Wirtschaft

Schloss Kaltenberg ist nicht nur Schauplatz eines traditionellen Ritterturniers, sondern auch Braustätte des König Ludwig Dunkel. Brauherr Luitpold Prinz von Bayern hat in den frühen Achtzigerjahren gegen den Trend gesetzt – mit Erfolg. (Fotos: Schlossbrauerei Kaltenberg)

11.08.2016

"Das Cocktailmischen überlassen wir den Wirten"

König Ludwig Bier ist kultig – auch wenn Luitpold Prinz von Bayern nicht auf der Wiesn ausschenken darf

Geradezu provozierend steht auf der Brauerei-Festschrift zum Jubiläum 500 Jahre Reinheitsgebot: „Ohne Bayern kein Bier. Ohne Bier kein Bayern“. Genauso könnte man formulieren: Ohne Bayern keine Wittelsbacher. Ohne Wittelsbacher kein Bayern. Oder sollte man gleich weiterdenken: Ohne Wittelsbacher kein Bier? Nun, so weit geht der Anspruch nicht, wohl aber reklamiert man das Reinheitsgebot gerne als „Wittelsbacher Erfindung“: 1516 haben die Herzogsbrüder Wilhelm IV. und Ludwig X. in einer Landesordnung und verbindlich fürs ganze Herzogtum festgeschrieben, dass Bier nur aus Gerste, Hopfen und Wasser bestehen dürfe. „Manche nennen es Reinheitsgebot, wir nennen es Familienrezept“, liest man auch mal in den Werbeunterlagen der König Ludwig Brauerei.

Deren Chef ist Luitpold Prinz von Bayern (Jahrgang 1951) – wollte man seinen Verwandtschaftsgrad zu den Ahnherren vor 500 Jahren genealogisch exakt benennen, bräuchte es schon ein recht intensives Studium des verästelten Stammbaums; griffig ist, dass er der Urenkel von Bayerns letztem König Ludwig III. ist.

Wappen und Markenrecht

Dem allerdings hat er nicht sein König Ludwig Bier gewidmet – es gab ja drei Bayernkönige mit dem gleichen Namen. Deshalb kommt das Marketing auch ohne Porträt aus – das Wittelsbacher Wappen genügt. Noblesse oblige bei aller Vorliebe für offensives Marketing, mit der Prinz Luitpold sein Bier längst aus der Nische „Geheimtipp“ herausgeführt hat. Offensiv vertreibt er aber nicht nur Bier: Stellvertretend für die Familie wacht er darüber, was markenrechtlich mit dem Namen Wittelsbach so alles getrieben wird.

„Mit Adelsnamen geht man um wie mit Freiwild“, schimpft Prinz Luitpold. Fast glaubt man zu hören, dass es ihm peinlich ist, wenn er sagt: „Es ist schon merkwürdig, aber wenn man heute den Ruf der Familie hochhalten will, wenn man sich gegen das Verschwinden des eigenen Namenrechts schützen will, dann muss man kommerzielles Schutzrecht beantragen.“

Das bezieht sich zum Beispiel auch auf das Familienwappen, das international geschützt ist. Die Wittelsbacher verwenden heute das Wappen von Ludwig I. – die Ähnlichkeit mit dem großen Staatswappen Bayerns führt leicht zur Verwechslung. Prinz Luitpold bekommt schnell mit, ob mit dem einen oder dem anderen Wappen Schindluder getrieben wird. „Es ist im Interesse des Hauses, dass ich die Rechte für das Wappen des Freistaats mit im Blick habe.“

Er erzählt von zwei Beispielen: Schnell war ein Schild über der „König Ludwig Bier Hall“ in Hongkong abgehängt – vor Ort schritt Luitpold von Bayern selbst ein, als er das Familienwappen im Schriftzug entdeckte – es war nicht genehmigt.

Diplomatische Lösung

Dann der Fall in Taiwan: Dort wurde das große Bayerische Staatswappen tatsächlich als Marke eingetragen – den Protest von Prinz Luitpold, dass das ein staatliches Hoheitszeichen sei, beschied man schnoddrig: „Bayern kennen wir nicht. Das ist keine Nation.“ Prinz Luitpold blieb hartnäckig, meldete sich beim dortigen Wirtschaftsministerium: Man müsse sich nicht wundern, dass die Exporte nach Bayern in letzter Zeit zurückgingen, wenn man Bayern angeblich gar nicht kenne. „Dieser kleine Dienstweg bewirkte Wunder. Die Marke wurde wenige Tage später gelöscht“, sagt er und wundert sich tadelnd: „Der Freistaat selbst verteidigt seine Marke nicht genügend.“

Beim seriösen Prozedere landen die Anfragen um Genehmigung bei ihm – so etwa vor Kurzem die Bitte eines Reservistenvereins, der sich das königliche Wappen quasi auf die Fahnen schreiben möchte. „Die Genehmigung haben sie bekommen, für einen Euro. Aber es geht nicht ums Geld. Entscheidend ist für mich die vertragliche Vereinbarung, dass sie das Wappen nur benutzen dürfen, wenn sie anständig bleiben, es nur aus Verpflichtung der Tradition gegenüber einsetzen. Wenn sie es zum Beispiel in rechtsradikalem Zusammenhang zur Schau stellen würden, wäre die Genehmigung sofort hinfällig.“
Der Aufwand, Schutzrechte geltend zu machen, sei groß – „pro aktiv“ nennt das der Herr von Bayern, der dafür einen eigenen Mitarbeiterstab beschäftigt (Schloss Kaltenberg Königliche Holding und Lizenz KG).

