Erneuerter Angriff durch die Hintertür: Das Handelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) ist fast fertig verhandelt und es ermöglicht, dank juristischer Winkelzüge, den europäischen Wassermarkt zu liberalisieren.
Ein jetzt publiziertes Positionspapier des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), das auf der Expertise der Stadtwerke Karlsruhe beruht, stellt heraus, dass das Abkommen Verschlechterungen beim Schutz der kommunalen Wasserwirtschaft selbst gegenüber dem CETA-Abkommen mit Kanada bedeutet. Das Perfide daran: Als „EU-only“-Abkommen dürfen die Parlamente der EU-Länder nicht mehr darüber abstimmen.
Wasser ist keine Handelsware
„JEFTA befördert die Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Wasser ist keine Handelsware, sondern ein öffentliches Gut. Es hat in einem Handelsvertrag nichts zu suchen. JEFTA missachtet das Subsidiaritätsprinzip in Europa“, sagt Sven Giegold, der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament. Handelsverträge sollen laut Giegold den Handel erleichtern, dürfen aber nicht in die Daseinsvorsorge eingreifen. JEFTA sei für die Daseinsvorsorge noch gefährlicher als CETA. „Das Abkommen mit Kanada beinhaltet einen begrenzten Schutz von Wasser. Es ist bitter, dass die EU-Kommission zarte Fortschritte bei CETA vergisst, sobald der öffentliche Druck nachlässt“, so der wirtschaftspolitische Sprecher.
Einmal mehr werde klar, dass die europäische Handelspolitik einen Neustart nötig habe. „Wir brauchen Handelsverträge, die bei Zöllen, Zollabwicklungsverfahren und unbedenklichen technischen Standards Erleichterungen bringen. Eingriffe in die Demokratie oder die Missachtung des Subsidiaritätsprinzips müssen verhindert werden. Nur mit einem solchen Neustart ist das Vertrauen der Bürger und der Zivilgesellschaft zurückzugewinnen. Übergriffige Verträge wie JEFTA haben keine Zukunft“, betont Giegold.
„Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern haben einen Anspruch auf qualitativ einwandfreies Trinkwasser zu sozial verträglichen Preisen. Das ist eine Art Grundrecht für jedermann“, sagt Uwe Brandl (CSU), Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, der Staatszeitung. Die bayerischen Wasserversorger, also die Gemeinden, Städte, Zweckverbände etc., wollen Brandl zufolge auch weiterhin in bewährter Art und Weise den hohen Standard beim Trinkwasser gewährleisten und wenden sich daher vehement gegen jegliche Pläne der Politik, dieses wichtige Feld der kommunalen Daseinsvorsorge privaten Konzernen zu eröffnen, die – gewinnorientiert – ein Geschäft mit der Trinkwasserversorgung machen wollen. Der Bayerische Gemeindetag fordert daher den Freistaat Bayern und den Bund dazu auf, ihre Möglichkeiten auf nationaler und EU-Ebene zu nutzen, um etwaige Liberalisierungen auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung zu unterbinden.
Wasserversorgung muss Bestandteil der Daseinsvorsorge bleiben
Auch Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) fordert, dass die Wasserversorgung Bestandteil der Daseinsvorsorge bleiben muss. Die Wasserversorgung sei in Deutschland Kernaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge in der Zuständigkeit der Gemeinden oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Dieser Ordnungsrahmen habe sich seit vielen Jahrzehnten bewährt und sollte grundsätzlich erhalten bleiben. „Unabhängig davon erfordert eine moderne und effiziente Wasserversorgung eine Unternehmensorganisation, die geeignet ist, neuen technischen und administrativen Anforderungen gerecht zu werden. Alle Wasserversorgungsunternehmen müssen die heutigen Anforderungen an Organisationsgrad, Personalqualifikation, Effizienz, technische Regeln sowie der Arbeitssicherheit erfüllen“, sagt Fischer der Staatszeitung.
Ganz konkret monieren die Stadtwerke Karlsruhe folgende Punkte im Entwurf des zu ratifizierenden Handelsabkommens zwischen der EU und Japan:
• Auch ohne die bislang nicht aufgenommenen Investitionsschutzregelungen sind die vorhandenen Ausnahmebereiche für die Wasserwirtschaft nicht ausreichend, um die Wasserwirtschaft in Deutschland vor einer möglichen Liberalisierung über den Umweg der Freihandelsabkommen zu schützen. Die vorgenommene Eintragung der Wasserwirtschaft für die EU ist nicht ausreichend, da an anderen Stellen Liberalisierungsdruck besteht beziehungsweise erhöht wird.
• Im Bereich Abwasserentsorgung ist gegenüber CETA der deutsche Vorbehalt im entscheidenden GATS-Modus entfallen, sodass das EU-Japan-Abkommen nunmehr eine Marktzugangsverpflichtung zur Abwasserentsorgung in Deutschland enthält. Dies steht im Widerspruch zu der hoheitlich kommunalen Pflichtaufgabe der Abwasserentsorgung in Deutschland.
• Im Bereich der „Innerstaatlichen Regulierung“ ist die EU-Schutzklausel für Wasserversorgung gegenüber CETA entfallen. Damit konnte entscheidender Handlungsspielraum zur Sicherung von Standards der Wasserversorgung in den Mitgliedstaaten, wie auf EU-Ebene, verloren gehen, zum Beispiel, indem Regelungen der Sicherung der Trinkwasserqualität ausschließlich als technische Handelsbarriere eingestuft und gestrichen werden.
• Der CETA-Sonderartikel zu Wasser ist vollständig entfallen, damit auch die „Rechte in Bezug auf Wasser“. Dies konnten eine Entwicklung hin zu Wasser als bloßer Handelsware und privat angeeignetem Rohstoff anstoßen. Zudem wurden Möglichkeiten zum Schutz und Erhalt der Wasservorkommen beeinträchtigt.
• Wie auch im CETA-Abkommen wird das EU-Vorsorgeprinzip nicht begrifflich genannt. Damit wird diese zentrale Grundlage des EU-Verbraucher- und Umweltschutzes vor allem auf internationaler Ebene noch einmal empfindlich geschwächt.
(Ralph Schweinfurth)
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