverlängerung als Grund des Rücktritts, sondern das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart21. "Er hat sich ganz offensichtlich verspekuliert", teilte Leidig mit und verwies auf gestiegene Kosten für das Bauvorhaben. Gegner von Stuttgart 21 hoffen auf das Aus des Projekts: "Rüdiger Grube stand für Stuttgart 21, mit seinem Rücktritt ist auch S21 am Ende", sagte der Sprecher der Stuttgarter Parkschützer, Matthias von Herrmann. (Burkhard Fraune, dpa)

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