Ludwig II. und das Bier

Name und Porträt von Ludwig II. sorgen weltweit für Sympathiewerte im Ladenregal, auch beim Bier. Wie kommt das? Der „Märchenkönig“  – stellt man ihn sich nicht eher vor, wie er ein edel-geschliffenes Glas mit dunklem Rotwein schwenkt und von Neuschwanstein aus den versonnenen Blick in die Berge schweifen lässt? Prinz Luitpold lacht und erzählt: „Für einen einwöchigen Hüttenbesuch ließ sich Ludwig II. mal 100 Liter Bier auf den Berg liefern. Die tranken er, zwei Diener und zwei Köche.“
Prinz Luitpold hat historische Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv durchforstet. Die Buchhaltung der Hofküche spricht Bände: Pflichtbewusst wurden Strichlisten zum Bierverbrauch geführt. Nein, die Nase übers Volksgetränk haben die Wittelsbacher nicht gerümpft: „Die Freude am Bier war immer da“, sagt Prinz Luitpold.

Kurfürst Max Emanuel habe zum Beispiel täglich mittags und abends je eine Maß getrunken, Kaiser Karl VII. mittags eine Maß und abends eine halbe Flasche Burgunder. „Freilich darf man nicht außer Acht lassen, dass das Bier damals eher leicht alkoholisch und tatsächlich gesünder war als Wasser und Milch, die potenziell an Tuberkuloseerkrankungen schuld waren.“
Zahlreiche Anekdoten kursieren über den leutseligen Prinzregent Luitpold, der manch gemütliche Stunde im „Hirschgarten“ verbrachte und dann schon auch mal sicherheitshalber von freundlichen Münchnern nach Hause geleitet wurde.

Spärlich sind allerdings einschlägige Illustrationen und Fotografien im Geheimen Hausarchiv, auf denen man einen Vertreter der Familie mit Bier sieht. „Das sind sehr oft repräsentative Aufnahmen, auf diesen wird meist jeglicher Bezug zu Alkohol vermieden“, sagt Prinz Luitpold.

Das Fotoalbum zur Erinnerung an den Besuch von Kronprinz Rupprecht beim Salvatorausschank 1952 ist da schon eine Rarität: Nadelstreifenanzug, Zigarette und Maßkrug – er hebt kräftig an. Auch seine Tochter Prinzessin Irmingard stemmt zu Grillhendl und Brezn eine Maß. Wenig heiter gestimmt, sondern sehr nachdenklich sieht man hingegen seinen Bruder Prinz Franz vor einem Maßkrug sitzen: Dieser Schnappschuss entstand fast vier Jahrzehnte früher an einer Feldtafel an der französischen Front im Ersten Weltkrieg; Prinz Franz war Generalmajor der Bayerischen Armee.

Adlige Referenzen und Familientradition hin oder her: „Königlich ist ein schönes Attribut, aber egal, was drauf steht, entscheidend ist, dass das Bier am Ende schmeckt“, sagt der Chef der König Ludwig Schlossbrauerei pragmatisch. Das Gespür für den Geschmack der Zeit hat er gleich nach Übernahme der Schlossbrauerei mit dunklem Bier bewiesen: In den frühen Achtzigerjahren war das mutig – jetzt ist es kultig. Genauso wie dunkles Weißbier – der Wittelsbacher Brauherr war der erste, der es anbot; heute hat es in Bayern einen Marktanteil zwischen 40 und 45 Prozent.

Erfolgsrezept bleibt geheim

Das Erfolgsrezept: Das sei Betriebsgeheimnis, sagt Prinz Luitpold. Freilich macht er Andeutungen: Dass sein Unternehmen bei Marktuntersuchungen nicht den soziodemografischen, sondern den neuropsychologischen Ansatz verfolgt. Alter oder Geld zählen nicht – vielmehr wird die Gesellschaft nach Wertekodices geclustert. Es geht um Typen, welche Werte und Wünsche sie haben, was sie ablehnen. Es geht um Ich- oder Wir-Bezogenheit, um hedonistische und asketische Zeitgenossen. „Wir fragen danach, was die Menschen bewegt. Und da zeigt sich, dass es zwischen den Menschen in Bayern, Berlin, Peking oder Russland nur minimale Unterschiede gibt.“

Die Schlossbrauerei exportiert derzeit in etwa 60 Länder und produziert in 16 Ländern. Aus dem USA-Markt hält sich der adlige Biermanager raus: „Die Distributionsbedingungen dort sind extrem kompliziert und schwierig. Man müsste eigentlich täglich bei Kunden vorstellig werden, sonst ist man schnell wieder ausgelistet. Die Zeit, die ich dafür aufwenden müsste, investiere ich lieber hier in Deutschland und in die Region.“

Er profitiert vom „Kirchturmmarkt“ in Bayern: von regionaler Bekanntheit und Bindung. Für Norddeutschland ist er 2001 eine Kooperation (Unternehmensbeteiligung) mit der nordrhein-westfälischen Warsteiner Brauerei eingegangen: Die hatte damals allein 25 000 Vertragsgaststätten, ihr fehlte bis dahin aber dunkles Bier und Weißbier im Sortiment; umgekehrt kommt die Schlossbrauerei mit ihrem Spezialitätensortiment im Kielwasser des großen Partners eher in den Handel.

Biermixen bleibt tabu

Indes stößt der Schlossbrauherr auf Granit, wenn es ums Münchner Oktoberfest geht: Seit Jahren und mit manch schlagzeilenträchtiger Aktion hat er versucht, dort ausschenken zu dürfen – vergeblich. „Ich komme einfach nicht gegen die Vorstellungen der Stadt München an. Wenn man dort so viel Energie aufbringt, mein Bier auf dem Oktoberfest nicht zuzulassen, dann kann das nur einen kommerziellen Hintergrund haben. Die Stadt gibt die Zulassung halt lieber einem brasilianischen Großkonzern.“
Freilich herrscht inzwischen während des Oktoberfests in ganz München Wiesnstimmung. Das legendäre Hippodrom, das seit 2014 nicht mehr auf der Wiesn aufbauen darf, hat den Postpalast belegt – und dort gibt es auch König Ludwig Weißbier im Ausschank.

Gerade in München genieße sein Bier zunehmend Kultstatus, freut sich Prinz Luitpold – auch jenseits der eher traditionellen Gastronomie, die das Marketing im Visier hat: „Wir haben sogar viele Fans in der größten Szene-Bar der Stadt, im Backstage“, lächelt er. Das bedeutet aber keinen Kniefall vorm Trend: „Bei uns wird es kein Modegetränk, kein Biermischgetränk geben. Wir machen ein sauberes, bodenständiges Bier. Das Cocktailmischen überlassen wir den Wirten.“ (Karin Dütsch)

INFO: Brauerei-Porträt

Einst war es nicht unüblich, dass herrschaftliche Anwesen Bier für den Eigenbedarf brauten. Vielleicht galt dies auch schon für das oberbayerische Schloss Kaltenberg (Gemeinde Geltendorf), dessen Gründungsgeschichte auf das Jahr 1292 zurückgeht – es war Besitz des Wittelsbachers Rudolf I. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Eigentümer, das Anwesen wurde mehrmals zerstört und wieder aufgebaut; sein heutiges Aussehen stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die gewerbliche Schlossbrauerei wurde dort 1871 eröffnet. Zusammen mit dem Erwerb des Schlosses im Jahr 1955 ging sie in Besitz der Wittelsbacher über. 1976 übernahm Prinz Luitpold Schloss und Brauerei.

Die Schlossbrauerei Kaltenberg übernahm 1980 die Marthabräu Fürstenfeldbruck.

2001 wurden aus der Schlossbrauerei Kaltenberg die König Ludwig International mit allen Biermarken sowie die König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg als operative Brauerei ausgegliedert.

König Ludwig International GmbH & Co.KG hält Marken und vergibt Lizenzen im Bierbereich im Ausland und betreut diese in Technik und Marketing.

Die König Ludwig GmbH & Co.KG Schlossbrauerei Kaltenberg ist Produzent der Biere in Deutschland und ist Lizenznehmer der König Ludwig International.

Die König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg mit ihrer Braustätte im Schloss produziert im Wesentlichen König Ludwig Dunkel und Spezialitäten wie Ritterbock.

Die Braustätte Fürstenfeldbruck ist heute eine reine Weißbierbrauerei mit König Ludwig Weißbier. Dort ist die Verwaltung, eine große neue Abfüllanlage (45 000 Flaschen pro Stunde) sowie das Logistikzentrum.

In der Braustätte Holzkirchen werden im Wesentlichen helle Biere gebraut.
Im Westen, in der Brauerei Thannhausen werden Spezialbiere und alkoholfreie Getränke unter der Marke „Thannhausen“ produziert.

Seit 2001 ist Warsteiner an der König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg mit 50 Prozent beteiligt.

Kommentare (1)

  1. Bierliebhaber am 26.02.2017
    Ich trinke super gerne WARSTEINER,mein Lieblings Bier-aber König Ludwig zwischendurch ist auch lecker
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